Antinutritive Substanzen in Leguminosen
Körnerleguminosen haben einen hohen Proteingehalt, aber ihre Verwendung sollte aufgrund bestimmter antinutritiver Substanzen sorgfältig erwogen werden.
Ackerbohnen
Alle Ackerbohnen sind für die Wiederkäuerfütterung geeignet. Bei monogastrischen Tieren muss man jedoch den Gehalt an Tanninen und Vicin-Convicin (Alkaloide) prüfen. Tannine haben einen negativen Einfluss auf das Wachstum von Schweinen und Geflügel. Die Farbe der Ackerbohnen-Blüten ist hierbei ausschlaggebend: Sorten ohne Tannine haben weisse Blüten, während andere Sorten farbige Blüten haben. Die Anzahl der tanninfreien Sorten für die Praxis ist begrenzt, da es einfache mechanische Behandlungen gibt, um die tanninreichen Schalen zu entfernen und so den Nährwert der Samen zu verbessern. Bei Legehennen sind Sorten mit einem niedrigen Vicin/Convicin-Gehalt gefragt, da letzteres zu einer Verringerung des Eigewichts führt. Zudem schränkt es die Verwendung der Körnerleguminosen für den menschlichen Verzehr ein und verursacht Favismus (Zersetzung der roten Blutkörperchen). Es gibt jedoch Bohnensorten ohne antinutritive Substanzen. Diese werden momentan in der Schweiz nicht angebaut, könnten aber für einige Landwirtinnen und Landwirte interessant sein.
Erbsen
Dank Züchtungen stellen antinutritive Substanzen in den heutigen Eiweisserbsensorten kein Problem mehr dar. Vorsicht ist jedoch bei der Verwendung von Futtererbsen geboten, von denen einige Sorten einen hohen Gehalt an Tanninen und antitryptischen Faktoren aufweisen können und daher für die Wiederkäuerfütterung verwendet werden.
Lupinen
Blaue, weisse und gelbe Lupinen können Alkaloide enthalten, die für Mensch und Tier neurotoxisch sind. Das Risiko ist jedoch gering, da diese Verbindungen sehr bitter sind, was die Lupinen ungeniessbar macht. Durch Züchtung entstanden nun sogenannte "süsse" Sorten mit einem reduzierten Alkaloid-Gehalt im Angebot. Analysen haben gezeigt, dass die Lupinensorten im Allgemeinen gut als Tierfutter geeignet sind, auch wenn einige von ihnen nahe an der erlaubten Alkaloid-Grenze von 0,05 % liegen können im Falle von besonders trockenen und heissen Wachstumsbedingungen. Für die menschliche Ernährung ist der Alkaloid-Gehalt der derzeitigen Sorten jedoch immer noch zu hoch (Grenzwert: 0,02 %). Die Samen müssen daher durch Einweichen „entbittert“ werden. Neue Sorten aus Polen mit reduziertem Alkaloid-Gehalt werden derzeit in Versuchen der Getreidezüchtung Peter Kunz untersucht.
Stangenbohnen
Der Anbau von Bohnen in Kombination mit Mais wurde in den letzten Jahren entwickelt, um den Proteingehalt von Silage zu verbessern oder für die Körnergewinnung. Bohnenkörner und -blätter können jedoch viel Phasin enthalten, das im Rohzustand giftig ist. Die Risiken können durch die Wahl von Sorten mit reduzierten Phasin-Gehalten vermieden werden. Es hat sich auch gezeigt, dass Bohnen durch Hitzebehandlung oder Kochen ihre Giftigkeit verlieren. In Silageversuchen von Agroscope konnte eine Verringerung des Phasingehaltes in Silos festgestellt werden, aber die Sortenwahl bleibt entscheidend.
Soja
Sojabohnen enthalten Lektine und Trypsin-Inhibitoren. Diese machen die rohen Sojabohnen für den menschlichen und tierischen Verzehr ungeeignet. Die am häufigsten verwendete Methode, um die Menge dieser antinutritiven Stoffe zu reduzieren, ist das Toasten. Bei der Herstellung von Sojamilch werden diese Stoffe auch durch Hitze inaktiviert. Eine weitere problematische Substanz bei der Herstellung von Tofu ist die Lipoxygenase, ein Enzym, das für die Oxidation der Fettsäuren im Korn und für den kräuterartigen Geschmack verantwortlich ist, der in westlichen Ländern als unangenehm empfunden wird. Dank dem Einsatz von Agroscope konnten Sorten mit verbessertem Geschmack entwickelt werden, wie z. B. Aveline und Amandine, die für den praktischen Einsatz zur Verfügung stehen.
Interessanterweise haben die unterschiedlich toxischen antinutritiven Substanzen in Leguminosen auch die Aufgabe, die Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen zu schützen. Wenn für bestimmte Arten Lösungen hinsichtlich Sorte gefunden wurden, ist zu beachten, dass dies zu Lasten der natürlichen Widerstandsfähigkeit der Pflanzen geht. Im Biolandbau müssen daher die Vor- und Nachteile neuer Züchtungen gut erforscht werden. Ebenso müssen bei der Entwicklung neuer proteinreicher Nutzpflanzen oder bei der Erprobung neuer Sorten die antinutritiven Substanzen berücksichtigt werden.
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 15.07.2020