Erfahrungsbericht zum digitalen Bodenspaten Farmlab
Es ist aufwendig und teuer, im Boden den verfügbaren Stickstoffgehalt zu bestimmen. Interessant sind daher neue Instrumente für schnelle Bodenanalysen, wie zum Beispiel der digitale Bodenspaten Farmlab des Start-Up-Unternehmens Stenon aus Potsdam D. Aufgrund der Versuchsresultate wird empfohlen, für die Praxisnutzung Verbesserungen des Geräts und Kalibrationen für unterschiedliche Bodenarten abzuwarten.
Der digitale Bodenspaten Farmlab misst mit Sensoren verschiedene Bodendaten, verknüpft diese und rechnet sie mit künstlicher Intelligenz zu Bodenwerten um, zum Beispiel zu Gehalten an mineralischem Stickstoff (Nmin). Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL hat das Gerät getestet.
Im Frühjahr 2022 wurde damit bei Silomais der Nmin-Gehalt im Boden gemessen und mit der Laborextraktion als Standardmethode verglichen. Bei Bedienung, Messeffizienz und Datenmanagement machte der Farmlab einen sehr guten Eindruck. Die Resultate der Standardmethode zeigten jedoch deutlich tiefere Nmin-Gehalte je Hektare als Farmlab. Es konnte zudem über alle der gut 200 Messungen kein starker statistischer Zusammenhang zwischen den beiden Messmethoden festgestellt werden.
1. Ausgangslage
Um die Felderträge zu optimieren, Ressourcen zu sparen und die Umwelt zu schonen, wird eine effizientere Düngung immer wichtiger. Besonders gilt dies beim Stickstoff (N) im Biolandbau, der auf biologisch wirtschaftenden Landwirtschaftsbetrieben der erstlimitierende Nährstoff ist. Dies, weil der ausgebrachte organische Stickstoff zuerst im Boden mineralisiert werden muss, was schwer zu steuern ist. Weiter ist der Stickstoff im Boden verlustanfällig und unterliegt einer grossen zeitlichen Dynamik.
Um die ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft zu steigern, empfiehlt sich eine dem Kulturbedarf und dem Kulturstadium angepasste Düngung. Durch die Berücksichtigung der Gehalte an mineralischem Stickstoff im Boden (Nmin) lässt sich eine effizientere Düngung planen. Jedoch sind bisherige Analysemethoden für Nmin aufwändig, teuer und die Resultate erhält man oft erst nach längerer Zeit.
2. Was ist der Farmlab?
Der digitale Bodenspaten Farmlab mit Sensoren wurde von Stenon entwickelt. Eingebaut sind Nahinfrarot- und Klimasensoren, elektrische und optische Sensoren sowie ein GPS-Sensor. Alle gemessenen Daten werden verknüpft und mit Hilfe künstlicher Intelligenz zu Bodenwerten wie zum Beispiel Nmin-Werten umgerechnet.
Vor dem Messbeginn wird das Farmlab mit der Kalibrationskappe kalibriert. Dabei, so wie vor jeder Messung sollen die Linsen, Sensoren und die Kalibrationskappe sauber sein. Dafür reichen eine Bürste und ein trockenes Reinigungstuch aus.
Für eine Messung wird der Spaten mit dem Fuss in den Boden gedrückt, so dass alle Sensoren im Erdreich sind. Die Einstichtiefe ist zwölf Zentimeter. Vor den Sensoren dürfen keine grösseren Hohlräume, Pflanzenreste oder Steine liegen. Ansonsten werden die Messungen verfälscht. Solche Störungen erkennt der Spaten und meldet sie über die Fehlermeldungen am Display; der Wert kann gelöscht und die Messung wiederholt werden.
Nach drei erfolgreichen Messungen berechnet die Software einen Mittelwert und gibt ein Resultat heraus. Die Messwerte gelten nach Herstellerangaben für die Bodentiefe von null bis dreissig Zentimeter. Die drei Messungen sollten in einem Radius von 25 Zentimeter erfolgen. Nach jeder einzelnen Messung sind die Sensoren von Erde zu reinigen.
Folgende Messgrössen können mit dem Farmlab analysiert werden : Nmin (Nitrat-N plus Nitrit-N, Ammonium-N), NO3-N (Nitrat-N), Ntot (N-total), P (pflanzenverfügbarer Phosphor), K (pflanzenverfügbares Kalium), Mg (pflanzenverfügbares Magnesium), Corg (organischer Kohlenstoff), pH, Humus, Bodenfeuchte, Bodentemperatur, Textur (Ton, Schluff, Sand). Die Datenerhebung erfolgt georeferenziert, das heisst die Messwerte beziehen sich auf eine bestimmte Stelle im Feld, mit GPS ermittelt.
Die erhobenen Daten werden auf einen Cloud-Server geladen und verrechnet, sie sind jederzeit über das Webportal abrufbar. Grafisch wird eine Heatmap erstellt, die eine teilflächenspezifische Bewirtschaftung ermöglicht. Unter einer Heatmap versteht man eine Einordnung der Werte in zu tiefe, in optimale und in zu hohe Werte, wobei die Bereiche farblich von kalten zu warmen Farben koloriert sind.
3. Was und wie wurde getestet?
Im eher trockenen Frühjahr 2022 wurde im Jugendstadium von Silomais der Nmin -Gehalt im Boden gemessen, und zwar mit der Laborextraktion als Standardmethode und mit dem Farmlab von Stenon. Die Messungen erfolgten an zwei bis drei Terminen in zwei Feldversuchen: im DOK-Systemvergleichsversuch mit organischen und mineralischen Düngern (seit 1978) und in Recycle4Bio, einem Versuch zur Prüfung von rezyklierten organischen Düngern, wie Gärgut flüssig und fest, sowie Kompost, Mineraldünger und Gülle als Kontrolle (seit 2018). Die erste Messung war nach der Saat, die zweite im 3–5-Blattstadium und der dritte Termin im 5–6-Blattstadium.
Durch die Proben aus den zwei Versuchen konnte das Farmlab-Gerät bei verschiedenen Düngungsarten, Düngungsstufen und Bewirtschaftungsformen getestet werden. In den meisten beprobten Verfahren wurden praxisübliche Bedingungen widergespiegelt. Pro Verfahren gab es vier Wiederholungen. Pro Wiederholung wurde mit einem Hohlmeisselbohrer mit drei Zentimeter Durchmesser in einer Teilfläche von 1,5 Meter mal 5 Meter eine Bodenprobe (Mischprobe aus sechs Einstichen bis in eine Tiefe von dreissig Zentimeter) für das Labor entnommen.
In dem Rechteck wurden zwei Messungen mit dem Farmlab durchgeführt, also zwei mal drei Einstiche. Verglichen wurden die einzelnen Farmlab-Resultate mit dem Laborergebnis. Für die Laboranalyse von Nmin wurde die Trockensubstanz im Labor und mit Farmlab bestimmt. Weiter war in den Versuchen die Bodentextur aus früheren Laboranalysen bekannt. So konnten beide Texturwerte, Labormessung und Farmlabmessung verglichen werden. Bei den Messungen wurde auf jede Fehlermeldung des Gerätes eingegangen. Falls eine Meldung auftrat, wurde erneut gemessen.
4. Resultate
Mineralischer Stickstoff im Boden (Nmin)
Die Standard Nmin-Methode mit Extraktion wies über alle 232 Messungen tiefere Mittelwerte (59,9 kg Nmin pro Hektare, Stanbdardabweichung 32,4 kg) auf als die Farmlab-Methode (75,9 kg, ± 35,5 kg), wobei sich die Werte statistisch unterschieden (p = < 0,01).
Wurde der Datensatz so korrigiert, dass nur Nmin-Werte vom Farmlab übernommen wurden, die auch im unterstützten Messbereich lagen (Farmlab hat bei der Nmin-Messung einen unterstürzten Messbereich), veränderten sich die Resultate etwas. Die Standard Nmin-Methode mit Extraktion wies über alle Messungen weiterhin tiefere Mittelwerte (72,3 kg Nmin pro Hektare, ± 30,5 kg) auf als die Farmlab-Methode (89,2 kg, ± 26,7 kg) (p = < 0,01).
Die Korrelation bzw. der statistische Zusammenhang zwischen Laborwerten und den Messresultaten vom Farmlab hatte über alle Messungen einen R-Wert von 0,50. Dies entspricht einer knapp schwachen Korrelation. Ein R-Wert von 0 entspricht keinem Zusammenhang der zwei Messwerte, ein R-Wert von 1 zeigt eine völlige Übereinstimmung der beiden Werte. Entfernt man auch hier wieder die Daten, die im nichtunterstützen Messbereich vom Farmlab lagen, sank der R-Wert auf 0,24.
Die Korrelationen zwischen Farmlab und Standardmethode waren zu den verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich stark ausgeprägt. Die höchste Korrelation zeigte sich beim zweiten Termin im DOK-Versuch mit einem R = 0,33. Eine Erklärung für diese zeitlichen Schwankungen wurde nicht gefunden. Im DOK-Versuch wurde generell eine tiefere Übereinstimmung festgestellt als beim Recycle4Bio. Im DOK-Versuch differenzierten auch die Nmin-Werte stärker zwischen den Verfahren, was auf die Langfristigkeit des Versuchs zurückzuführen ist. Im Recycle4Bio wurden generell tiefere Werte gemessen.
Trockensubstanz (TS)
Die Korrelation zwischen dem TS-Gehalt (in Prozent) des Bodens mit der Standardmethode und dem TS-Messwert vom Farmlab war über alle Messungen und über alle Versuche und Zeitpunkte bei einem R von 0,35 nur schwach. Der Mittelwert des TS-Gehalts über alle Messungen war bei der Standardmethode 81,5 Prozent, ± 1,4. Bei der Farmlab-Messung war der Mittelwert über alle Messungen mit 87,6 Prozent signifikant höher, die Standardabweichung vom Mittelwert war grösser und lag bei 1,7.
Textur
Von den 232 Messungen teilte das Farmlab die Textur verglichen mit den Resultaten der Standardmethode in acht Fällen nicht korrekt zu. Dies entspricht einer Fehlerquote von 3,4 Prozent. Die Bedienung und das Ablesen der Daten waren einfach. Auf dem Webportal können die Daten sowohl auf der Karte als auch geordnet nach den Feldblöcken abgelesen werden oder in Form einer Exceltabelle heruntergeladen werden.
5. Zukunft
In Zukunft werden sich die technologischen Möglichkeiten verbessern. Neue Möglichkeiten zur schnelleren Bodenbeprobung werden entwickelt, beispielsweise mit dem Gerät Soiloptix, ein Feldmessgerät basierend auf Gammaspektroskopie. Die aktuellen Sensoren wie auch Berechnungstools werden mit weiteren Kalibrierungen in unterschiedlichen Bodentypen genauer.
Weiter muss man sich im Klaren sein, dass der Boden heterogen ist und dass zwei Messungen im selben Boden unterschiedliche Resultate ergeben. Da stellt sich die Frage, wie unterschiedlich die Resultate sein dürfen und welche Anforderungen die Schnellanalysemethoden erfüllen müssen, um in Zukunft die Düngung effizienter zu gestalten. Generell macht Farmlab einen sehr guten Eindruck, was die Bedienung, die Messeffizienz und das Datenmanagement anbelangt.
6. Nutzen für die Biolandwirtschaft
Welche Möglichkeiten hat der Biolandbau, um den Nmin-Gehalt im Boden kurzfristig zu erhöhen und abzusenken? Nebst der Verabreichung von organischen Düngern mit einem hohen Ammoniumgehalt wie Gülle oder Gärgut kommen rasch mineralisierbare Dünger wie Hornmehl oder Mischdünger wie Biorga N-11 in Frage. Aber auch ein flaches Hacken kann bis zu circa dreissig Kilogramm Stickstoff pro Hektare freisetzen.
Durch Mist und Gülle lässt sich langfristig das N-Nachlieferungspotenzial der Böden erhöhen, eine gezielte Steuerung der N-Freisetzung im Wachstumsverlauf der Kulturen stellt aber eine Herausforderung dar. Eine Absenkung der Nmin-Werte kann beispielsweise im Herbst über eine Strohdüngung oder Gründüngungen mit hohem N-Bedarf wie Kreuzblütler erreicht werden. Am wenigsten lassen sich die Einflüsse des Wetters (Temperatur, Feuchtigkeit) beeinflussen, die ihrerseits eine grosse Wirkung auf die N-Freisetzung haben.
So bleibt am Schluss der Grundsatz des Biolandbaus bestehen: Düngen heisst, den Boden zu ernähren und nicht direkt die Pflanze. Denn immer mehr Untersuchungen zeigen, dass auch der direkt verabreichte verfügbare Stickstoff den Umweg über die Mikroorgansimen zur Pflanze nimmt.
Durch Düngung mit verschiedenen Düngemitteln mit weitem oder engem Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis lassen sich die Pools im Boden gezielter aufbauen beziehungsweise die Geschwindigkeit der Stickstoff-Mineralisierung wird beeinflusst. Durch Pflügen und Hacken wird Sauerstoff in den Boden gebracht, der die Stickstoff-Mineralisierung anregt. Diese Massnahmen können kulturspezifisch zur Optimierung der Stickstoff-Düngung eingesetzt werden.
Adrian Lustenberger, Paul Mäder, Else Bünemann (alle FiBL); Katrin Carrel (Strickhof)
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 11.02.2023