Die Folgen der Klimakrise werden auch in der Schweiz immer spürbarer. Die Ernährung trägt wesentlich zum Ausstoss von Treibhausgasen bei und eine Reduktion des Fleischkonsums bringt deutliche Vorteile für das Klima. Auch deshalb rücken pflanzliche Proteine immer mehr in den Fokus. Unter den Pflanzen sind die Körnerleguminosen besonders eiweissreich. Dazu gehören Erbsen, Bohnen, Linsen und alle weiteren Hülsenfrüchte, deren Samen genutzt werden. Um diese Pflanzen drehte sich am 5. Juni der Biokörnerleguminosen-Feldtag, organisiert von der Getreidezüchtung Peter Kunz (gzpk), Agroscope und FiBL. Auf dem Hof Rinderbrunnen in Grüt, ZH und den Versuchsfeldern der gzpk in Feldbach wurden aktuelle Forschungsversuche, Ergebnisse sowie die Herausforderungen vorgestellt.
Welche Sorten bewähren sich wirklich?
Während die Branche beim Getreide schon viel Züchtungsarbeit geleistet hat, steht die Sortenentwicklung bei vielen Körnerleguminosen in der Schweiz noch ganz am Anfang. So stehen beispielsweise die Erbsensorten der gzpk, die sich durch ihre Standortangepasstheit und ihre Eignung für die extensive Bewirtschaftung auszeichnen, erst vor der Anmeldung für die staatliche Prüfung.
Stephan Gysi vom Hof Rinderbrunnen testet zusammen mit der gzpk Platterbsen, Erbsen und Kichererbsen in Sortenversuchen. Seine Erfahrungen zeigen, dass bei den Kichererbsen Sorten mit dunkler Samenschale unter den oft nasskalten Schweizer Frühjahrsbedingungen besser auflaufen. «Die Pflanzen mit robusterer, dunkler Samenschale scheinen resistenter zu sein», meint Gysi. Allerdings gestaltet sich der Verkauf schwierig, da die Kundschaft an helle Kichererbsen gewöhnt ist. Im Projekt Integral mit der gzpk sollen entlang der Wertschöpfungskette Lösungen für solche Probleme entwickelt werden.
Besonders vielversprechend entwickelt sich laut Gysi die braunschalige Sorte Olga. Wer hingegen hellschalige Kichererbsen bevorzugt, dem empfiehlt Gysi die Sorte Flamenco: «Sie ist unter den diesjährigen Bedingungen gut aufgelaufen.» Ein Keimfähigkeitstest im Labor steht allerdings noch aus. Dieser wird zeigen, ob die Unterschiede tatsächlich auf die Sorten oder auf die unterschiedliche Qualität des Saatguts zurückzuführen sind.
Mischanbau hat Vorteile
Der Anbau von Körnerleguminosen in Reinkultur gestaltet sich oft schwierig, weil die Pflanzen häufig lagern. Dies hat zur Folge, dass sie verunkrauten und sich schlecht ernten lassen, was zu weniger Ertrag führt. Daher hat sich der Anbau in Mischkultur mit Getreide bewährt. Das Getreide stützt die Hülsenfrucht, hilft gleichzeitig Unkraut zu unterdrücken und profitiert von der Stickstoffbindung der Leguminose. Susanne Vogelgsang und ihre Doktorierenden von Agroscope untersuchen im Rahmen der Projekte Cropdiva und Legendary verschiedene Mischungen, unter anderem die Kombination von Linsen mit Nacktgerste oder Lupinen mit Hafer.
Ziel der EU-Projekte ist es, den Anbau dieser bisher wenig genutzten Ackerkulturen in der Schweiz zu fördern und so die Agrobiodiversität zu stärken. Die Versuche zeigen, dass für Sorten in Mischkultur ganz andere Anforderungen gelten. Anders als in Reinkultur hat die Gerste beispielsweise die Aufgabe, die Linse zu stützen. Gleichzeitig sollte sie nicht zu stark bestocken, um die Linse nicht zu sehr zu konkurrenzieren. Stephan Gysi wählt deshalb auch niedrigwüchsige Sorten, die der Linse Halt bieten, ohne sie zu stark zu beschatten.
Auch der Reifezeitpunkt ist entscheidend, da beide Kulturen gleichzeitig geerntet werden. Agroscope-Doktorand Filippo Carmenati zeigt einen Mischkulturversuch mit Linsen und Nacktgerste und unterstreicht die Bedeutung der Sortenwahl. Die Eignung der Hülsenfrüchte für den Mischanbau kann bereits bei der Züchtung berücksichtigt werden, erklärt Barbara Dolder, Züchterin bei der gzpk.
Gelingt der Anbau, erntet Gysi rund 2 Tonnen Gerste und 3 Tonnen Linsen pro Hektare. Die Fläche ist also ertragsreicher, als wenn nur eine Kultur angebaut würde. Da das Erntegut aber getrennt werden muss, ist es wichtig, dass sich die Körner in Form, Grösse oder Farbe unterscheiden.
Lupine – vielversprechend aber herausfordernd im Anbau
Eine Kultur, auf der viele Hoffnungen ruhen, ist die Weisse Lupine. Sie ist nach der Sojabohne die nächst proteinreiche Körnerleguminose und weist ein gutes Aminosäuremuster auf. Zudem hinterlässt sie viel Stickstoff im Boden für die Folgekultur, ihre Blüten sind wertvoll für Bestäuber und über ihre Wurzeln kann sie im Boden verfügbares Phosphat mobilisieren. Der Anbau der Weissen Lupine hat aber auch seine Tücken. Die Pflanze ist anfällig für die Pilzkrankheit Anthraknose, die zu grossen Ertragsausfällen führen kann. Zudem bilden viele Sorten Bitterstoffe, die für Mensch und Tier giftig sind.
Ronald Fischer vom Verein Aaretal Feldprodukte hat sich für den Feldtag angemeldet, um sich über die Forschung zur Weissen Lupine zu informieren. Der Verein produziert seit einem Jahr Lupinen für «New Roots», einen Hersteller von veganen Alternativprodukten. Die vom Abnehmer gewünschte Sorte ist jedoch anfällig für die Anthraknose. «Der Anbau der Weissen Lupine ist momentan noch mit grossen Risiken verbunden», sagt Fischer, «wenn der Pilz wütet oder die Samen zu viele Bitterstoffe entwickeln, können wir die Ernte praktisch unterpflügen.»
Fischer interessiert sich deshalb besonders für die Ergebnisse des FiBL zur Pilztoleranz der Lupine und das Bio Suisse Projekt LupiSweet, das die Entwicklung der Bitterstoffe untersucht. Geprüft wird auch, ob ein Farbauslesegerät bittere Samen aussortieren kann. «Wenn wir die agronomischen Probleme gelöst kriegen, ist die Weisse Lupine die ideale einheimische Proteinlieferantin für die Herstellung veganer Produkte», ist Ronald Fischer überzeugt. Das FiBL und die gzpk arbeiten im Rahmen des Projektes Lupinno Suisse gemeinsam an der Züchtung der Weissen Lupine. Und im EU-Projekt LiveSeeding werden mit dem digitalen Tool SeedLinked verschiedene Sorten der Weissen Lupine bewertet.
Die Schmalblättrige Lupine ist toleranter gegenüber Anthraknose, verdrängt aber mit ihren zarteren Blättern das Unkraut weniger gut. Der Mischanbau mit Hafer im Projekt Cropdiva zeigt hier einen vielversprechenden Ansatz. Die besonders alkaloidarme Sorte Jowisz/Jupiter bildet im Gemenge mit einer niedrigwüchsigen Hafersorte überzeugende unkrautfreie Bestände. Ein Schlüssel zum Erfolg war die frühe Aussaat Mitte März. Agroscope-Doktorand Yannik Schlup, der den Versuch betreut, empfiehlt sogar, die Schmalblättrige Lupine bei günstigen Bedingungen bereits im Februar auszusäen.
Den kulinarischen Abschluss des Tages bildete die Verkostung des traditionell aus Kichererbsen hergestellten italienischen Fladens «Farinata» in drei Varianten: aus Kichererbsen, Erbsen und Platterbsen aus dem Projekt Projekt Divinfood. Lupinen gab es als Snack in Form ganzer Bohnen, als Cracker und als Brotaufstrich zu probieren.
Corinne Obrist, FiBL
Weiterführende Informationen
Körnerleguminosen (Rubrik Ackerbau)
Projekt Integral (Webseite gzpk)
Projekt Cropdiva (Projektwebseite)
Projekt Legendary (Projektwebseite)
Projekt LupiSweet (fibl.org)
Projekt Lupinno Suisse (fibl.org)
Tool SeedLinked (Projektwebseite)
Projekt Divinfood (Projektwebseite)