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Bio Suisse
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Die Plattform der Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern

Fragen und Antworten

Haben Sie Fragen zur Aufzucht und Vermarktung von Bruderhähnen oder Zweinutzungshühnern? Zur Genetik? Zu verlängerten Umtrieben? Zu den Richtlinien von Bio Suisse, zur Kontrolle, zur Kalkulation und zum Richtpreis? Die folgende Zusammenstellung gibt Antworten.

Grundsatz und Werte

Kreislaufgedanke: Huhn, Hahn und Ei gehören zusammen

Eier sind beliebt. Pro Jahr essen Schweizerinnen und Schweizer pro Kopf rund 200 Eier. Doch was passiert mit den Legehennen, die ihren Dienst getan haben? Und was ist mit deren Brüdern? Beim Konsum von Eiern müssen genauso die Hennen und die männlichen Brüder mitgedacht werden. Auch das Fleisch der Hennen und der Bruderhähne braucht seine Käuferinnen und Käufer. Bio Suisse bringt zusammen, was zusammengehört und schliesst den Kreis zwischen Fleisch und Eiern. Dies ist ganz im Sinne des Grundsatzes der Natürlichkeit und der Verantwortung für einen ethischen Konsum.

Bio Suisse Bäuerinnen und Bauern übernehmen Verantwortung

Ab 2026 ist unter der Bio Knospe Schluss mit dem Kükentöten. Diese Praxis entspricht nicht den ethischen Ansprüchen von Bio Suisse an eine artgerechte Tierhaltung und einer zukunftsfähigen Landwirtschaft. Deshalb haben sich die Knospe-Produzent*innen für die Aufzucht aller geschlüpften Küken entschieden.  

Bio Suisse lehnt die Geschlechtsbestimmung im Ei ab. Denn die Verfahren zur sogenannten „In-Ovo-Selektion“ verlagern das Problem nur, anstatt es zu lösen. Es gibt Alternativen zum Kükentöten, sie lauten Bruderhahn-Aufzucht und Zweinutzungshuhn.

Tierethik

Wieso macht Bio Suisse das? (Hintergründe)

Mit der Intensivierung der Landwirtschaft musste sich auch die Geflügelhaltung professionalisieren. Heute halten die meisten Landwirtinnen und Landwirte nur noch hochspezialisierte Hühner. Jahrzehnte des Zuchtfortschritts haben dazu geführt, dass sich bei den Hühnern zwei voneinander entkoppelte Produktionszweige entwickelt haben: Auf der einen Seite die Pouletmast mit spezifisch auf Fleischzuwachs hin gezüchteten Tieren. Auf der anderen Seite die Legehennenhaltung für die Eierproduktion mit spezifisch auf Legeleistung hin gezüchteten Tieren. Während bei den Poulets beide Geschlechter gemästet werden können, eignen sich die männlichen Tiere der Legehühner aufgrund sehr geringer Zuwachsraten kaum für die Mast. Entsprechend wurden bisher viele männliche Küken der Legehühner kurz nach dem Schlüpfen getötet - auch in der biologischen Eierproduktion. 

Für Bio Suisse, für die Biobäuerinnen und -Bauern ist klar, dass diese Praxis ethisch nicht vertretbar und nicht mit den Grundsätzen des schonenden Umgangs mit Mensch, Tier und Natur vereinbar ist. Deshalb übernehmen die Knospe-Produzierenden Verantwortung. 

Weshalb hat das so lange gedauert und weshalb geht das nicht schneller?

Bio Suisse unternimmt bereits seit einigen Jahren intensive Anstrengungen, zusammen mit der Branche Lösungen zu erarbeiten. Jede Alternative zur gängigen Praxis des Kükentötens hat ihre Vor- aber auch ihre Nachteile. Es liegt einerseits in der Komplexität der Sache, aber auch in der Tragweite einer eigentlichen Markttransformation, dass die Erschaffung eines gemeinsamen, von allen Akteuren der Wertschöpfungskette mitgetragenen Zielbildes viel Zeit in Anspruch nimmt. Mit dem Grundsatzentscheid der Delegierten von Bio Suisse Ende 2021, dass ab 2026 alle Bioküken aufgezogen werden müssen, konnte ein Meilenstein gesetzt werden. 

Vier Jahre Übergangsfrist sind nötig und durchaus ein sportliches Ziel. Eine Umstellung von heute auf morgen ist unrealistisch beziehungsweise nicht praktikabel. Diese Markttransformation erfordert tiefgreifende Veränderungen und bringt grosse Herausforderungen für die ganze Wertschöpfungskette mit sich. Es braucht Investitionen zum Aufbau der nötigen Infrastruktur, beispielsweise zusätzlicher Ställe für die Aufzucht der Hähne oder spezifischer Schlachtungs- und Zerlegungskapazitäten. Die Planung der Eierproduktion und der Pouletmast hat einen langen Zeithorizont; der Aufbau der dazu nötigen Elterntierherden benötigt Vorlaufzeit. In der Vermarktung der Produkte (insbes. des Fleisches) müssen neue Wege eingeschlagen werden. Und nicht zuletzt braucht es die Kundinnen und Kunden mit im Boot, um das ambitionierte Ziel zu erreichen. 

Weshalb so abrupt? Weshalb lässt sich Bio Suisse nicht etwas mehr Zeit? 

Dass die Praxis des Kükentötens ethisch nicht vertretbar und mit dem Biogedanken nicht vereinbar ist, stand längst ausser Frage. Die mediale Aufmerksamkeit hat in den vergangenen Jahren zugenommen, auch aufgrund der Entwicklungen in unseren Nachbarländern. In Österreich wurde die Bioeierbranche bereits 2015 aktiv (und zog ab dann alle Hähne auf), in Deutschland und anderen europäischen Ländern nahmen grosse Detailhandelsunternehmen Produkte aus entsprechenden Initiativen in ihre Sortimente auf und auch in der Schweiz gibt es seit einigen Jahren entsprechende Angebote im Handel (Henne&Hahn, Hahn im Glück, Zweinutzungshuhn). Mit der Ankündigung, dass in Deutschland per 2022 das Töten der Küken per Gesetz verboten werde, kam zusätzlich Dynamik auf. In der Schweiz gab es in der Folge entsprechende politische Vorstösse. Entsprechend war es auch für die Biogeflügelbranche in der Schweiz höchste Zeit, ins Handeln zu kommen. 

Vier Jahre Übergangsfrist sind sportlich, aber gemäss der Einschätzung der in die Zielfassung eingebundenen Akteure aus der Branche machbar. Das sportliche Ziel war nötig, damit die Weichen gestellt wurden und mit der Umsetzung angefangen werden konnte. Bio Suisse gibt einen klaren Rahmen vor, innerhalb dessen sich die Branche organisieren kann. Dieser Systemwechsel betrifft den gesamten Bioeier- und -geflügelmarkt und bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Alle Akteure der Branche bewegen sich momentan ausserhalb ihrer Komfortzone. Umso wichtiger ist es, dass die Branche zusammenrückt und alle ihren Beitrag zur Zielerreichung leisten. 

Weshalb ist später sterben besser als früher sterben?

Das Töten von an sich lebensfähigen, männlichen Küken direkt nach dem Schlüpfen aus wirtschaftlichen Gründen ist ethisch problematisch. Darüber sind sich weite Teile der Gesellschaft einig. Massgeblich für die Einstufung als ethisch problematisch ist der Zweck der Tötung und nicht der Zeitpunkt. Auf der einen Seite ist der Zweck der Fleischgewinnung zur menschlichen Ernährung bei Bruderhähnen (und Schliessen des Kreises zwischen Eier- und Geflügelfleischproduktion). Auf der anderen Seite steht das Töten von Küken oder Embryonen aufgrund von rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten, wo die Küken entweder in die Biogasanlage gehen oder bestenfalls als Tierfutter verwendet werden können.

Weshalb ist Bio Suisse gegen In Ovo?

Bio Suisse ist der Ansicht, dass ein Verbot von In-Ovo der konsequenteste und zu bevorzugende Weg ist und dass die Aufzucht und Wertschätzung der Männchen am besten zur Knospe passt und dieser Weg auch am besten den Konsumierenden zu vermitteln ist. Zum einen widerspricht In-Ovo den Grundsätzen von Bio Suisse. Die Knospe steht für geschlossene Kreisläufe und für eine Landwirtschaft, die sich ihrer Verantwortung gegenüber der Natur, den Menschen und den Nutztieren bewusst ist. Zudem löst In-Ovo das Problem ethisch nicht konsequent, indem das Töten der Küken lediglich ins Ei vorverlagert wird.

Zum andern erachtet Bio Suisse die heute verfügbaren In-Ovo Technologien aufgrund des späten Zeitpunktes der Beprobung (neunten beziehungsweise 13. Tag am bebrüteten Ei) und des entsprechend schon weit fortgeschrittenen Entwicklungsstadiums des Embryos als nicht biokonform. Solange also keine biotaugliche Methode verfügbar ist, fehlt es an Planungs- und Investitionssicherheit für die Branche, um den Aufbau der Aufzucht zu forcieren.

Ausserdem kann der Eingriff im Ei die Schlupfrate beeinträchtigen. Und aufgrund der Fehlerquote schlüpfen immer noch fünf bis zehn Prozent nicht entdeckte männliche Küken, beziehungsweise werden auch ähnlich viele weibliche Embryonen aussortiert.

Was sagt Bio Suisse zum Zielkonflikt Tierethik versus Ökoeffizienz (Futterverwertung)?

Sowohl Tierethik als auch ökologische Nachhaltigkeit sind wichtige Grundpfeiler des Biolandbaus. Der Anspruch von Bio Suisse ist es, ein ethisches Problem möglichst konsequent und zu lösen. Der Entscheid für die Aufzucht der Küken und gegen die Geschlechtsbestimmung im Ei war ein bewusster Entscheid im Wissen um die Herausforderungen, die er mit sich bringt, auch bezüglich der Ökoeffizienz. Bio steht für einen schonenden und verantwortungsvollen Umgang mit Mensch, Tier und Natur. An diesem Prinzip will Bio Suisse festhalten. Huhn, Hahn und Ei gehören zusammen.

Bio Suisse ist zudem nicht der einzige Bioverband, der diesen Weg einschlägt. Bio Austria und der Biosektor in Österreich praktiziert seit einigen Jahren schon die Bruderhahnmast. Auch die deutschen Bioverbände Naturland und Bioland positionieren sich ablehnend gegenüber In-Ovo.

Umstellung und Umsetzung

Wo steht Bio Suisse?

Stand Anfang 2024 werden rund ein Drittel aller Biohähne aufgezogen. Gegen Ende 2024 werden es über die Hälfte sein. Der Eierpreis wird entsprechend des Anteils aufgezogener Hähne kontinuierlich angehoben. Produkte aus Hahnen- und Hennenfleisch sind bei den grossen Detailhändlern sowie auch bei Discountern im Sortiment.

Kontrolle, Rückverfolgbarkeit, Gewährleistung Aufzucht Hähne

Die Bio Suisse Richtlinien schreiben vor, dass spätestens ab 2026, wenn alle Hähne aufgezogen werden müssen, für jede eingestallte Henne der Nachweis über die Aufzucht des männlichen Schlupfäquivalents erbracht werden muss. Bereits heute werden über die Datenbank Geflügel alle Hennen erfasst. Die Betreiberin der Datenbank, Bioinspecta, wird dieses Tool mit der Kategorie Hahn (Junghahn, Zweinutzungshahn) erweitern, damit künftig diese Tiere ebenfalls erfasst und rückverfolgt werden können. In Zuge dessen soll auch die Praxistauglichkeit des Tools verbessert werden. Ziel ist es, die Tiere von der Brüterei bis zum Schlachthof rückverfolgen zu können.

Genetik

Unterschied Legehybride versus Zweinutzungstypen versus Mastpoulets?

Die heute in der Landwirtschaft eingesetzten Hühner sind spezialisierte Lege- und Masthühner. Sie sind das Ergebnis jahrzehntelanger Zucht auf Leistungsmerkmale. Diese spezifische Zucht nennt sich Hybridisierung, ein Verfahren, bei dem zwei unterschiedliche Individuen oder Linien miteinander gekreuzt werden, um Nachkommen zu erzeugen, die in bestimmten Eigenschaften ihren Eltern überlegen sind. Dieser sogenannte Hybridvorteil (auch Heterosis-Effekt genannt) kann in verschiedenen Merkmalen wie Wachstumsrate, Produktivität und Anpassungsfähigkeit auftreten.

Hybridhühner werden gezielt gezüchtet, um bestimmte Merkmale und Eigenschaften zu kombinieren, die für die Geflügelproduktion wirtschaftlich vorteilhaft sind, etwa hohe Legeleistung, schnelles Muskelwachstum, effiziente Futterverwertung oder Uniformität.

Im Unterschied dazu werden Zweinutzungshühner darauf gezüchtet, sowohl für die Eiproduktion als auch für die Fleischproduktion geeignet zu sein. Da aber Legeleistung und Fleischzuwachs Merkmale sind, die sich gegenseitig limitieren, hat die Zucht auf Zweinutzung ihre natürlichen Grenzen.

Herausforderung in der Zucht Richtung Zweinutzung

Eine der zentralen Herausforderungen besteht darin, eine ausgewogene Leistung in Bezug auf Ei- und Fleischproduktion zu erreichen. Es ist schwierig, eine Rasse zu entwickeln, die sowohl eine hohe Eiproduktion als auch ein zufriedenstellendes Wachstum für die Fleischproduktion aufweist. Die Entwicklung einer neuen Hühnerrasse erfordert erhebliche Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Es dauert viele Jahre, bis eine neue Zuchtlinie entwickelt ist, die die gewünschten Merkmale aufweist und gleichzeitig gesund und robust ist.

Zugelassene Zweinutzungshühner

In den Bio Suisse Richtlinien ist das Zweinutzungshuhn anhand des Tageszuwachses des Hahns von über 20 g/Tag definiert. Auf der Liste der zugelassenen Zweinutzungshühnern in den Anhängen zu den Bio Suisse Richtlinien werden aktuell folgende Zuchten geführt:

  • Coffee & Cream (beide ÖTZ)
  • Dual (Lohmann)
  • Dual (Novogen)

Position von Bio Suisse zum Zweinutzungshuhn

Bei der Umsetzung des Ziels, ab 2026 alle Küken aufzuziehen, benötigt die Branche Sicherheit in Bezug auf die Rahmenbedingungen, welche Bio Suisse festlegt. In den Bio Suisse Richtlinien steht im Grundsatz zum Kapitel 5.5 Geflügel: «Bei der Wahl der Rassen oder Linien müssen Zweinutzungstypen und an den Biolandbau angepasste Linien oder Rassen bevorzugt werden». Daraus abgeleitet ist die Anforderung in den Bio Suisse Richtlinien, dass (Zweinutzungs)Hähne, welche eine Tageszunahme von 23 g/Tag überschreiten, in Herden von maximal 500 Tieren gehalten werden müssen, analog den Anforderungen für die Pouletmast. Zudem schreiben die Richtlinien vor, dass die Tageszunahme bei der Aufzucht von Bruderhähnen 17 g/Tag nicht unterschreiten dürfen, womit die in der Schweiz häufig eingesetzten, intensivsten Legehybriden Lohmann Silver und Dekalb White ab 2026 auf Knospe-Betrieben nicht mehr eingesetzt werden dürfen.

Darüber hinaus legt Bio Suisse keine weiteren Rahmenbedingungen fest, die eine stärkere Lenkung oder Anreize in Richtung Zweinutzungshuhn bewirken bzw. schaffen. Dies aus dem Grund, dass für Bio Suisse das oberste Ziel die Aufzucht aller Küken ab 2026 ist. Zur Zielerreichung soll den Akteuren der Geflügelbranche eine gewisse unternehmerische Freiheit und Flexibilität gewährt werden. Somit werden die Bruderhahnaufzucht, also die Aufzucht von männlichen Legehybridhühnern und das Zweinutzungshuhn von Seiten Bio Suisse als äquivalente Wege zum Ziel erachtet.

Produktion

Verlängerter Umtrieb

Was ist ein verlängerter Umtrieb?

In der Bioeierproduktion wird immer häufiger auf eine längere Haltungsdauer bzw. einen verlängerten Umtrieb gesetzt. Das bedeutet, dass Legehennen länger als 12 Monate auf dem Legebetrieb bleiben beziehungsweise frühestens nach der 72. Alterswoche ausgestallt werden. Im Gegensatz dazu steht der klassische Jahresumtrieb, bei dem eine Herde nach zwölf Monaten erneuert wird. 2023 praktizierten bereits über 60 Prozent aller Bioeierproduzent*innen einen verlängerten Umtrieb. Bereits 17 Prozent dieser Bioherden wurden über die 84. Alterswoche hinausgehalten - Tendenz steigend. Eine möglichst lange Haltedauer der Herden entspricht den Grundsätzen des Biolandbaus.

Wieso die Hennen länger im Stall behalten?

Aufgrund des verbesserten genetischen Potenzials aktueller Züchtungen, der steigenden Junghennen-Kosten als Folge des Verzichts auf das Töten männlicher Eintagsküken sowie aus ressourcentechnischen und tierethischen Überlegungen ist es sinnvoll Legehennen länger zu halten. Den genannten Vorzügen stehen Herausforderungen in der Planung der Eierproduktion und der bedarfsgerechten Ausrichtung des Angebotes auf die Nachfrage gegenüber.

Aus wirtschaftlicher Perspektive ergeben sich für die Produktion zudem folgende Vor- und Nachteile:

Wirtschaftliche Vorteile Wirtschaftliche Nachteile
Geringere Junghennenkosten je Ei Steigende Fix- und Arbeitskosten pro Ei
Höherer Anteil von L- und XL-Eiern Sinkende Eizahl/Legehennenplatz & Jahr
Geringere Futterkosten Höherer Anteil an Nebensorten-Eier inkl. Bruch
  Längere Leerzeiten aufgrund anspruchsvollerer Planung der Stallbelegung
  Schlechtere Futterverwertung mit zunehmendem Alter der Henne

Quelle: DLG Merkblatt 493 (ergänzt)

Hat der verlängerte Umtrieb Auswirkungen auf die Tiergesundheit?

Per se hat der verlängerte Umtrieb keine negativen Auswirkungen. Eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Verlängerung des Umtriebes ist eine verhaltensgerechte Unterbringung und Versorgung der Tiere. Dies gilt aber natürlich ganz grundsätzlich und auch für den Jahresumtrieb. Nur Jung- und Legehennen, die unter idealen Bedingungen aufgezogen und gehalten werden, verfügen über eine stabile Tiergesundheit mit langer Lebenserwartung. Kommt es zu Nährstoffdefiziten und Stress, steigt das Risiko von Verhaltensstörungen, wie Feder- und Zehenpicken und Kannibalismus. Ein intaktes Gefieder, ein gutes Stallklima, ein aufmerksames Parasitenmonitoring sowie lockere, scharrfähige Einstreu und ausreichend Beschäftigungsmaterial zum Picken und Scharren zählen mitunter zu den Erfolgsfaktoren im Herdenmanagement.

Was sind die Auswirkungen des verlängerten Umtriebs auf Henne und Ei?

Mit zunehmendem Alter einer Legehenne können sich bei Henne und Ei folgende Veränderungen bemerkbar machen:

  • Eiergrösse: Der Anteil an grossen und sehr grossen Eiern (70g+) steigt. Diese lassen sich gut direkt vermarkten.

  • Legepersistenz: Die Legeleistung nimmt ab. Die Legepersistenz einer Henne je Legeperiode ist von der Genetik abhängig. Ist das biologische Limit erreicht, kann eine natürliche oder erwirkte Legepause (Mauser) den Hennen helfen, sich für eine zweite Legeperiode zu erholen.

  • Schalenqualität: Der Anteil an Brucheiern steigt. Mithilfe von Futterzusätzen wie Kalzium und Muschelkalk lässt sich die Schalenqualität positiv beeinflussen. Brucheier oder sogenannte Verarbeitungseier eignen sich in der Lebensmittelproduktion für die Herstellung von Eiernudeln, Gebäck, flüssigem oder pulverisiertem Eiweiss oder Eigelb. Da diese Eier, weniger gut bezahlt sind, als Schaleneier für den Konsum, sind die Eierproduzentinnen und -produzenten interessiert, den Anteil an Brucheiern möglichst tief zu halten.

Auswirkungen auf Bruderhahn und Stallkapazitäten

Da natürlicherweise mit jedem weiblichen Küken auch ein männliches Küken schlüpft, gibt es bei verlängerten Umtrieben zwar weniger Bruderhähne aufzuziehen. Der zeitgleiche Schlupf bleibt in der Planung jedoch eine Herausforderung, da Junghennen wie auch Bruderhähne, in den gleichen Aufzuchtställen grossgezogen werden.

Herausforderung Saisonalität der Nachfrage

Während eine Henne höchstens ein Ei pro Tag legt, schwankt der Eierkonsum in der Schweiz übers Jahr hinweg stark. Zu Ostern und Weihnachten werden deutlich mehr Eier gegessen als beispielsweise im Sommer während der Grill- und Ferienzeit. Diese Saisonalität der Nachfrage wurde bislang in der Eierproduktion mittels Jahresumtrieb bestmöglich berücksichtigt, um die Bedarfsspitzen abdecken zu können. Mit einer verlängerten Haltungsdauer der Legehennen ergibt sich die Herausforderung, in der Planung der Stallbelegungen der saisonalen Nachfrage weiterhin gerecht zu werden. Als Folge davon können längere Leerzeiten vorkommen. Konsumgewohnheiten sind nur schwer zu beeinflussen. Ob die Saisonalität etwas geglättet werden kann, muss sich weisen.

Richtlinie und Begriffe

Anforderungen für die Hahnenaufzucht

Im Kapitel 5.5.3 «Junghennenaufzucht» der Bio Suisse Richtlinien ist unter Absatz 5.5.3.1 «Gültigkeit» festgelegt, dass gemäss den Anforderungen der Richtlinien auch Junghähne ab einem Tageszuwachs von 17 Gramm pro Tag sowie Zweinutzungshähne bis zu einem Tageszuwachs von 23 Gramm pro Tag aufgezogen werden können.

Was bedeutet die Untergrenze der Tageszunahme von 17 Gramm pro Tag?

In der Biopouletmast gilt bereits seit vielen Jahren die Einschränkung, dass nur langsamer wachsende, extensive bis mittelintensive Masthybriden eingesetzt werden dürfen. In der Richtlinie wird dies über die Mindestmastdauer von 63 Tagen geregelt. Zusätzlich werden die zugelassenen Hybridlinien explizit aufgeführt. Dies stellt ein wesentliches Differenzierungsmerkmal der Biopouletmast gegenüber der konventionellen Pouletmast dar, wo mit intensiven Masthybriden produziert wird.

Bei den Legelinien wurde mit dieser Untergrenze bezogen auf den Tageszuwachs von Junghähnen nun ebenfalls eine entsprechende Einschränkung eingeführt. Sie bedeutet ganz konkret, dass ab 2026 die intensivste Legehybride nicht mehr für die Bioeierproduktion zugelassen ist. Eine explizite Nennung, der in der Legehennenhaltung zugelassenen Hybridlinien fehlt in den Richtlinien. Um Unklarheiten in der Branche, welche Legehybriden künftig noch eingesetzt werden dürfen, auszuräumen, wurde dieser Punkt in einem Schreiben an die Branche näher spezifiziert: Einzig die intensivsten, weissen Legehybride Lohmann Silver und Dekalb White werden ab 2026 nicht mehr zugelassen sein, alle anderen Legehybride und Rassehühner dürfen weiterhin zur Bioeierproduktion genutzt werden.

Was bedeutet die Grenze 23 Gramm pro Tag bezogen auf die Aufzucht der Hähne?

Junghähne (Hähne von Legehybdiden) und Zweinutzungshähne können sowohl in Pouletmastställen (bis 500 Tiere) wie auch in Junghennenaufzuchtställen (bis 4000 Tiere) aufgezogen werden. In Letzteren allerdings nur, sofern die Tageszunahme nicht grösser als 23 g/Tag beträgt. Zweinutzungshähne, die diese Grenze überschreiten, müssen in den kleinen Pouletmastställen aufgezogen werden. Dies deshalb, weil sie sowohl was die Anforderungen an ihre Lebensumgebung (Stall) sowie auch bezüglich des Endproduktes (Schlachtkörper) den Mastpoulets ähnlicher sind als den Junghähnen bzw. den Junghennen. Von den aktuell verfügbaren Zweinutzungshühnern findet diese Regelung lediglich bei der Zweinutzungshybride Lohmann Dual (LD) Anwendung. Heisst: alle anderen Zweinutzungshähne wie zum Beispiel jene der Ökologischen Zierzucht GmbH (ÖTZ) dürfen auch in den grösseren Junghennenaufzuchtställen eingestallt werden.

Wann spricht Bio Suisse von Junghahn, wann von Bruderhahn?

Beide Begriffe meinen dasselbe. Junghahn ist biologisch gesehen der korrektere Begriff, analog der Junghenne. Entsprechend ist in den Bio Suisse Richtlinien, wo die Anforderungen für die landwirtschaftliche Produktion geregelt werden, von Junghähnen die Rede. Bruderhahn ist ein Begriff aus der Vermarktung und daher im medialen Sprachgebrauch und auch in der Wahrnehmung der Konsumierenden geläufiger sowie emotionaler. In der Kommunikation gegenüber den Konsumierenden verwendet Bio Suisse daher ebenfalls die etablierte Bezeichnung Junghahn. In der Kommunikation gegenüber den Produzent*innen, insbesondere in den Richtlinien, verwendet Bio Suisse den Begriff Junghahn.

Tierverhalten und Herdenmanagement

Sind Hahnenkämpfe in der Aufzucht ein Problem?

Es handelt sich hierbei um ein Gerücht, das sich hartnäckig hält. Tatsächlich werden die Hähne auf Schweizer Knospe-Betrieben deutlich vor der Geschlechtsreife geschlachtet, womit Hahnenkämpfe kein Thema sind. Somit ist auch eine zusätzliche Lärmbelästigung ausgeschlossen, da die Hähne noch nicht krähen.

Wie verhalten sich Junghähne im Vergleich zu den Junghennen?

Die Hähne sind deutlich träger als die Hennen. Ein zusätzliches Angebot an Rampen oder sonstigen Aufstiegshilfen kann deshalb sinnvoll sein, damit sie sich gut in den Volieren bewegen.

Welches sind die grössten Unterschiede von Braunlegern im Vergleich zu Weisslegern?

Braunleger sind deutlich ruhiger als Weissleger. Die Nestgängigkeit ist ähnlich gut. Braunleger tendieren jedoch dazu, bereits früh am Morgen Eier zu legen. Darauf ist zu Beginn der Legeperiode zu achten, um Eierverluste zu vermeiden. Die Weidenutzung ist ähnlich, die braunen Tiere verbringen aber eher mehr Zeit am Stück auf der Weide und das Eintreiben am Abend erfordert mehr Geduld.

Welche Eigenheiten zeichnen die Dual-Hennen aus?

Das auf Schweizer Knospe-Betrieben am meisten eingesetzte Zweinutzungshuhn ist die Lohmann Dual. Für die Erzeugeng der Bruteier werden in der Schweiz auf Knospe-Betrieben auch Dual-Elterntiere gehalten. Da diese Zuchtlinie im Vergleich zu den herkömmlichen Legelinien noch relativ jung ist, befindet sich die Lohmann Dual mitten im Züchtungsfortschritt und die Genetik ändert sich laufend. Mit jeder neuen Erterntierherde ändern sich auch deren Nachkommen, so dass hier keine allgemeingültigen Eigenheiten der Dual-Hennen genannt werden können. Produzent*innen, die mit Dual arbeiten, müssen die Bereitschaft zur Flexibilität in der Arbeit mit den Tieren mitbringen. Der enge Austausch mit den Junghennen-Lieferanten bzw. der Aufzuchtorganisation empfiehlt sich somit sehr.

Kalkulation und Richtpreise

Welche Richtpreise gibt es?

Es gibt Kalkulationen für Richtpreise von Knospe-Eiern und Knospe-Junghennen. Die Kalkulation für Junghähne ist aktuell noch Gegenstand von Diskussionen. Die Fachgruppe Eier strebt eine Publikation für das Jahr 2025 an. Die Kalkulationen sind auf bioaktuell.ch auf der Marktseite Eier unter Preise publiziert (siehe weiterführende Informationen).

Die Richtpreisgespräche zwischen den Produzentenvertreter*innen der Fachgruppe Eier und den Bioeiervermarktenden bzw. mit den Aufzuchtorganisationen finden einmal jährlich im Herbst statt. Die Kalkulationen berücksichtigen Kostenveränderungen, die bis zu den Gesprächen bekannt sind. Die neuen Richtpreise werden jeweils per 1. Januar des Folgejahres veröffentlicht. Das Ziel ist eine Jahreskalkulation. Bei aussergewöhnlich hohen Kostenveränderungen können auch unterjährig Preisgespräche einberufen werden. Seit 2023 entspricht die Kalkulation einem verlängerten Umtrieb mit einer Legedauer von 392 Tagen.

Wie setzen sich die Richtpreise zusammen?

Die Richtpreiskalkulation Eier basiert auf einem Stall mit einem Anfangsbestand von 2000 Legehennen. Die Richtpreiskalkulation Junghennen basiert auf einem Aufzuchtstall mit einer initialen Belegung von 4110 Küken. Es werden die Erträge aus den Verkäufen inklusive Direktzahlungsbeiträge sowie Direkt- und Strukturkosten beziehungsweise Risiko und Gewinn berücksichtigt.

Was sind die wesentlichsten Variablen? Wo gibt es jeweils die grössten Veränderungen?

Bei der Richtpreiskalkulation Eier sind die Legeleistung je Durchschnittshenne, die Futtermittelpreise sowie die Arbeitskosten elementar. Bei der Junghennenkalkulation fallen der Kükenpreis, die Futtermittelpreise, Impfkosten sowie die variablen Kosten für Heizung, Stroh und Strom ins Gewicht. In der Regel sind die Veränderungen bei den Futtermittelpreisen von einem Jahr zum nächsten am grössten. Das hat mit der Zusammensetzung des Geflügelfutters zu tun beziehungsweise mit der Beschaffungssituation der Komponenten auf den Weltmärkten. Inhaltsstoffe wie Biosoja, Bioweizen und Biomais müssen mitunter aus Europa importiert werden, weil die Schweizer Anbaumengen in Bioqualität nicht ausreichen beziehungsweise auf den beschränkt vorhandenen Flächen Energie- und Proteinträger für die menschliche Ernährung angebaut werden.

Wie wurde die Aufzucht der Bruderhähne berücksichtigt?

In den Richtpreiskalkulationen für das Jahr 2024 sind die Kosten für die Aufzucht der Bruderhähne noch nicht berücksichtigt. Das wird sich künftig ändern. In den Kalkulationen der Bioeiervermarkter sind die Bruderhahnkosten jedoch in Abhängigkeit der Anzahl bereits aufgezogener Hähne schon berücksichtigt. Werden die Mehrkosten der Bruderhahnaufzucht beim Junghennenkauf draufgeschlagen, dann erhalten Legehennenhalter*innen die Mehrkosten wieder über einen höheren Eierpreis kompensiert.

Konsum

Konsumentenpreis

Weshalb werden Bioeier teurer?

Beide Varianten – Bruderhahnaufzucht und Zweinutzungshuhn - bringen höhere Kosten in der Produktion mit sich. Im Falle der Bruderhahnaufzucht sind es erhöhte Futterkosten aufgrund des langsameren Wachstums sowie Fixkosten für Stallplätze (geringere Flächeneffizienz, höhere Amortisationskosten), die über den Eierverkauf der Hennen mitfinanziert werden. Im Falle der Zweinutzungshühner schlägt die geringere Lege- und Mastleistung zu Buche. In beiden Fällen – Bruderhahnaufzucht und Zweinutzungshuhn – werden somit die Eier um ein paar Rappen teurer.

Ist die Kaufbereitschaft vorhanden?

Die Preise in den Regalen der Detailhändler werden kontinuierlich angehoben, in Abhängigkeit des Anteils aufgezogener Hähne. Somit wird es keinen plötzlichen Preissprung geben. Damit die Konsumierenden diesen Weg mitgehen und die leicht teureren Bioeier auch weiterhin kaufen, wird die Umstellung seitens Bio Suisse sowie auch seitens der Absatzpartner mit Kommunikation und Werbung unterstützt. Werbe- und Kommunikationsmaterial für Produzent*innen mit Kundenkontakt (insbesondere Direktvermarktung) ist in Kürze im Online-Shop bestellbar (siehe weiterführende Informationen).

Produkt

Gibt es künftig nur noch braune oder beige Bioeier?

Ja, zumindest fast. Grund dafür ist die Anforderung der Richtlinien von Bio Suisse, dass ab 2026 alle Hähne aufgezogen werden müssen. Da die Hähne von Beige- und Braunlegern im Vergleich zu Weisslegern mehr Fleisch ansetzen, setzt die Branche bei der Umsetzung der Vorgaben auf Erstere. Ganz verschwinden werden weisse Eier aber auch unter der Knospe nicht, weil es weiterhin kleinere Betriebe geben wird, die weisslegende Rassehühner halten und deren Eier direkt vermarkten.

Unterscheiden sich die Eier von Zweinutzungshühnern von herkömmlichen Eiern?

Puncto Geschmack und Qualität sind Eier von Zweinutzungshühnern genauso erstklassig. Zweinutzungshühner legen aber weniger und auch kleinere Eier als klassische beige- und braunlegende Biohennen. Dafür gibt es bei Eiern von Zweinutzungs- und Rassenhühnern eine vielfältige Farbpalette. Diese reicht von weiss über beige zu braun bis hin zu grün.

Fleisch: Qualität Bruderhahn (inklusive Verwendungszweck und Zubereitung)

Gleich und doch anders. Bruderhähne haben weniger Fleisch auf den Rippen als Mastpoulets, das Fleisch schmeckt aber hervorragend. So wie Hühnerfleisch früher geschmeckt hat: etwas fester im Biss und aromatischer im Geschmack. Das hat mit ihrer Art und Genetik zu tun. Bruderhähne haben einen höheren Bewegungsdrang als Mastpoulets und deshalb eine andere Muskulatur. Ausserdem wachsen die Tiere langsamer. Berücksichtigt man dies in der Zubereitung, ist es ein Genuss. Dieses ethisch wertvolle Fleisch eignet sich gut zum Kurzbraten (Brustfleisch) oder Schmoren und Sieden (Schenkelfleisch).

Frischfleisch ist aktuell meist nur direkt ab Hof erhältlich. Im Detailhandel ist Bruderhahnfleisch mehrheitlich in verarbeiteter Form zu finden. Beliebt sind Burger-Patties, Würste, Fleischbällchen, Aufschnitt und Fleischkäse.

Fleisch: Qualität Zweinutzungshahn und Rassehahn (inklusive Verwendungszweck und Zubereitung)

Beim Fleisch von Zweinutzungs- oder Rassehähnen ist die Zubereitungsmethode mitunter von der Haltungsdauer und der Rasse/Art abhängig. Das Fleisch von Dual-Hähnen ist in Qualität und Geschmack sowie Anteil Brust- zu Schenkelfleisch vergleichbar mit einem Biomastpoulet. Demzufolge sind Verwendungszweck und Zubereitungsart vergleichbar.

Bei Hähnen von sehr extensiv gehaltenen Zweinutzungshühnern (beispielsweise Coffee und Cream von ÖTZ) und bei Hähnen von Rassehühnern sind die Fleischverteilung am Körper beziehungsweise die Proportionen anders als bei Mastpoulets. Es ist weniger Brust- und mehr Schenkelfleisch vorhanden. Zudem ist das Fleisch fester im Biss und aromatischer, weil die Tiere meist deutlich länger gehalten werden. Aus diesem Grund wird für die Zubereitung von ganzen Hähnen (und Hennen) Sieden und Schmoren empfohlen. Bei Teilstücken eignet sich die Brust für das Kurzbraten. Schenkel sind ideal zum Sieden und langsamen Garen.

Weiterführende Informationen

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 06.11.2024

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