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Inzuchtkoeffizient berechnen und anwenden

Biobetriebe sind mehr als andere Betriebe auf Tiere angewiesen, die zu ihrem Standort und ihrer Futtergrundlage passen. Deshalb kann für sie ein Zuchtverfahren auf Betriebsebene wie zum Beispiel die Kuhfamilienzucht besonders attraktiv sein. Voraussetzung dafür ist, den Inzuchtkoeffizienten im Blick zu behalten, um Erbfehler und Leistungseinbussen zu vermeiden.

Bei der Zucht kann der Inzuchtkoeffizient in einer Herde stark ansteigen, wenn zu viele Paarungspartner mehrere gemeinsame Vorfahren haben. Gleichzeitig erlaubt die systematische Paarung von Verwandten, dass erwünschte Erbanlagen bei den Nachkommen gehäuft auftreten.

Definitionen – worum es geht

Homozygotie (Reinerbigkeit)

Homozygotie bedeutet, dass die gleiche genetische Ausprägung einer bestimmten Eigenschaft von beiden Eltern-teilen vererbt wurde. Die Chance, dass bestimmte Ausprägungen von Eigenschaften - gute wie schlechte - bei den Nachkommen auftreten, steigt mit dem Homozygotiegrad. Homozygote Erbfaktoren sind häufiger, wenn die El-terntiere eng miteinander verwandt sind.

Inzuchtkoeffizient (Inzuchtgrad) IK

Der Inzuchtgrad gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Tier denselben Erbfaktor aufweist wie der letzte gemeinsame Vorfahre der Elterntiere. Bei einem hohen Inzuchtgrad sind homozygote Erbfaktoren häufiger, Eigenschaften setzen sich damit auch bei den Nachkommen sicher durch.

Risiken der Inzuchtaktivitäten

Viele Erbfehler wie die Spinnengliedrigkeit und «Weaver» treten nur auf, wenn die Erbfaktoren homozygot vorhanden sind. Leistungseinbußen, Fruchtbarkeitsprobleme und Vitalitätsverlust sind weniger offensichtliche Schwächen, die als Folge von Inzucht auftreten können.

Das Risiko, dass solche Inzuchtdepressionen auftreten, ist besonders groß, wenn eng verwandte Tiere gepaart werden, deren Vorfahrenlinien nicht gut bekannt sind. Weitere Risikofaktoren sind bekannte Schwächen in den Vorfahrenlinien bei zu hohen Inzuchtgraden.

Der Inzuchtkoeffizient einer Herde entspricht dabei dem mittleren Inzuchtkoeffizient der Individuen. Um zu vermeiden, dass Schwächen oder Erbfehler gehäuft auftreten, sollte der mittlere Inzuchtkoeffizient einer Herde möglichst unter sechs Prozent bleiben.

Inzuchtkoeffizient von Individuen berechnen

Die Kuhfamilienzucht setzt voraus, dass die Inzuchtkoeffizienten der einzelnen Tiere und der zukünftigen Nachkommen berechnet werden. Der Inzuchtkoeffizient eines Individuums wird klassischerweise mit der Formel von Wright berechnet:

FX = Σ [(½) n1 + n2 + 1 × (1 + FA)]

FX = Inzuchtkoeffizient des Individuums X
Σ = Summe von
n1, n2 = Anzahl der Generationen von dem ­gemeinsamen Vorfahren A bis zum Vater (n1) und zur Mutter (n2)
FA = Inzuchtkoeffzient des gemeinsamen ­Vorfahren A (vernachlässigbar, wenn er selbst nicht ingezüchtet ist)

Für die Anwendung der Formel müssen lediglich die Werte n1 und n2 und optional der Wert FA für alle gemeinsamen Vorfahren eingefügt werden.

Beispiele zur Erklärung

Die folgenden Beispiele zeigen, wie sich ein unbekannter Vorfahre auf die Berechnung des Inzuchtkoeffizienten auswirken kann. Es geht jeweils um dasselbe Tier X.

In Beispiel 1 ist der Stammbaum beider Elternteile vollständig bekannt, in Beispiel 2 fehlt eine Information aus der Mutterlinie. Die fehlende Information führt zu einem sehr viel niedrigeren Inzuchtkoeffizienten, weil das unbekannte Tier auch in der Vaterlinie vorkommt und hier nicht berücksichtigt wird.

Beispiel 1

In diesem Beispiel ist M gleichzeitig der Vater und der Urgrossvater von X. Der Stier A kommt in beiden Stammbäumen der Elterntiere von X vor. Die Faktoren n1 und n2 müssen sowohl für A als auch für M angegeben werden.

Zwischen A und X stehen jeweils 2 Generationen, zwischen M und X einmal 2 und einmal 0 Generationen. Im Ergebnis hat das Tier X einen Inzuchtkoeffizienten von 15,6 %.

Beispiel 2

In diesem Beispiel ist nur bekannt, dass M der Vater von X ist, der Stammbaum der Mutter ist dagegen unvollständig. In der Folge wird der Inzuchtkoeffizient von X mit 3,1 % stark unterschätzt.

Mit lückenhaften Informationen kann der Inzuchtkoeffizient also schnell unterschätzt werden. Überschätzt wird er dagegen nur dann, wenn Abstammungen falsch dokumentiert werden.

Eine gewissenhafte und sorgfältige Abstammungsdokumentation ist somit eine sehr wichtige Grundvoraussetzung für die genaue Berechnung.

Bei diesem Text handelt es sich um einen Auszug aus dem neu aktualisierten Merkblatt Kuhfamilienzucht.

Weiterführende Informationen

Zum Merkblatt Kuhfamilienzucht (FiBL Shop)
Rindviehzucht (Rubrik Tierhaltung)

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 13.11.2024

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