Comeback einer Leguminose?
Die Ackerbohne war als heimisches Futtereiweiss lange nahezu ersatzlos – und steht heute im Schatten von Soja. Der Weg zurück in die Fruchtfolgen führt über stabile Erträge.
«Als Futtereiweiss wäre die Ackerbohne stark gesucht, trotzdem wachsen die Anbauflächen kaum mehr an.» Das berichtet Fatos Brunner, Produktmanagerin für den Bereich Ackerkulturen bei Bio Suisse. Krankheitsdruck, Schädlinge und Probleme mit Spätverunkrautungen lassen die Erträge bei den Ackerbohnen schwanken. Die Futtermittelhersteller suchen laut Fatos Brunner unter anderem auch deshalb priorisiert nach Soja – die sie ausserdem zu einem besseren Preis abnehmen.
Bis 2020 lag die Schweizer Anbaufläche für Bioackerbohnen bei rund 600 Hektaren, seit 2021 hat sich die Fläche um rund einen Drittel verringert und liegt seither relativ stabil bei 400 Hektaren. «Beim Anbau haben wir grossen Nachholbedarf, auch was die Forschung angeht», erklärt Fatos Brunner. Die Kultur müsse ertragsstabiler werden. Gründe für den Ackerbohnenanbau gebe es genug: Mit rund 30 Kilogramm Stickstoff pro Hektare fällt der Vorfruchtwert sehr hoch aus, zudem hinterlässt die Kultur günstige Bodenvoraussetzungen. Ackerbohnen werden zu 100 Prozent abgenommen und auch Umstellungsbetriebe erhalten den vollen Biorichtpreis.
Fütterungsrichtlinie begünstigt Sojaanbau
Der Rückgang der einheimischen Futterleguminosen wie Ackerbohnen oder auch Eiweisserbsen habe viel mit der neuen Bio Suisse-Fütterungsrichtlinie für Wiederkäuer von 2022 zu tun, so Christian Rytz vom gleichnamigen Futtermittelhersteller in Biberen BE. Mit dem Wegfall der Sojaimporte etablierte sich der heimische Anbau von Soja in wenigen Jahren. «Für uns spielt es keine Rolle, ob es mehr Ackerbohnen oder mehr Soja gibt, wir wollen einfach möglichst viel Futterprotein aus Schweizer Anbau», sagt Christian Rytz.
Soja habe mit einem für die Fütterung günstigeren Eiweissverhältnis und der mittlerweile hohen Ertragsstabilität jedoch deutliche Vorteile gegenüber Ackerbohnen. An der Stellung von Soja als wichtigste Kultur für einheimisches Futtereiweiss werde sich daher so schnell auch nichts ändern. «Aber gerade für wenig mechanisierte Betriebe in Grenzlagen über 500 Metern hätten Ackerbohnen noch grosses Potenzial», so Christian Rytz. Ackerbohnen und andere Körnerleguminosen wie Eiweisserbsen seien sehr willkommen. Er geht mit Fatos Brunner einig, dass der Anbau sicherer werden muss, damit Ackerbohnen wieder attraktiver werden.
Auf Lösungssuche mit neuen Sorten
«Für den Bioanbau stehen einige Ackerbohnensorten zur Verfügung, an verschiedenen Standorten untersuchen wir ihre Anbaueigenschaften, aber erst seit Kurzem», erklärt Mathias Christen von der Gruppe Anbautechnik Ackerbau am FiBL (siehe Ansprechperson). Bessere Kenntnisse brauche es beispielsweise aber auch in Bezug auf sortenspezifische Krankheitsresistenzen wie bei Botrytis fabae, der Schokoladenfleckigkeit. Pro Jahr werden seit 2022 zwei Kleinparzellenversuche in Frick und in Fislisbach im Kanton Aargau mit je 12 Sorten Winter- und Sommerackerbohnen durchgeführt.
«Sortenversuch Ackerbohnen für Futter- und Speisezwecke» lautet der Name dieses Projekts, in dem der Ertrag, die Überwinterung der Winterackerbohnen, die Bodenbedeckung sowie die Blattkrankheiten und die Standfestigkeit der Kultur untersucht werden. Bei den Sorten für Speiseackerbohnen erfolgen auch Degustationen, bei denen der Geschmack und das Aussehen bewertet werden. In den Erhebungen von 2023 und 2024 zeigten die verfügbaren Sorten GL Alice und GL Arabella sowie zwei neue Sorten sehr gute Erträge. In Bezug auf Krankheitsanfälligkeit fielen die verfügbare Sorte Wizard sowie eine weitere neue Sorte positiv auf.
Fehlende Hülsenbildung 2024
Diese Saison habe sich mit den häufigen Niederschlägen sicher von den Vorjahren unterschieden, da grundsätzlich aber eher trockenere Frühjahre zu erwarten seien, wäre die Aussaat von Ackerbohnen im Herbst auch in Zukunft sinnvoll, so Mathias Christen. Ackerbohnen haben in der Regel eine bessere Jugendentwicklung, wenn sie über den Winter genug Feuchtigkeit haben. Zudem verringert sich so die Gefahr durch Trockenheit während der Blüte im Frühsommer. Trotz der feuchten Bedingungen dieses Frühjahr fiel der Pilzdruck in dem Sortenversuch vergleichsweise gering aus. Auch konnte die Verunkrautung bis zur Abreife der Ackerbohnen gut eingedämmt werden. Mit dem ab der Abreife einhergehenden Blattfall und der im Boden verbliebenen Feuchtigkeit kam es jedoch zu einer späten Verunkrautung, was die Ernte erschwerte.
Vielerorts hatte die Kultur mit Schneckendruck zu kämpfen. Aus verschiedenen Gegenden der Schweiz wurde von verminderter oder sogar fehlender Hülsenbildung berichtet. Laut Adrian Lustenberger, Feldtechniker und mitverantwortlich für Feldversuche am FiBL, lasse die beobachtete starke Wüchsigkeit der Ackerbohnen in diesem Jahr vermuten, dass die Pflanzen wegen der geringen Sonnenscheindauer und dem anhaltenden Regen ihre zur Verfügung stehende Energie in das Wachstum und nicht in die Hülsenbildung investiert haben.
Löcher in den Blüten
Auffallend sei an der Saison 2024 auch, dass viele Betriebe von vermeintlichen Frassschäden an Blüten und von gehäuftem Blütenfall berichteten, so Adrian Lustenberger. Das habe mancherorts Befürchtungen geweckt, dass ein neuer Schädling aufgetreten sei. Mit den Schäden sind kleine Löcher an der Kelchbasis, also an der Oberseite der Ackerbohnenblüten, gemeint. Lisa Brünjes von der Georg-August-Universität Göttingen in Deutschland hat in ihrer Doktorarbeit das Verhältnis von Samenansatz bei Ackerbohnen und der Art und Weise ihrer Bestäubung untersucht. Im Laufe der Blütezeit werde fast jede einzelne Blüte einmal angebissen, das sei gemäss der Expertin ganz normal und auf die Präsenz von Erdhummeln zurückzuführen.
Die Beschädigungen an der Blüte hätten auch keinen Einfluss auf die Hülsenbildung oder eine höhere Anfälligkeit auf Pilzbefall. Ackerbohnen würden immer weitaus mehr Blüten ausbilden, als letztlich Hülsen heranreiften. Vermutlich will die Pflanze mit den zusätzlichen Blüten Bestäuber anlocken. So fallen jedes Jahr nicht wenige Blüten von den Ackerbohnen ab. «Die Ackerbohne wird von verschiedenen Bienenarten besucht, in der Schweiz sind es vor allem Hummelarten sowie andere Wildbienenarten und Honigbienen», so Lisa Brünjes. Es sind die Erdhummeln, die mit ihren kräftigen Mundwerkzeugen Löcher in die Blüte beissen, um über diese Abkürzung an den Nektar zu gelangen.
Auch Adrian Lustenberger glaubt nicht an einen neuen Schädling: «Vielleicht haben viele dieses Jahr stärker auf die Löcher geachtet, weil die Hülsenbildung mancherorts geringer ausgefallen ist.» Dass ein Zusammenhang zwischen den beiden Phänomenen besteht, scheint aber ausgeschlossen. «Höchstens indirekt», sagt Lisa Brünjes. Es könne sein, dass wegen der vielen Regenfälle vor allem Honigbienen eher im Stock geblieben seien. Die robusteren Erdhummeln würden auch bei Regen fliegen, aber die Abkürzung über die Bisslöcher nehmen und deshalb weniger bestäuben. Mangelnde Bestäubung durch den vielen Regen könne also zu geringerer Hülsenbildung geführt haben.
Jeremias Lütold, FiBL
Dieser Artikel ist im Bioaktuell 7|2024 erschienen (PDF der Ausgabe siehe weiterführende Informationen).
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Letzte Aktualisierung dieser Seite: 20.02.2025