Diese Website unterstützt Internet Explorer 11 nicht mehr. Bitte nutzen Sie zur besseren Ansicht und Bedienbarkeit einen aktuelleren Browser wie z.B. Firefox, Chrome
FiBL
Bio Suisse
Logo
Die Plattform der Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern

Emmer – Stärken einer Nischenkultur

Hochgewachsenes, vielfältiges und kulturgeschichtlich gut gejährtes Getreide von besonderer Qualität sucht dynamischen Hof zum Potentialentfalten. Klingt wie eine Annonce aus einer Partnerbörse, gemeint ist jedoch die oft in Vergessenheit geratene Weizenart Emmer (Triticum turgidum subsp. dicoccon).

Vor 12 000 Jahren im Gebiet des fruchtbaren Halbmondes wurde aus dem Wildgras Emmer der Kultur-Emmer von Menschenhand ausgelesen und diente fortan den Menschen als Nahrungsquelle. Zusammen mit Kultur-Einkorn ist er der vermeintlich älteste kultivierte Weizen. Über Jahrtausende wurde Emmer angebaut, ausgelesen und bis nach Nordafrika, Europa und den indischen Subkontinent weitergetragen.

Interesse an der Nischenkultur

Obwohl es zeitweise das meistangebaute Getreide in Europa war, fristet Emmer heute landwirtschaftlich ein Nischendasein und wird nur noch von einigen Höfen auf wenigen 100 Hektaren in der Schweiz angebaut.

Aber im Kleinen scheint ein Wandel im Gange zu sein. Es kann – wenn auch noch leise – mehr Interesse von Bäuer*innen und Konsument*innen wahrgenommen werden. Und gerade im Ökolandbau vermag das Spelzgetreide seine Stärken gut ausspielen zu können.  

Emmer und Biolandwirtschaft zusammen zu denken, ist sinnvoll. Das, wie Dinkel, in Spelzen gedroschene Getreide ist von seinem biologischen Bau her für leichtere, nährstoffärmere Standorte oder an später Stelle innerhalb langer Fruchtfolgen gut geeignet: hohe Halme, eine im Mittel etwas spätere Abreife als Brotweizen und gute Qualität der Körner. Gepaart ist das allerdings auch mit geringen Erträgen von 20 – 25 Dezitonnen pro Hektare.

Zuchtziele Widerstandskraft und Ertrag

Zuchtbetriebe wie die Getreidezüchtung Peter Kunz (gzpk) arbeiten bei Emmer vor allem an der Widerstandskraft gegenüber Gelbrostpilzen und an der Standfestigkeit. Aber auch der Hektarertrag spielt eine wichtige Rolle. Die Ertragsvision liegt auf dem Niveau von Dinkelsorten der Marke «Urdinkel».

Gleichzeitig sollen Emmer-typische Charakteristika, welche für den Ökolandbau entscheidend sind, erhalten bleiben: zum Beispiel der lange Wuchs, welcher einerseits der effektiveren Unterdrückung von Beikraut dient und andererseits ein Qualitätsgarant für die Körner ist.

Den Emmer ertragsmässig zu einem Brotweizen zu züchten, wird seiner Wuchsgestalt mitunter nicht gerecht. Ausserdem erhöhen sich dadurch auch die Bodenansprüche, was der Positionierung als spätes Fruchtfolgeglied entgegenstrebt.

Resilient gegen Wetterextreme

Apropos Qualität: viele Emmer-Zuchtlinien der gzpk zeigen sich – vermutlich aufgrund des Spelzcharakters und längeren Wuchses – sehr resilient gegen Wetterschwankungen im Sommer.

Im Vergleich zum nahverwandten Hartweizen (Triticum turgidum subsp. durum), der zugegebenermassen besser an trockenere oder mediterrane Gebiete angepasst ist, litten die Emmer-Zuchtlinien im gzpk Zuchtgarten in feuchten Schweizer Sommern wie 2021 oder 2024 kaum unter Fusarium- oder Auswuchsschäden.

Eigenschaften im Verarbeitungsprozess

Ähnlich wie beim Durumweizen sind Emmerkörner härter, proteinreicher und vergriessen im Mahlprozess stärker als Brotweizen. Einige Höfe produzieren und vermarkten heute Pasta aus Emmergriess, oder auch aus Emmervollkornmehl direkt.

Natürlich eignen sich die Mehle auch zum Backen von Broten oder Gebäck. Bei der Verarbeitung bedarf es allerdings etwas Erfahrung im Umgang mit den Teigen: Emmermehle können zwar relativ viel Wasser aufnehmen, sind durch eine andere Kleberzusammensetzung (hohes Gliadin:Glutenin-Verhältnis) jedoch nachlassender. Sie werden rein deshalb oft im Kasten und freigeschoben fast nur in Mischung mit Brotweizen oder Dinkel ausgebacken.

Verfügbare Sorten für den Anbau

Die momentane Saatgutsituation lässt sich bislang noch kurz beschreiben: In der Schweiz vermehrt werden die zwei Sorten Sephora (Winteremmer, brauner Spelz) und Lux (Wechseltyp, weisser Spelz).

In Deutschland sind die Sorten Ramses, Roter Heidfelder und Späths Albjuwel verfügbar. Hinzu kommen noch ein paar lokal sehr begrenzt zirkulierende Landsorten in Italien, Frankreich, Spanien und Südosteuropa.

Züchtungsbemühungen der gzpk

Die gzpk ist bestrebt, das zu ändern und möchte mit den Züchtungsbemühungen beim Emmer dafür sorgen, das Sortenprofil in der Schweiz zu verbessern und zu erweitern. So soll zum Beispiel in einem Pilotprojekt eine direkte Zusammenarbeit von Züchtung und Anbau an zwei Biohöfen mit neuen, verbesserten Emmer-Zuchtstämmen starten. Das Projekt wird auch vom Nationalen Aktionsplan zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen (NAP-PGREL) unterstützt.

Felix Jähne, gzpk

Weiterführende Informationen

Emmer (gzpk.ch)
Getreide (Rubrik Ackerbau)

Möchten Sie die Website zum Home-Bildschirm hinzufügen?
tippen und dann zum Befehl zum Home-Bildschirm hinzufügen nach unten scrollen.