Zusatzfuttermittel für Pferde – weniger ist mehr
Ergänzende Nahrungs- oder Futtermittel für Mensch und Tier liegen zurzeit voll im Trend. Eine aktuelle Schweizer Studie mit 248 Pferdebesitzenden konnte zeigen, dass ganze 61 Prozent der Probandinnen und Probanden ihren Pferden regelmässig Zusatzfuttermittel verabreichen – in Ergänzung zum Grund-, Kraft- und Mineralfutter.
Die am häufigsten verwendeten Produkte waren solche, die das Tier mit Magnesium, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin E oder Selen versorgen sollen. Auch pflanzliche Produkte wie Kräuter oder gemischte Futterzusätze, welche gezielt auf den Bewegungs- oder Verdauungsapparat wirken sollen, wurden häufig eingesetzt.
Leistungsversprechen der Herstellungsfirmen
Die Hersteller werben oft mit der Natürlichkeit dieser Produkte und einer Steigerung von Gesundheit und Wohlbefinden. Gerade bei Produkten für Pferde ist ein häufiges Werbeversprechen, dass diese Zusatzfuttermittel die Leistung steigern, das Verhalten von schwierigen Pferden verbessern oder Mangelerscheinungen vorbeugen. Den Pferdebesitzerinnen oder -besitzern wird im Fachgeschäft durch die vollen Regale schnell das Gefühl vermittelt, dass Futterzusätze für das Wohl des Pferdes notwendig sind.
Zusatzfuttermittel auf Biobetrieben
Bei Pferden auf Biobetrieben ist die Frage, ob Zusatzfutter eingesetzt werden, besonders relevant. Während betriebseigene Tiere ausschliesslich Biofutter und Produkte von der Betriebsmittelliste bekommen, ist bei Pensionspferden ein Anteil von zehn Prozent konventionellem Futter erlaubt. Dieser Anteil kann auch Zusatzfutter einschliessen, sofern diese keine genmanipulierten Komponenten enthalten. Einzelkräuter oder Gewürze sind auch für betriebseigene Pferden in konventioneller Qualität zugelassen. Darüber hinaus stellt sich aber auch die Frage, ob die dauerhafte Verabreichung von Zusatzfuttermitteln der Philosphie des Biolandbaus entspricht.
Sinnvolle Fütterungsphilosophie
So stimmt beispielsweise die Verfütterung von exotischen Früchten, Kurkuma oder getrockneten Meeresalgen nicht mit dem Konzept überein, dass Tiere auf Biobetrieben möglichst artgerecht, natürlich und regional gefüttert werden sollen.
In Bezug auf mineralische Futtermittel gilt häufig: was vorne reingeht, kommt hinten wieder raus. Hat ein Tier keinen Bedarf für gewisse Mineralstoffe, so werden diese wieder ausgeschieden und landen im Mist, mit welchem sie auf dem Feld ausgebracht werden. Der Kreislauf solcher Futtermittel hört also nicht beim Pferd auf.
Die Verabreichung von hochwertigen Pflanzenölen, Leinsamen oder Knoblauch beisst sich mit dem Prinzip von «Feed no Food», also dem Konzept, dass menschliche Lebensmittel nicht an Tiere verfüttert werden sollten; vor allem wenn sie diese nicht benötigen.
Wirkung auf die Gesundheit fraglich
Die wissenschaftliche Evidenz, dass Futterzusätze bei Pferden die gewünschte Wirkung haben ist oft nicht gegeben. Tatsächlich bestehen bei der Verabreichung solcher Produkte sogar gewisse Risiken. Zu hohe Dosen, beispielsweise von Selen, Jod oder Magnesium können sich negativ auf die Gesundheit der Tiere auswirken. Ausserdem ist davon auszugehen, dass es bei gewissen Produkten zu Wechselwirkungen mit gleichzeitig verabreichten Medikamenten kommen kann.
Ausgewogene Fütterung reicht oft aus
Bei einer ausgewogenen Fütterung, welche mit einem gängigen Mineralfutter ergänzt wird, ist es unwahrscheinlich, dass Pferde in unseren Breiten Mangelerscheinungen entwickeln. Während der warmen Monate ist der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen häufig bereits mit dem Weidefutter abgedeckt. Ein Zufüttern von kleinen Mengen Kraft- oder Mineralfutter deckt allfällige Mankos im Raufutter. Wenn Zusatzfutter eingesetzt werden sollen, um gezielt bestimmte gesundheitliche Probleme zu behandeln, sollte dies vorab mit der Tierärztin oder dem Tierarzt abgeklärt werden. Bei gesunden Pferden gilt in Bezug auf Zusatzfuttermittel: weniger ist mehr.
Marie Dittmann, FiBL
Weiterführende Informationen
Pferde (Rubrik Tierhaltung)
Tierhaltung allgemein - Fütterung (Rubrik Tierhaltung)
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 03.05.2023