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Das Jordanvirus bewegt die Tomatenwelt

Ein besonders brisantes Thema im professionellen Tomatenanbau ist das Jordanvirus oder auch Tomato Brown Rugose Fruit Virus ToBRFV. Der Erreger ist seit 2015 bekannt, breitet sich seitdem global aus und zählt der Schweiz zu den Quarantäneorganismen.

Die Ertragseinbussen können 30 Prozent der Produktion ausmachen, das Jordanvirus kann aber auch zum Totalausfall führen. Die Schadbilder des Jordanvirus sind je nach Sorte sehr unterschiedlich ausgeprägt und manchmal schwer von anderen Viruserkrankungen zu unterscheiden. Typisch ist eine mosaikartige und matte Verfärbung der Früchte.

Hoher Infektionsdruck durch internationalen Handel

Im grossen Tomatenanbaugebiet Holland ist der Erreger inzwischen stark verbreitet. In der Folge landen viele infizierte Früchte im internationalen Handel. Sie können ohne gesundheitliche Bedenken verzehrt werden, steigern aber das Infektionspotential für Betriebe in den Exportländern.

Mehrere Möglichkeiten für den Eintrag in den Betrieb

Das Virus ist hochinfektiös, wird mechanisch übertragen und breitet sich schnell aus. Für eine sinnvolle Präventionsstrategie müssen die möglichen Eintrittspforten im Betrieb bekannt sein. Neben den ein- und ausgehenden Personen sind das häufig die zugekauften Jungpflanzen. Theoretisch garantiert der vorgeschriebene Pflanzenpass infektionsfreie Jungpflanzen. In der Praxis kann es aber auch hier Lücken geben.  

Weitere Verbreitungswege können Geräte, Hummeln, Drainagewasser oder Kompost sein. Auch innerhalb des Betriebes kann es sinnvoll sein, zum Beispiel Werkzeug nur in festgelegten Gewächshausbereichen zu verwenden und nicht durch verschiedene Zonen zu tragen.

Einordnung als Quarantäneorganismus hat Folgen

Ein Befall ist meldepflichtig und zieht schwerwiegende Konsequenzen nach sich. Dazu zählen hierzulande Hygienemassnahmen und ein Anbaustopp für Tomaten über zwei Jahre in der bodengebundenen Kultivierung, was besonders die Biobetriebe trifft. Für auf Tomaten spezialisierte Betriebe ist das ein gravierender Einschnitt in der Produktion. Zahlen werden von offiziellen Stellen keine genannt, aber es gibt bereits bestätigte Fälle in der Schweiz.

Die Einordnung des Jordanvirus als Quarantäneorganismus steht in Konflikt mit der zunehmenden Verbreitung. Resistente Sorten könnten nach einem Befall weitgehend symptomfrei angebaut werden. Bisher ist dies jedoch aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen innerhalb der Zweijahresfrist nicht möglich.

Entschädigungszahlungen des Bundes werden bislang nur im Rahmen eines grösseren Ermessenspielraums ausbezahlt, der aber je nach Kanton und bearbeitender Person unterschiedlich ausgelegt werden kann. Wer auf Nummer sicher gehen will, schliesst eine Versicherung gegen mögliche Schäden ab.

Resistente Sorten auch für den Biomarkt verfügbar

Mittlerweile steht eine steigende Zahl an Sorten mit hoher Resistenz (HR) gegen das Jordanvirus zur Verfügung. Auch eine HR-Sorte kann befallen werden, sie hält aber einem normalem Krankheitsdruck stand. Die Resistenz entsteht zum Beispiel durch Kreuzungen mit der Wildtomate, die Resistenzgene in sich trägt.

Da überwiegend grosse Züchtungsunternehmen die notwendigen Mittel für die aufwendige Sortenentwicklungen haben und die Einstufung als Quarantäneorganismus die Zucht erschwert, kommen Sorten aus biologischer Züchtung meist nur mit Verzögerung auf den Markt. 

Die oft kleineren Biozüchter*innen können bei der Entwicklung resistenter Sorten häufig nicht mithalten. Gleichzeitig verfolgen sie weitere Ziele, wie zum Beispiel den Erhalt der grossen Vielfalt bestehender Sorten und die Entwicklung von samenfesten Sorten. In der aktuellen Situation ist das ein Dilemma.

Der Umgang mit dem Virus im laufenden Prozess

Nach Einschätzung von Expertinnen und Experten ist der Erreger kaum wieder loszuwerden und wird sich im Gegenteil weiter ausbreiten. Produktionsbetriebe, Strategien und politischen Vorgaben müssen sich zukünftig an die neue Situation anpassen.

Simona Moosmann, FiBL
Das Thema wurde beim Erfahrungsaustausch Gemüsebau im August 2024 diskutiert.

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