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AgOpenGPS: Ein Traktorlenksystem selber bauen

Andreas Pfister vom Birkenhof in Uster ZH hat mit der Open-Source-Software AgOpenGPS und günstigen Elektronikteilen ein Lenksystem für seinen Traktor gebaut. Statt 14 000 Franken kostet sein Eigenbau 2000 Franken, sein Aufwand für das Zusammensuchen der Informationen und Bauteile war allerdings gross. Hier berichtet er über seine Erfahrungen, und er liefert gleich ein Anleitungsvideo mit, das sein Bruder Christian gedreht hat.

«Kurvig gesäte Maisreihen machen das Hacken mühsam und weniger effektiv. Auf der Suche nach einer Lösung für schnurgerade Saatreihen stiess ich auf das Open-Source-Traktorlenksystem AgOpenGPS. Auf den ersten Blick schreckte mich das Puzzle aus Elektronik und Software ab. Aber die Verlockung, für 2000 Franken ein Lenksystem mit RTK-Genauigkeit zu bekommen, liess mich nicht mehr los. Der Umstand, dass ein Lenksystem die Grundlage für weitere Instrumente der Präzisionslandwirtschaft ist, motivierte mich zusätzlich, dieses Projekt in Angriff zu nehmen. Ausserdem bot mir der Aufbau die Gelegenheit, das Potenzial der Elektronik und Programmierung selber nutzen zu lernen.

Beachtlicher Zeitaufwand

Das Installieren der Open-Source-Software dauerte gerade mal fünf Minuten. Die Informationssuche für die Materialbestellungen nahm dann eine ganze Woche in Anspruch. Die Installation selber und das Einstellen aller Parameter – was für ein gutes Lenkverhalten unabdingbar ist – kostete zwei weitere Wochen. Mit dem Ergebnis bin ich aber sehr zufrieden. 

Erste Praxiserfahrungen 

Die Première von AgOpenGPS auf dem Feld feierte ich bei der Kunstwiesen-Ansaat Ende Juli. Das heisst, Grund zum Feiern hatte ich eigentlich wenig. Der elektronische Kompass versagte, die Anschlüsse passten nicht und ans automatische Wenden am Feldrand war noch nicht zu denken. Deshalb baute ich einen besseren Kompass ein und montierte auf dem Traktordach eine zweite Antenne. Die Saat des Wintergetreides funktionierte dann mit dem Zwei-Antennen-Setup bestens. Sogar die automatischen Wendemanöver am Vorgewende klappten. Es ging zügig voran, weil der Traktor ohne Rückwärtsfahren unter Auslassung mehrerer Bahnen wenden kann. Die Reihen im flachen Gelände sind gerade. Am Hang kam das System an seine Grenzen: Es zeigte sich, dass AgOpenGPS im Flachland entwickelt wurde. Beim Wenden am Hang mit ausgehobener Säkombination musste ich mit der Einzelradbremse nachhelfen. Beim nächsten Traktor will ich statt des Lenkradmotors ein hydraulisches Lenkventil einbauen und damit die Lenkung noch präziser und ruhiger machen. 

Hilfsbereite Community

Speziell am Open-Source-Lenksystem AgOpenGPS ist, dass die Software frei verfügbar ist. Open-Source heisst aber auch, dass nicht unbedingt Profi-Informatiker und Profi-Informatikerinnen den Code schreiben, sondern unter anderem Landwirte und Landwirtinnen, die sich das Programmieren selber beigebracht haben. Kompromisse hinsichtlich der Software-Qualität müssen deshalb in Kauf genommen werden. Fortgeschrittene können die Software individuell an ihre Bedürfnisse anpassen. Bezüglich Datenschutz ist diese Transparenz ein klarer Vorteil gegenüber kommerziellen Systemen. Ein weiterer Pluspunkt ist die unglaublich aktive und hilfsbereite Community. Ich erhielt immer wieder Support und Tipps von erfahrenen Kollegen. Später steuerte ich selber eine Formel zur Kalibrierung der Lenkung bei.

Geringere Kosten

Selbstverständlich unterscheidet sich die Open-Source-Lösung auch preislich von kommerziellen RTK-Lenksystemen. Letztere kosten 14 000 Franken und mehr. Zusätzlich fallen jährliche Gebühren für das RTK-Korrektursignal im Umfang von 700 bis 1200 Franken und teilweise auch Software-Lizenzgebühren an. Die AgOpenGPS-Software ist gratis. Die elektronischen und mechanischen Bauteile, welche die Schnittstelle zwischen Software und Traktor bilden, kosten zwischen 1000 und 3000 Franken – je nachdem, wie anspruchsvoll man bezüglich Funktionalität und Komfort ist. 

RTK-Korrektursignal künftig kostenlos?

Auf das kostenpflichtige RTK-Korrektursignal kann ich nicht verzichten. Bisher erhielt ich dieses im Rahmen einer kostenlosen Testlizenz von Swisstopo via swipos-GISGEO. Nationalrätin Meret Schneider (Grüne) will den Bundesrat in einer Motion auffordern, das RTK-Korrektursignal für die Landwirtschaft kostenlos zur Verfügung zu stellen. In mehreren Nachbarländern der Schweiz ist dies bereits der Fall. Deshalb gehe ich davon aus, mein Lenksystem auch in Zukunft gebührenfrei nutzen zu können.

Anleitungsvideo

Der Aufbau des eigenen Lenksystems ist zweifellos eine Herausforderung. Damit interessierte Landwirte und Landwirtinnen von meinen Erfahrungen profitieren können und nicht alle meine Fehler auch nochmals wiederholen müssen, hat mein Bruder Christian ein Video gedreht, in dem er den Aufbau eines einfachen AgOpenGPS-Systems zeigt. Er hat es mit Filmsequenzen unseres GPS-gesteuerten Traktors im Einsatz beim Güllen ergänzt.»

Andreas Pfister, Birkenhof

Weiterführende Informationen

swipos-GISGEO (swisstopo)
Forum AgOpenGPS (AgOpenGPS) 
Präzisionslandwirtschaft​​​​​​​ (ganze Rubrik)

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 28.12.2020

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