Bäume im Weinberg seit mehr als 40 Jahren
Der Weinberg der Familie Rüttimann ist eine der wenigen Vitiforstanlagen mit ausgewachsenen Bäumen. Nik Rüttimann hat bereits in den 80er Jahren damit begonnen, Bäume und Reben zu kombinieren. Bei einem Besuch auf seiner Fläche in Villigen nahm er sich Zeit von seinen Erfahrungen zu berichten.
Die Inspiration zum Vitiforst brachte Rüttimann aus Italien mit, wo Wein, Gemüse und Obstbäume auf kleinen Parzellen nebeneinander wachsen, für ein positives Kleinklima sorgen und die Produktvielfalt auf der Fläche erhöhen. Der Weinberg in Villigen ist ebenfalls nicht gross, aber divers: In den Randbereichen stehen Obstbäume, Nuss, Eiche und sogar Nadelhölzer.
Die ganze Familie Rüttimann ist in die Bewirtschaftung involviert und bringt ihre Ideen mit ein. Sie arbeitet konventionell, interessiert sich jedoch für viele Ansätze des Biolandbaus. Ihren Hektar Weinberg nutzen die Rüttimanns als Experimentierfeld, zum Beispiel für das Entlauben der Reben mit Schafen oder eben für die Kombination von Reben mit Bäumen und Sträuchern.
Verteilung der Bäume
Die Bäume stehen vor allem am Rand der Fläche. Das macht laut Rüttimann auch wirtschaftlich Sinn. So bleiben sowohl der Aufwand für den Schnitt der Bäume, als auch die Ertragsreduktion durch die Beschattung der Reben überschaubar.
Auf diesen Randflächen kombiniert Familie Rüttimann die Bäume mit weiteren Ökomassnahmen, zum Beispiel Steinhaufen und Holzbeigen, sodass alles zusammen möglichst einfach gepflegt werden kann.
Konkurrenz berücksichtigen
Nach den Erfahrungen von Nik Rüttimann tut sich die Rebe schwer mit dem Wachstum, wenn sie neben einen bestehenden Baum gepflanzt wird. Einfacher sei es, die Bäume nachträglich einzubringen. Rüttimann bevorzugt Bäume vor Sträuchern, weil es ansonsten schnell zu schattig werden kann.
Der Wuchs der Reben unter den Bäumen sei gut, der Ertrag jedoch etwas geringer. Die direkt beschatteten Trauben hätten etwas mehr Säure, berichtet Rüttimann. Die Trauben der gesamten Fläche werden gemeinsam gekeltert, so können sie besonders in heisseren Jahren mit wenig Säure die Mostbeschaffenheit ausgleichen.
Für die Pflege arbeitet Rüttimann mit einer Stangensäge und hält das auch im steilen Gelände für ein gut machbares Vorgehen. Er schneidet die Bäume jedes Jahr: Bei den Obstbäumen fördert er so den Ertrag, bei Eichen oder Nussbäume entfernt er Totholz und steuert den Wuchs.
Pilzresistente Sorten
Je nach Jahr können die Baumkronen die Reben positiv oder negativ beeinflussen: In feuchten Jahren kommt es laut Rüttimann durch die zusätzliche Beschattung zu stärkeren Problemen mit Pilzkrankheiten, in trockenen Jahren wirkt sie sich positiv auf den Wasserhaushalt aus.
Seiner Erfahrung nach sind in der direkten Umgebung der Bäume pilztolerante (PiWi) Sorten am besten geeignet. Sie wachsen im Bereich der Bäume besser und Rüttimann kann hier auf Pflanzenschutzmassnahmen verzichten und so Obst und Bäume schonen. Auch bei den Obstbäumen setzt er auf resistente, sogenannte Re-Sorten.
Fokus auf dem Boden
Rüttimann hält die Bodenfruchtbarkeit für einen entscheidenden Faktor im Rebbau. Er betont den positiven Einfluss der Bäume auf die Bodenfeuchte und den Humusaufbau. Indem er die Grassoden nach einem frühen Hacken in den Rebzeilen liegen lässt, fördert er die Bodenfeuchte zusätzlich. Das gleiche gilt für die späte Beweidung mit Schafen. Durch das Zertrampeln des Aufwuchses entsteht ein schützender Teppich.
Der Besuch zeigt, dass bereits die Bepflanzung von Randbereichen sehr viel zur Strukturvielfalt in der Rebenlandschaft und vor allem in trockenen Jahren zu einem positiven Kleinklima beitragen kann.
Simona Moosmann, FiBL
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 28.08.2023