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Bio Suisse
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Die Plattform der Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern

Zuchtziele

Die biologische Tierzucht orientiert sich aufgrund des Selbstverständnisses des Biolandbaus zunächst an der «Logik der Tierart». Deshalb stehen einerseits Gesundheitsmerkmale an erster Stelle der Zuchtziele (das sind die Nutzungsdauer, die Fruchtbarkeit, die Eutergesundheit und die funktionalen Exterieurmerkmale). Andererseits müssen die Zuchtziele zur Milchleistung der Tiere zu den Fütterungsbedingungen des Betriebes passen, auf dem sie leben. Denn die Kuh soll ihre Milchleistungen auf artgemässe Weise erbringen können.

Da das Rind ein Wiederkäuer ist, hat es die Fähigkeit, Rohfasern (Zellulose) mit Hilfe der Mikroorganismen im Pansen in Fettsäuren und Eiweiss umzuwandeln. Rohfasern fördern die Pansenbewegungen und die Wiederkäutätigkeit. Die Verdauung des Rindes ist nicht für Getreide (Kraftfutter) eingerichtet. Füttert man einem Wiederkäuer grössere Mengen an Getreide, so führt dies zu geringerer Wiederkäutätigkeit, einem Absinken des pH-Wertes im Pansen und daraus folgenden Verdauungsstörungen.

Demnach ist es unter biologischen Gesichtspunkten falsch, einem Wiederkäuer Getreide in grösseren Mengen zu füttern: die Bio Suisse Richtlinien schreiben vor, dass einem Wiederkäuer nicht mehr als 5 Prozent der Jahresration als Kraftfutter gefüttert werden darf. Darum können die Zuchtziele für die Milchleistung in der biologischen Landwirtschaft nur so hoch gesteckt werden, dass die Tiere sie mit dem betriebseigenen Raufutter und mit geringen Kraftfuttermengen erbringen können.

Daraus ist ersichtlich, dass in der biologischen Landwirtschaft die Zuchtziele nicht einheitlich sein können, da die Betriebe so verschieden sind. Nicht nur bezüglich der Milchleistung, sondern auch bezüglich der Grösse und der Robustheit der Tiere gibt es unterschiedliche Anforderungen.

Auswahl der Tiere

Unter den Kühen der eigenen Herde werden diejenigen zur Weiterzucht ausgewählt, die den eigenen Zuchtzielen gut entsprechen und die zum Betriebsstandort passen. Von solchen Tieren sollte man die weiblichen und auch die männlichen Kälber behalten. Bei diesen Kühen ist die Anpaarung mit dem passenden Stier besonders wichtig. Gibt es noch keine solchen „idealen“ Kühe in der eigenen Herde, so ist es am besten, solche auf einem anderen Betrieb zu suchen, der ähnlich wirtschaftet und die eigene Herde nach und nach mit Kühen oder Jungvieh von diesem Betrieb umzustellen.

Auch die Stiere, die für den Aufbau der neuen Generation ausgewählt werden, sollen möglichst gut den Zuchtzielen und dem Betriebsstandort entsprechen. Das können Stiere für die künstlichen Besamung oder Natursprungstiere sein. Mit Natursprung wird man der Physiologie und dem seelischen Erleben der Tiere am besten gerecht.

Gute Grundfutterverwertung

Biokühe müssen gute Futterverwerterinnen sein, um zufriedenstellende Milchleistungen erbringen zu können. Sie sollen möglichst große Mengen Raufutter aufnehmen und optimal verwerten. Sehr gute Grundfutterkühe erkennt man unter anderem an einer tiefen Flanke, einer breiten Brust und einer eher geringen Grösse. Sie fressen länger als vergleichbare Tiere und sind mit dem betriebseigenen Futter zufrieden. Ihr Fress- und Wiederkäuerverhalten können sie dem Futter anpassen. Sie liegen zudem gerne und viel und nutzen diese Zeit für intensives Wiederkäuen.

Angemessene Milchleistung

Auch Biobetriebe sind auf eine gute Milchleistung ihrer Kühe angewiesen. Im Gegensatz zur konventionellen Milchviehhaltung ist der Zukauf von Kraftfutter begrenzt. Tiere mit sehr hohen Milchleistungen, die auf hochverdauliches, energiereiches Futter angewiesen sind, sind deshalb für Biobetriebe ungeeignet. Biokühe müssen ihre Leistung überwiegend aus dem betriebseigenen Grundfutter erbringen können.

Hohe Persistenz

Biokühe sollten zu Beginn der Laktation nicht mit allzu hohen Milchleistungen einsetzen. Stattdessen sollten sie die tägliche Milchmenge über eine möglichst lange Zeit halten können. Die Persistenz ist dabei ein Maß für den Verlauf der Laktationskurve. Sie drückt das Verhältnis der Milchleistung am Ende der Laktation (255. bis 305. Tag) zur Milchleistung am Anfang der Laktation (50. bis 70. Tag) aus und sollte bei mindestens 85 Prozent liegen. Kühe mit einer hohen Persistenz kommen auch zu Beginn der Laktation mit gutem Raufutter und wenig oder ohne Kraftfutter gut zurecht. Sie zeigen kein großes Energiedefizit, welches mit einem Abbau von Körperfett verbunden wäre und gravierende Folgen für die Gesundheit haben kann wie zum Beispiel Klauenerkrankungen und Fruchtbarkeitsprobleme.

Stabile Körperkondition

Gute Raufutterverwerterinnen magern trotz einer guten Milchleistung nicht allzu stark ab. Innerhalb des Benotungssystems von 2 (abgemagert) bis 5 (verfettet) sollten die Kühe möglichst zwischen 2,5 und 3,25 liegen. Zudem sollte die Differenz zwischen der höchsten und der tiefsten Note innerhalb eines Jahres 0,5 nicht übersteigen. Kühe, welche diese Anforderungen an die Körperkondition nicht erfüllen, haben ein erhöhtes Krankheitsrisiko. Sie eignen sich nicht als Zuchttiere, da sie diese Eigenschaften vererben. Kühe, die besonders gut mit den Fütterungsbedingungen auf dem Betrieb zurechtkommen, zeigen auch gute BCS Werte.

Leistungssteigerung im Lebenszyklus

Kühe, die mit weniger hohen Erstlaktations- Leistungen beginnen, leben länger und erbringen in späteren Laktationen höhere Leistungen als Tiere, die jung mit hohen Leistungen starten. Es genügt, wenn junge Kühe in der ersten Laktation zwei Drittel der angestrebten Jahresmilchmenge erreichen. Milchkühe sollten die angestrebte Milchmenge erst in der dritten Laktation erreichen und möglichst in den folgenden Laktationen noch steigern können.

Gesundheit und Fruchtbarkeit

Betriebe profitieren von gesunden und unauffälligen Kühen. Gesunde Kühe erkennt man daran, dass sie keine veterinärmedizinische Behandlung benötigen, fruchtbar sind und regelmäßig Zellzahlen von unter 100 000 haben.

Langlebigkeit

Langlebige Kühe mit vielen Laktationen tragen zu einer niedrigen Remontierungsrate im Bestand bei. Dadurch sinken die jährlichen Aufzuchtkosten im Betrieb. Hinzu kommt, dass in Herden mit solchen Kühen weniger Jungtiere integriert werden müssen. Dies wirkt sich positiv auf die Ruhe im Stall aus, was besonders bei hörnertragenden Kühen wichtig ist. Bei der Auswahl von Zuchttieren sollte darauf geachtet werden, dass die Mutter und die beiden Großmütter in der Summe mindestens 14 Laktationen und einzeln jeweils mehr als drei Laktationen erbracht haben.

Weidetauglicher Kuhtyp

Große, schwere Kühe verursachen größere Tritt- und Narbenschäden auf Weiden. Deshalb sind besonders für Regionen mit hohen Niederschlägen und steilen Lagen eher mittelrahmige, leichtere Tiere geeignet. Kleine Kühe verwerten auch Raufutter effizienter und kommen leichter ohne oder mit nur wenig Kraftfutter zurecht. Sie haben einen geringeren Erhaltungsbedarf als große, schwere Kühe. Auch ihr Produktionsbedarf ist in der Regel geringer, weil sie weniger Milch geben als grosse Kühe. Weil sie beweglicher sind, weiden kleine Kühe häufiger und länger in schwer zugänglichen Bereichen.

Guter Charakter

Umgängliche Tiere, die interessiert und den Menschen zugewandt sind, erleichtern das Management wesentlich. Sie bringen im Gegensatz zu aggressiven oder ängstlichen Individuen auch Ruhe in die Herde, lassen sich weniger leicht stressen und sind deshalb auch weniger krankheitsanfällig. Ein umgängliches Verhalten der Tiere hängt auch mit einer guten Mensch-Tier-Beziehung und einem artgerechten Handling zusammen.

Geeignetes Exterieur

Die Beurteilung des Exterieurs erlaubt Rückschlüsse auf die Funktionalität und Gesundheit der Tiere. Eine gute Trachtenhöhe (Klauensatz) und Beinstellung beugen Lahmheiten vor, insbesondere bei Tieren, die viel weiden. Kühe mit guter Euteraufhängung, Zitzenstellung und -größe haben weniger Eutererkrankungen. Ein gerades, nicht hoch gestelltes, eher breites Becken weist auf eine gute Fruchtbarkeit hin. Eine tiefe Flanke und eine breite Brust sind Merkmale guter Raufutterfresserinnen. Eine gute Bemuskelung bietet dem Tier eine Reserve und erhöht seinen Wert bei der Schlachtung.

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 30.10.2024

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