Finanzielle Überforderung beim Kauf von Pachtland
In den letzten 15 Jahren sind viele Landwirtschaftsbetriebe aufgegeben worden – umliegende oder verwandte Betriebe haben „profitiert“. Sie sind gewachsen, haben ihre Strukturen verändert. Wo vor 15 Jahren, inmitten von 17 ha Wiesland ein Anbindestall für 15 Kühe, Jungvieh und Kälber stand, steht heute auf der neu gebauten Güllengrube ein Laufstall für 40 Kühe. Auch Heuraum musste zusätzlich gebaut werden, ein weiterer Traktor angeschafft werden und ein neuer Doppelschwader war nötig. Natürlich, wie sollten denn die 48 ha bewirtschaftet werden?
Aber nicht nur die bäuerliche Gesellschaft hat sich in den letzten 15 Jahren gewandelt. Auch die übrige Gesellschaft wandelt sich. Wo eine Erbengemeinschaft von Geschwistern besteht, deren Eltern noch selber einen Betrieb bewirtschaftet haben, bestehen oft noch tiefe emotionale Bindungen an das Land. Ein Verkauf kommt gar nicht in Frage. Geht die Erbengemeinschaft jedoch eine Generation weiter, sind plötzlich sehr viele beteiligt, die Interessen können nicht mehr vereint werden, die emotionale Bindung an das Land ist nur noch schwach. Also beschliesst die Erbengemeinschaft den Verkauf.
Hier kommt ein Riesenproblem auf den anfangs beschriebenen Betrieb zu: Die während einer Generation erwirtschafteten Mittel mussten in Gebäude und Mechanisierung investiert werden. Der Betrieb verfügt nicht über die nötigen Mittel, um plötzlich 7 Hektaren Laund (= 250’000-500'000 Franken) kaufen zu können. Die Belehnungsgrenze musste bereits für den Stallneubau ausgeschöpft werden. Der Ertragswert steigt durch einen höheren Eigenlandanteil nicht wesentlich. Die landwirtschaftlichen Kreditkassen können gemäss Richtlinien keine Kredite für Landkäufe gewähren. Wo also das Geld hernehmen? Bei anstehenden Neuerungen auf dem Betrieb muss bei der Tragbarkeitsberechnung und Finanzierungsplanung unbedingt eine Rückstellung für Landkäufe mit einberechnet werden.
Jeder Betriebsleiter sollte das Verhältnis von Eigenland und Pachtland überprüfen. Pachtet er von vielen kleineren Verpächtern, ist das Risiko gut verteilt. Gehört ein grosser Teil der Nutzfläche einem einzelnen Verpächter, sollte noch vor dem Bau eines neuen Stalles das Gespräch mit dem Verpächter gesucht und ein möglichst lang dauernder Pachtvertrag ausgehandelt werden. So ist der Pächter geschützt, denn Kauf bricht Pacht im Normalfall nicht, der Betrieb steht längerfristig auf soliden Beinen. Andernfalls ist die Investition in Gebäude in Frage zu stellen.
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 05.11.2007