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«Alle Küken leben» – ein ethischer Fortschritt mit Konsequenzen

Meldung  | 

Ab 2026 müssen alle männlichen Bioküken aus der Eierproduktion aufgezogen werden. Das hat Konsequenzen: Die Eier werden um einige Rappen teurer, es gibt sie nur noch in braun und beige und der Preis für die Junghennen verdoppelt sich praktisch.

Christoph Fuchs aus Schwarzenberg vor einem seiner selber entwickelten 500-er-Ställen. Er hält insgesamt 2000 Bruderhähne. Foto: Adrian Krebs

Markus Schütz aus dem aargauischen Strengelbach hat ein eigenes Label namens Güggelglück kreiert. Foto: Adrian Krebs

Vakuumverpackte Bruderhähne im Hofladen von Familie Schütz. Sie sind zwar etwas magerer als nomale Poulets, das Fleisch ist aber sehr schmackhaft. Foto: Adrian Krebs

«Vor zweieinhalb Jahren hat sich Bio Suisse auf eine Reise begeben», sagt Adrian Schlageter mit Blick auf eine Herde von 500 Bruderhähnen. Die Labelorganisation hat kürzlich zu einer Medienfahrt eingeladen, bei der die Fortschritte von «Alle Küken leben» praxisnah dokumentiert wurden.

«Hahn wie Henne» für die Vermarktung

«Alle Küken leben» steht programmatisch für die Anstrengungen von Bio Suisse und ihre rund 2000 Legehennenhalter*innen, aus dem Kükentöten auszusteigen. Für die Vermarktung der Produkte setzt die Kommunikation auf das Motto «Hahn wie Henne».

2021 hatte die Bio Suisse-Delegiertenversammlung beschlossen, per 2026 aus dem Kükentöten auszusteigen. Eine Absage wurde seinerzeit auch der Geschlechtserkennung im Ei erteilt. Das heisst, dass ab 2026 alle männlichen Küken aus den Legelinien – sogenannte Bruderhähne – aufgezogen werden müssen.

Zweinutzungshennen mit einem Drittel weniger Eier

Eine Alternative bietet der Einsatz von Zweinutzungsrassen. Diese bringen etwas bessere Tageszuwachse in der Mast der männlichen Tiere, gleichzeitig ist aber auch die Legeleistung deutlich tiefer. Gemeinhin geht man von rund 230 Eiern jährlich aus, bei Legehybriden sind es deren 320. Die Einbusse beträgt also knapp ein Drittel.

Deshalb dürften die meisten Betriebe eher auf Hähne aus Legehennenlinien setzen. Bei Bio Suisse geht man ab 2026 von gegen 600'000 Bruderhähnen aus, davon rund zehn Prozent aus Zweinutzungsrassen. Dazu kommen rund zwei Millionen klassische Biopoulets jährlich.

Vier selbst konstruierte Pavillonställe

Auf dem Betrieb von Christoph Fuchs in Schwarzenberg werden 2000 dieser Tiere aufgezogen. Diese hält der HAFL-Agronom in vier selbst konstruierten Pavillonställen à 500 Tiere. Die Aufzuchtdauer beträgt 60 Tage, sechs Umtriebe seien somit gut möglich, sagt Christoph Fuchs.

Die grosse Herausforderung sieht er in der Saisonalität der Eierproduktion. Die Tiere fallen nicht kontinuierlich an, weil die Eier-Nachfrage starken Schwankungen unterworfen ist. Höhepunkte sind dabei jeweils Ostern und Weihnachten.

Gewöhnungsbedürftige Bruderhähne

Derzeit beträgt die Quote der aufgezogenen Bruderhähne rund 50 Prozent des geborenen Bestandes. Wenn ab 2026 100 Prozent aufgezogen werden, braucht es einen Ausgleich dieser Saisonalität oder eine Stallkapazität die über den grössten Teil des Jahres nicht komplett ausgelastet ist.

Die Bruderhähne sind auch für die Konsument*innen gewöhnungsbedürftig. Sie sind deutlich weniger fleischig als das klassische Poulet. Ihre Brüstli und Schenkeli sind nicht nur kleiner, sondern auch dünner und das ganze Poulet sieht vakuumiert ziemlich mager aus. Das Fleisch ist allerdings sehr schmackhaft und hat etwas mehr Biss, als dasjenige des ultraschnell gewachsenen Standardpoulets.   

«Güggelglück»: Bauernfamilie kreiert eigenes Label

Das zeigt sich beim gut mundenden Mittagessen auf dem Betrieb von Barbara und Markus Schütz in Strengelbach. Sie vermarkten in ihrem attraktiven Hofladen einen Grossteil des Fleisches ihrer je 2000 Legehennen und Bruderhähne.

Um den Absatz anzukurbeln unternehmen sie einige Anstrengungen. Sie haben mit Güggelglück.ch («Bio-Bruder») ein eigenes Label kreiert und am vergangenen Samstag stieg auf dem Hof das Güggeli-Fest mit reichhaltiger Bewirtung und Attraktionen wie Pony-Reiten.

«Alle in der Eierbranche ausserhalb der Komfortzone»

Die Vermarktung der neuartigen Poulets ist nur eine von zahlreichen Herausforderungen im Markt. «Wegen dem Ausstieg aus dem Kükentöten sind alle in der Eierbranche ausserhalb der Komfortzone», sagte Katia Schweizer, Produktmanagerin Eier und Geflügel bei Bio Suisse. Sie zählte einige davon auf:

Die Weisslegerinnen verschwinden aus den Bioställen, weil sie am stärksten auf Legeleistung getrimmt sind. Das heisst, es gibt künftig nur noch beige und braune Bioeier, einmal abgesehen von einigen kleineren Produzenten mit weisslegenden Rassen. «Auch braunschalige Eier kann man schön färben», sagte Markus Schütz am Medienausflug. Das müsse den Konsument*innen erklärt werden.

Die Junghennen werden teurer. Ihr Preis wird sich in etwa um 2/3 erhöhen, das heisst auf etwa 40 Franken pro Stück. Mit diesen zusätzlichen Mitteln werden laut Katia Schweizer die Bruderhahn-Aufzüchter*innen unterstützt. Wenn Betriebe also sowohl Legehennen wie ihre Brüder halten, ergibt sich ein Nullsummenspiel. Um die Kostensteigerung zu dämpfen werden die Hennen in einigen Bio-Ställen bereits heute länger gehalten. Durch die längere Legeperiode können die Tierkosten über eine längere Zeit amortisiert werden. Dieser sogenannte verlängerte Umtrieb werde künftig wohl noch auf mehr Betrieben umgesetzt, so die Bio Suisse-Produktmanagerin.

Aufgrund der Erhöhung der Produktionskosten erhöht sich auch der Eierpreis. Katia Schweizer geht von einer Erhöhung im mittleren einstelligen Rappenbereich aus. Der Detailhandel werde die Preise schrittweise erhöhen, so Katia Schweizer.    

Ab 2026 ein «ethisch korrekt produziertes Ei»

Es gibt also viel zu tun. «Was ist der Nutzen dieses Riesenefforts», fragte Katia Schweizer rhetorisch. Ihre Antwort: «Wir haben ab 2026 ein ethisch korrekt produziertes Ei». Es sei immer ein Abwägen, sagte Produzent Christoph Fuchs, der Bruderhahn habe eine deutlich schlechtere Futtereffizienz, dafür erfülle man die ethischen Erwartungen. «Das ist ein klassischer Zielkonflikt, dessen sich die Delegierten von Bio Suisse bei ihrem Entscheid Ende 2021 bewusst waren», so Adrian Schlageter von Bio Suisse.

Ebenfalls 2026 wollen die konventionellen Eierproduzenten aus dem Kükentöten ausgestiegen sein. Ihre Methode: Geschlechtsbestimmung im Ei. Die in-ovo-Geschlechtsbestimmung war auch bei Bio Suisse ein lang und heiss diskutiertes Thema. Für die Delegierten passte aber der eingeschlagene Weg besser zu Bio und zum Prinzip der geschlossenen Kreisläufe. «Der Ethik wurde gegenüber der Effizienz Vorrang gegeben», sagte Adrian Schlageter.

Adrian Krebs, FiBL

Weiterführende Informationen

Alle Küken leben (Rubrik Tierhaltung)

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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