Stickstoffnachlieferung aus der Kunstwiese
Die Kunstwiese gilt insbesondere für den vieharmen Betrieb als „Batterie“ der Fruchtfolge.
Ziele
Keine maximale Anhäufung von Stickstoff, sondern nachhaltige, ausgewogene N-Versorgung der nachfolgenden Kulturen. Humusanreicherung, Erosionsminderung und Unkrautunterdrückung.
Wichtig zu wissen
- Steigert die biologische Aktivität des Bodens
- Wirksamste Massnahme zur Unterdrückung von Wurzelunkräutern
- Erschliesst Nährstoffe im Unterboden und lockert die Fruchtfolge auf
- Die optimale N-Fixierungsleistung liegt bei 50 – 80% Leguminosen in der Mischung
- Grosse Mengen an verfügbarem N im Boden senken die Fixierungsleistung der Knöllchenbakterien
- Mulchen des Kleegrasbestandes muss vermieden werden, aber es gibt Ausnahmen (siehe weiter unten).
Einschränkungen
- Vermehrung von Nematoden (zum Beispiel Wurzelgallnematoden in Gemüsekulturen nach Kunstwiese), Drahtwurmproblematik in Folgekulturen (Kartoffeln), Fruchtfolgestellung beachten
Anlage einer Kunstwiese
Es lassen sich prinzipiell zweierlei Zielsetzungen differenzieren:
- Futterbaubetriebe, die den Aufwuchs über den Viehmagen verwerten, streben einen möglichst optimalen Futterwert an. Infolgedessen tendieren diese Mischungen eher in Richtung der Futtergraskomponenten. Nutzungsdauer (Hauptnutzungsjahre) optimal 2 Jahre, schon im 3. Jahr geht die Leistungsfähigkeit herunter weil auch Rotklee und Raygras „zurückgehen“.
- Ackerbaubetriebe, denen das Kleegras ausschliesslich zur Stickstofffixierung dient, halten an einem möglichst leistungsfähigen Leguminosenbestand (35 bis 50 %) fest. Der Grasanteil trägt hier zur Stickstoffkonservierung und Massebildung bei. Nutzungsdauer 1 bis 2 Hauptnutzungsjahre. Wünschenswert mind. 2 Hauptnutzungsjahre.
Die optimale N-Fixierung liegt zwischen 50-70% Leguminosenanteil in der Kunstwiesenmischung. Allerdings nimmt mit zunehmendem Leguminosenanteil die Nutzungsflexibilität ab, insbesondere die Möglichkeit zur Heutrocknung. Deshalb werden Kunstwiesenmischungen in der Regel mit max. 50% Leguminosenanteil gesät.
Untersuchungen zum viehlosen Bio-Ackerbau haben gezeigt, dass ein zu geringer Kunstwiesenanteil in der Fruchtfolge langfristig zu Problemen mit der Stickstoffverfügbarkeit, zu einer Abnahme des Humusgehaltes und zu einer schlechteren Bodenstruktur führt. Vielfach geht mit dieser Entwicklung auch eine Zunahme der Unkrautbelastung einher. Daher sind auch vieharme Betriebe auf einen ausreichend hohen Kunstwiesenanteil (20 bis 30 %) in der Fruchtfolge angewiesen.
Verwertung des Kunstwiesenaufwuchses auf dem viehlosen Betrieb
Es gibt folgende Möglichkeiten:
- Verkauf von Heu, Emd, Grassilage oder frisches Gras
- Tausch des Aufwuchses gegen Mist oder Gülle (Futter Mistkooperation), Kalkulationsbeispiel siehe weiter unten
- Kompostierung des Aufwuchses (siehe weiter unten)
- Mulchen des Bestandes
Das Mulchen einer Kunstwiese muss vermieden werden
Das regelmässige Mulchen des Bestandes kann im Vergleich zur Schnittnutzung erhebliche gasförmige Stickstoffverluste zur Folge haben. Beim Mulchverfahren bleibt der Pflanzenaufwuchs auf der Fläche, was sich negativ auf die N-Fixierungsleistung des Gesamtbestandes auswirken kann. Die Mineralisierung von Stickstoff aus dem Mulchmaterial und die erneute Aufnahme durch die Leguminosen im Bestand kann die N-Fixierungsleistung um bis zu 40% senken. Bei zuviel freiem Stickstoff in der Umgebung werden die Knöllchenbakterien träge.
Falls ausnahmsweise gemulcht werden muss (z.B. weil zuviel Heu, der auf dem Betrieb produziert wurde, noch am Lager ist und nicht verkauft werden konnte), ist es empfohlen, die folgenden Probleme vorzubeugen:
Probleme | Lösungsansätze |
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Dichte Mulchmatten unterdrücken vor allem das Wachstum breitblättriger Leguminosenarten (Rotklee, Luzerne) |
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„Zerfransender“ Mulchschnitt durch zerschlissene Messer fördert das Massenwachstum der Gräser auf Kosten des Klees |
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Gasförmige N-Verluste (bis zu 30%) über Denitrifikation |
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Ausnahme: Mulchen einer Kunstwiese im Frühjahr gerade vor dem Wiesenumbruch
Dieses Mulchen ist sehr sinnvoll. Damit wird viel Stickstoff für die darauffolgende Kultur angehäuft. Dies ist insbesondere vor starkzehrenden Kulturen wie Mais interessant.
Mist oder Gülle im Tausch für Kunstwiese
Es stellt sich die Frage, in welchen Mengenverhältnissen getauscht werden soll.
Dem folgenden Kalkulationsbeispiel liegt der Gedanke zugrunde, dass die Nährstoffwirkung der abgegebenen Kunstwiese mit Wirtschaftsdüngern kompensiert werden muss.
Die Preise für Stickstoff, Phosphor und Kali beziehen sich auf organische Düngemittel und nicht auf Mineraldünger.
Wichtig ist, dass die in der Tabelle verwendete Bewertung der organischen Substanz und der Nährstoffe zwar in Franken erfolgt, aber nicht als Verkehrsmassstab betrachtet werden darf. Die Tauschverhältnisse, die sich aus dem reinen Nährstoffwert ergeben, müssen noch um Mehr- oder Minderaufwand, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Transport, korrigiert werden. Beispiel: Wenn der abgebende Landwirt sich den Mist beim Tauschpartner selbst holt, muss ihm der zusätzliche Aufwand hierfür mit einem Aufschlag an „Naturalien“ entgolten werden.
Wirkungsrelation von Stroh, Kunstwiese und organischen Dünger
Nährstoffgehalte kg/t FS bzw. kg/m3 FS* | Org. Substanz u. Nährstoffwert Fr./t FS bzw. Fr./m3 FS** | |||||
TS % | N gesamt | N-Ausnutzung % | P2O5 | K20 | ||
Stroh | 86 | 5.0 | 0 | 3.0 | 17.0 | 24.- |
Kunstwiese | 20 | 5.0 | 50 | 1.4 | 6.2 | 13.- |
Mist Rind Tiefstall | 25 | 5.5 | 65 | 2.0 | 10.0 | 20.- |
Mist Schwein Tiefstall | 30 | 9.5 | 65 | 5.0 | 8.0 | 25.- |
Gülle Rind | 7.5 | 4.0 | 60 | 1.5 | 6.0 | 13.- |
* Quelle: GRUDAF Richtlinien, Weisung Suisse-Bilanz
** Paritätspreise für Stickstoff, Phosphor und Kali, siehe AGRIDEA-Preiskatalog 2011
Beispiel
Die Nutzung der obigen Tabelle soll an einem Beispiel erklärt werden. Landwirt A gibt 40 Tonnen Kunstwiese an Landwirt B ab. Landwirt B bietet ihm hierfür Tiefstall-Rindermist frei Acker an.
Bewertung zur Ermittlung des Tauschverhältnisses | Relation | |
Bewertung Kunstwiese (siehe obige Tabelle) | 13.- | 1 |
Bewertung Rindermist (siehe obige Tabelle) | 20.- | 1.5 |
Tauschverhältnis Kunstwiese : Rindermist | 1 : 0,6 (zuzüglich Zu- oder Abschläge für Lieferung / Transport usw.) |
Kunstwiese kompostieren - ein alternatives Verfahren für viehlose Betriebe
Eine Alternative zum Verkauf des Kunstwiesenaufwuchses, oder zum Tausch gegen Hofdünger, ist die Kompostierung. Vorteil des Verfahrens ist, dass die Ernte aus diesem Fruchtfolgeteil auch ohne Verwertung durch den Kuhmagen im betrieblichen Kreislauf verbleiben kann und so eine Wertschöpfung erfährt. Die Herstellung dieses qualitativ hochwertigen Kompostes erfordert allerdings einiges an Wissen und Erfahrung. Ein Gemüsebaubetrieb aus Süddeutschland hat sich auf die Kompostierung von Kleegras spezialisiert und ein verlässliches Verfahren entwickelt. Der Artikel „Kompost vom Profi“ aus der Bioland Zeitung 11/2011, gibt einen genauen Einblick in die Kompostherstellung von Gras auf dem Landwirtschaftbetrieb.
Artikel "Kompost vom Profi" (613.6 KB)
Kunstwiesenumbruch - auch ein Steuerungselement für die N-Freisetzung
Zeitpunkt des Kunstwiesenumbruchs
Mit dem Umbruch von Kunstwiesenbeständen wird der gesammelte Stickstoff (bis 300 kg N/ha) nach und nach freigesetzt. Gerade in wintermilden Gebieten mit viel Niederschlag ausserhalb der Wachstumsperiode ist die Gefahr von N-Verlusten im Herbst/Winter gross. Generell gilt: Je später der Umbruch im Herbst und je niedriger die Bodentemperatur desto geringer ist die Gefahr grösserer Mineralisierungsschübe im Spätherbst – den z.B. nachfolgender Winterweizen nicht mehr nutzen kann.
Auch die Beschaffenheit der Böden entscheidet über die Mineralisierung. Leichte und schnell erwärmbare Böden in milden Klimagegenden neigen nach der Bodenbearbeitung zu einer raschen Stickstofffreisetzung. Bei umsetzungsträgen Böden (schwere Tonböden, kaltes Klima), findet die Stickstofffreisetzung im Frühjahr tendenziell zu spät statt.
Umbruchtermine in Abhängigkeit des Bodens
Bodenart | Idealer Umbruchtermin | Fehler, die es zu vermeiden gilt |
---|---|---|
Leichte, sandige Böden | Später Herbst, WInter, frühes Frühjahr | Späte Frühjahrsfurche auf Wassermangelstandorten (Kleegrasschicht verrottet schlecht) |
Mittlere Lehm- und sandige Böden | Später Herbst möglich | N-Auswaschung bei frühem Herbst-umbruch. Alternativ: Umbruch im Winter und nachfolgender Anbau von Sommerweizen oder Sommerhafer, der spätverfügbaren Stickstoff noch gut in Ertrag umsetzen kann. |
Schwere Böden mit hohem Tonanteil | Frühzeitige Herbstfurche in der Regel ideal | Zu später Umbruch. Mögliche Folgen: Bodenstrukturschäden bei zu hohen Bodenfeuchten, Wachstumsstörungen nachfolgender Hackfrüchte |
Umbrucharten
Umbruchart | Beurteilung |
---|---|
Klassisches Unterpflügen | Bei Problemen mit Blacken muss vor dem Pflügen unbedingt vorher gegrubbert werden. Dadurch können Blackenwurzeln austrocknen oder aushungern, sie werden dann geschwächt untergepflügt. Probleme: hoher Arbeitsaufwand, hohe N-Mineralisation. |
Pflugloser Umbruch | Durch Grubbern oder Scheiben der Kleebestände wird wenig Luft in den Boden gebracht, es wird nur eine geringe Schicht bewegt und die Umsatzgeschwindigkeit ist eher niedrig. Zudem werden die organischen Rückstände nicht vergraben und dienen somit dem Regenwurm als Nahrung und es können keine keimschädigenden Rottegifte entstehen. Dadurch, dass die Bodenschichten nicht verdreht werden, gibt es auch wenig keimwillige Unkrautsamen. Der Umbruch mit dem Grubber ist am billigsten und hat die geringsten N-Verluste über den Winter zur Folge. Die gute Bodengare nach Klee bleibt erhalten. Probleme: Durchwuchs von Klee, Gras und Blacke. |
Heiler Umbruch | Wer beim pfluglosen Umbruch trotz zweimaligem Grubbern Durchwuchsprobleme hat, wird den Kleebestand, ohne ihn vorher zu zerstören, einfach unterpflügen. Probleme: Auswinterung, da das Saatbett zu wenig abgesetzt ist, Vergraben von unverrotteter organischer Substanz, N-Verluste, die Blacke wächst weiter, Unkrautsamen kommen nach oben und keimen. |
Alternative Verwertung der Kunstwiese: Stickstoffversorgung über N-Transfer sicherstellen
Bei diesem Verfahren geht es darum, Nährstoffe, vor allem Stickstoff, in Form von grüner Pflanzenmasse (Kunstwiesenaufwuchs), von einem zum anderen Feld zu übertragen. Hierfür wird der Kunstwiesenaufwuchs auf der Fläche A („Geberfeld“) gehäckselt und mit Hilfe von Kompoststreuern auf die Fläche B („Nehmerfeld“) ausgebracht.
Das Ausbringen auf das Nehmerfeld geht:
- Am einfachsten auf die Getreidestoppel vor der Aussaat der Folgekultur im Rahmen der Bodenbearbeitung (bei Befahrbarkeit)
- Ab Mai vor der Saat oder Pflanzung einer stickstoffbedürftigen Kultur (Mais, Gemüse).
Was bringt der N-Transfer?
Ein "normaler" Kunstwiesenbestand, bei dem der Klee zur Blüte kommt, hat mindestens 100 bis 130 kg N in der oberirdischen Pflanzenmasse. Dieser Bestand hat im Falle des „N-Transfers“ eine N-Vorfruchtwirkung, die mit einem guten Erbsen-Ölrettichgemenge mit ca. 100 cm Wuchshöhe vergleichbar
ist. Ein grosser Vorteil des N-Transfersystems ist, dass eine gute N-Versorgung der Folgekultur mit einer gleichzeitigen Bodenbearbeitung auf dem Geberfeld kombiniert werden kann. Die grüne Pflanzenmasse dient als Nahrung für die Bodenlebewesen. Sie wird schnell umgesetzt und steht der Folgekultur zur Verfügung.
Wichtig: der Engpass bei diesem Verfahren ist der Transport und die Ausbringung. Daher sind zwei bis drei Kompoststreuer notwendig (analog zu einer Silage-Berge-Kette).
In der Schweiz gibt es noch keine Erfahrungen mit dem N-Transfer, aber wohl schon in den Niederlanden.
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 24.05.2013