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Bio Suisse
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Die Plattform der Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern

Hintergrund

Diese Seite zeigt auf, welche Überlegungen zum Entscheid von Bio Suisse führten, die Brüder der Legehennen aufzuziehen und weshalb die Geschlechtsbestimmung im Ei für Bio Suisse keine Option ist. Worin liegt der ethische Unterschied zwischen dem Töten nach dem Schlüpfen und dem Töten nach einigen Wochen der Aufzucht? Produzentinnen und Produzenten finden hier wertvolle Argumente.

Ausgangslage

Mit der Intensivierung der Landwirtschaft musste sich auch die Geflügelhaltung professionalisieren. Heute halten die meisten Landwirtinnen und Landwirte hochspezialisierte Hühner. Jahrzehnte des Zuchtfortschritts haben dazu geführt, dass sich bei den Hühnern zwei voneinander entkoppelte Produktionszweige entwickelt haben: Auf der einen Seite die Pouletmast mit spezifisch auf Fleischzuwachs hin gezüchteten Tieren. Auf der anderen Seite die Legehennenhaltung für die Eierproduktion mit spezifisch auf Legeleistung hin gezüchteten Tieren.  

Kükentöten war bisher auch bei Bio Standard 

Während bei den Poulets beide Geschlechter gemästet werden können, eignen sich die männlichen Tiere der Legehühner aufgrund sehr geringer Zuwachsraten kaum für die Mast. Entsprechend wurden bisher viele männliche Küken der Legehühner kurz nach dem Schlüpfen getötet - auch in der biologischen Eierproduktion. 

Initiativen im Inland und den Nachbarländern 

Die mediale Aufmerksamkeit hat in den vergangenen Jahren zugenommen, auch aufgrund der Entwicklungen in den Nachbarländern. In Österreich wurde die Bioeierbranche bereits 2015 aktiv und zog ab dann alle Hähne auf. In Deutschland und anderen europäischen Ländern nahmen grosse Detailhandelsunternehmen Produkte aus Bruderhahn-Initiativen in ihre Sortimente auf und auch in der Schweiz gibt es seit einigen Jahren entsprechende Angebote im Handel (Henne&Hahn, Hahn im Glück, Zweinutzungshuhn).  

Druck auf Schweiz stieg 

Mit der Ankündigung, dass in Deutschland per 2022 das Töten der Küken per Gesetz verboten werde, rückte das Thema zunehmend ins öffentliche Bewusstsein sowie auf die politische Agenda in der Schweiz. Parlamentarische Vorstösse, die ein gesetzliches Verbot des Kükentötens forderten, erhöhten den Druck. Bio Suisse und die Biogeflügelbranche beschlossen zu handeln.

Der Entscheid der Delegierten von Bio Suisse 

Die Praxis des Kükentötens ist ethisch problematisch und mit dem Grundprinzip des Biolandbaus, einem schonenden Umgang mit Mensch, Tier und Natur unvereinbar. An der Delegiertenversammlung im November 2021 hat Bio Suisse deshalb beschlossen, dass ab 2026 Schluss mit dem Kükentöten sein soll. Stattdessen werden ab 2026 alle männlichen Küken von Legehühnern aufgezogen. Gleichzeitig wurde durch die Delegierten entschieden, dass die Geschlechtsbestimmung im Ei – die sogenannte In-Ovo-Selektion nicht zugelassen ist. 

Gesamte Branche ist beteiligt 

Dem Entscheid der Bio Suisse Delegierten sind zahlreiche Abstimmungsgespräche mit den beteiligten bzw. betroffenen Akteure der Wertschöpfungskette vorausgegangen und er ist in der Branche breit abgestützt. Der Entscheid hat eine grosse Tragweite – der gesamte Biogeflügel- und -eiermarkt wird transformiert. Deshalb wurde für die Umsetzung des ambitionierten Ziels eine Übergangsfrist von 4 Jahren festgelegt. 

Weichen für die Umsetzung gestellt 

Was dem Laien als lange Zeitspanne erscheinen mag, ist in Tat und Wahrheit ein sportliches Ziel. Eine Umstellung von heute auf morgen wäre unrealistisch bzw. nicht praktikabel. Das sportliche Ziel war nötig, damit die Weichen gestellt wurden und mit der Umsetzung angefangen werden konnte. Bio Suisse gibt einen klaren Rahmen vor, innerhalb dessen sich die Branche organisieren kann.

Ethik und In-Ovo 

Die Verfahren zur sogenannten In-Ovo-Selektion verlagern das Problem, anstatt es zu lösen. Statt Küken werden Embryonen getötet. Gewisse invasive Technologien zur Geschlechtsbestimmung im Ei können das Hühnerembryo schädigen und die Schlupfrate beeinträchtigen. Und aufgrund der Fehlerquote schlüpft immer noch ein gewisser Anteil an nicht selektierten, männlichen Küken. Gleichzeitig werden auch weibliche Embryonen fälschlicherweise selektiert bzw. getötet. 

Zweck der Tötung ist entscheidend 

Das Töten von an sich lebensfähigen Embryonen oder Küken aus wirtschaftlichen Gründen ist ethisch problematisch. Darüber sind sich weite Teile der Gesellschaft einig. Massgeblich für die Einstufung als ethisch problematisch ist der Zweck der Tötung und nicht der Zeitpunkt.  

Fleischgewinnung vs. wirtschaftliche Abwägungen 

Auf der einen Seite steht das Töten zum Zweck der Fleischgewinnung für die menschliche Ernährung bei Bruderhähnen und das gleichzeitige Schliessen des Kreises zw. Eier- und Geflügelfleischproduktion. Auf der anderen Seite steht das Töten von Küken oder Embryonen aufgrund von wirtschaftlichen Gesichtspunkten, wo die getöteten Küken entweder in die Biogasanlage gehen oder bestenfalls als Tierfutter verwendet werden können. 

Alternativen Bruderhahn-Aufzucht und Zweinutzungshuhn 

Für Bio Suisse gehören Ei, Huhn und Hahn zusammen. Der Biolandbau steht für geschlossene Kreisläufe und für eine Landwirtschaft, die sich ihrer Verantwortung gegenüber der Natur, den Menschen und den Nutztieren bewusst ist. Bruderhahn-Aufzucht und Zweinutzungshuhn sind ethisch vertretbaren Alternativen zum Kükentöten.

Zielkonflikt zu Ökoeffizienz 

Die Bruderhähne fressen Futter und wachsen langsamer als Mastpoulets. Daraus ergibt sich ein Zielkonflikt. Sowohl Tierethik als auch ökologische Nachhaltigkeit sind wichtige Grundpfeiler des Biolandbaus. Beim Verzicht auf das Töten männlicher Küken gilt es, ein ethisches Problem konsequent zu lösen.  

Ethik hat Vorrang 

Der Entscheid für die Aufzucht der Küken und gegen die Geschlechtsbestimmung im Ei wurde bewusst getroffen und im Wissen um die Herausforderungen bezüglich der Ökoeffizienz. Ethik hatte für die Delegierten von Bio Suisse bei ihrem Entscheid Vorrang.  

Relativ im Vergleich zur Pouletmast  

Aufgrund des Bio Suisse Entscheids werden jährlich rund 500'000 Hähne zusätzlich aufgezogen. Hält man sich vor Augen, dass in der Schweiz jährlich 80 Millionen Poulets gemästet werden (2 Millionen davon Biopoulets), so relativiert sich diese Zahl und der Futterverzehr der Hähne. 

Bioverbände in Österreich und Deutschland gehen gleichen Weg 

Bio Suisse ist nicht der einzige Bioverband, der diesen Weg einschlägt. Bio Austria und der Biosektor in Österreich praktizieren seit einigen Jahren schon die Bruderhahnmast. Auch die deutschen Bioverbände Naturland und Bioland positionieren sich ablehnend gegenüber In-Ovo.

Weiterführende Informationen

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 19.08.2024

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