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Von Hasen die grasen

Im Frühling und Sommer 2018 testete Kagfreiland einen mobilen Kaninchenstall. Die Kaninchen dankten es mit guter Gesundheit und hohen Zuwachsraten.

Wer im Sommer 2018 zwischen Liestal und Bubendorf BL auf der Hauptstrasse unterwegs war, konnte kaum das auffällige Gefährt auf der Wiese übersehen, das, mit Gitterelementen umzäunt und Vogelschutznetz überdacht, an eine kleine Zirkusanlage erinnerte. Die Stars der Manege waren weisse Kaninchen, die gewagte Sprünge und akrobatische Nummern zum Besten gaben. Oder einfach die Sonne und die frische Luzerne genossen.

Vom Stall auf die Wiese

Die Rede ist von rund 30 Mastkaninchen des Projektes «Has im Gras». Ziel dieses von Kagfreiland initiierten Projektes ist es, die Mast von Kaninchen im Freiland zu untersuchen. Normalerweise werden Kaninchen in Ställen gemästet. «Wir hätten nie gedacht, dass sich die Kaninchen so schnell und vor allem problemlos an die Freilandhaltung gewöhnen», sagt Tanja Kutzer von Kagfreiland, die das Projekt initiierte und leitete. Der mobile Stall wurde von ihr und Albert Fässler ganz neu entwickelt. Letzterer schrieb seine Bachelorarbeit an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL über das Projekt. Tatkräftig unterstützt wurden die beiden durch Markus Muntwyler, der die Ideen in einen gut durchdachten Stallbau umsetzte.

Nach einer Gewöhnungsphase von zwei Wochen, in denen die Kaninchen über Nacht in den Stall gebracht wurden, genossen die Tiere den permanenten, 54 Quadratmeter grossen Auslauf bis zur Schlachtung. Der Kaninchenstall wurde samt Auslauf einmal wöchentlich verschoben. Ein Zugfahrzeug war dafür nicht notwendig, da der Stall während des ganzen Versuchs auf einen Aebi montiert und somit selbstfahrend war. Der Auslauf wurde von Hand ab- und wieder aufgebaut. Als Ergänzungsfutter erhielten die Kaninchen Heu und ein eigens für das Projekt zusammengestelltes Futter auf der Basis von Weizen, Gerste und Grasmehl. Es war während der gesamten Versuchsphase kein einziger Abgang zu verzeichnen, und auch tierärztliches Eingreifen war nie nötig.

Ein Zuhause auf Rädern

Von Anfang Mai bis Anfang September wurden zwei Mastdurchgänge mit 33 und 34 Kaninchen durchgeführt. Um die Mastleistung der Tiere mit jenen in herkömmlicher Bodenhaltung vergleichen zu können, wurden die Kaninchen im Alter von 91 beziehungsweise 98 Tagen, und somit noch vor der Geschlechtsreife, geschlachtet. Mit einer durchschnittlichen Tageszunahme von 33 Gramm im ersten und 34 Gramm im zweiten Durchgang erreichten die Kaninchen eine ähnliche Mastleistung wie in der konventionellen Bodenhaltung.

Jedes Kaninchen wurde einmal wöchentlich gewogen und der Futter- und Wasserverbrauch sowie der Arbeitszeitbedarf dokumentiert. Zusätzlich wurden die Temperatur und die relative Luftfeuchte sowie die Helligkeit aufgezeichnet. Der Stall bewährte sich bei den heissen und trockenen Bedingungen des diesjährigen Sommers. Auch an heissen Tagen, an denen auf der Wiese im Schatten 32 °C erreicht wurden, lag die durchschnittliche Temperatur im Innenbereich bei 24 °C. Der Stall kühlte dank des isolierenden Materials über Nacht nicht aus. Während regenreicher, stark bewölkter Tage wurde im Stallinnern nicht immer die gemäss Tierschutzverordnung erforderliche Lichtstärke von mindestens 15 Lux erreicht.

Auch Bio Suisse war vom Pilotversuch angetan: Die Markenkommission Anbau (MKA) bewertete das Haltungssystem als «erfolgversprechend und empfehlenswert» und passte per 2019 die Ausführungsbestimmung in den Richtlinien entsprechend an: Im mobilen Freilaufsystem mit permanentem Zugang zur Weide sind Gruppengrössen mehr als 15 Kaninchen zugelassen. In der Stallhaltung gilt weiterhin eine maximale Gruppengrösse von 15 Tieren ab dem 60. Lebenstag. Die grösseren Gruppen bei einer Haltung mit zusätzlichem Auslauf werden damit begründet, dass sich die Kaninchen Auseinandersetzungen entziehen können und somit die Verletzungsgefahr gering ist.

Den Parasiten davonhoppeln

Für die Knospe-Produktion von Kaninchenfleisch ist nur die «Besonders Tierfreundliche Stallhaltung BTS» vorgeschrieben, ein Auslauf wird nicht verlangt. Begründet wird dies damit, dass die Freilandhaltung von Kaninchen aufgrund der Kokzidien ein sehr diffiziles Unterfangen ist. Die Oozysten – die Dauerstadien der Kokzidien – verbleiben jahrelang im Boden.

Auf Standweiden, die dauerhaft mit Kaninchen beweidet werden, steigt somit der Keimdruck mit der Zeit drastisch an. Kokzidien sind die Erreger der Darmkrankheit Kokzidiose, die zu blutigem Stuhlgang und Durchfall führt. Bei Jungtieren kann sie tödliche Folgen haben. Auch in der konventionellen Bodenhaltung kommt es immer wieder zu Krankheitsfällen, trotz Verfütterung von Kokzidiostatikahaltigen Futtermitteln. Auf diese wurde im Versuch verzichtet. Stattdessen kamen pflanzliche Zusätze zum Einsatz, um die Darmflora zu stabilisieren. Das wöchentliche Verschieben des Stalles und des Auslaufes reduzierte den Krankheitsdruck und die Kaninchen hatten immer frisches Gras zur Verfügung.

Pilotprojekt wird weitergeführt

In der Startphase des Projekts gab es noch kleine Änderungen am Stallsystem. Diese wurden von Sebastian Jenni vorgenommen, der die Kaninchen während der ganzen Versuchszeit betreut und auch geschlachtet hat. Albert Fässler hat die erhobenen Daten ausgewertet: «Aufgrund dieses hohen Arbeitsaufwands konnte das Haltungssystem während der Pilotphase nicht rentabel betrieben werden. Die Freilandhaltung rechtfertigt einen höheren Verkaufspreis. Zusammen mit Einsparungen auf der Kostenseite ist dieser unabdingbar für eine rentable Umsetzung des Systems.»

Das abendliche Einfangen der Kaninchen kostete anfänglich Zeit und Nerven. Zwar reduziert sich beim permanent zugänglichen Auslauf der tägliche Aufwand auf die Kontrolle der Tiere, und im Stallinnern beschränken sich die täglichen Arbeiten auf das Nachfüllen von Heu und Wasser. Auch das Misten ging dank gut konzeptioniertem System mit Schieber schnell von der Hand. Dafür bedeutet das wöchentliche Zügeln der Anlage einen Arbeitsaufwand von rund zwei Stunden für zwei Personen. Bei den vergleichsweise geringen Mengen an Kaninchenfleisch, die mit diesem Stallsystem produziert werden können, kann aktuell bei dem für das Projekt angesetzten Preisniveau von Fr. 38.– pro Kilogramm für Privatkunden und Fr. 27.– pro Kilogramm für Metzgereien keine gewinnbringende Produktion stattfinden.

Anna Jenni, FiBL

Dieser Artikel ist im Magazin Bioaktuell 9|2018 erschienen (Link siehe weiterführende Informationen)

Fazit aus dem Abschlussbericht

Aus Sicht von KAGfreiland ist das Projekt «Has im Gras by KAGfreiland» als Erfolg zu werten. Gesamthaft wurden die Erwartungen bei weitem übertroffen. Bei den Konsumenten wie auch bei den Produzenten stiess das Projekt auf grosses Interesse und es konnten viele wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden.

Weiterführende Informationen

Artikel Von Hasen die grasen (Website Organic Eprints)
Has im Gras (Projektwebsite)
Abschlussbericht Projekt (4.2 MB) (von KAGfreiland)

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 21.10.2024

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