Eine nachhaltige Transformation des Ernährungssystems ist möglich
Ein wissenschaftliches Expertengremium und ein Rat aus Bürgerinnen und Bürgern entwickelten Empfehlungen zur Gestaltung einer zukunftsweisenden Ernährungspolitik für die Schweiz. Sie kommen zum gleichen Schluss: Die Transformation ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die alle Akteure in die Pflicht genommen werden müssen. Nun ist die Politik gefragt.
Es bewegt sich doch noch etwas in der Schweizer Agrar- und Ernährungspolitik. Nach polarisierenden, aber erfolglosen Volksabstimmungen und der Blockade einer Neuausrichtung der Agrarpolitik im Parlament zeichnete sich am ersten Schweizer Ernährungssystemgipfel am 2. Februar 2023 ein Paradigmenwechsel ab. Fast 300 Vertreterinnen und Vertreter von Produktion bis Handel und Konsum, sowie aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung diskutierten Vorschläge, wie eine Ernährungspolitik sinnvoll gestaltet werden kann. Das Fazit des Gipfels: Eine Win-Win-Transformation des Ernährungssystems, die Umwelt, Produzierenden und Bevölkerung gleichermassen dient, ist möglich. Damit sie auch tatsächlich stattfindet, braucht es zeitnah konkrete Massnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Wissenschaft und Bevölkerung kommen zu ähnlichen Schlüssen
Organisiert wurde die Veranstaltung durch ein Konsortium aus der Stiftung Biovision, dem Netzwerk SDSN Schweiz und dem Verein Landwirtschaft mit Zukunft, mit Unterstützung durch drei Bundesämter und fünf Förderstiftungen. Als Vorbereitung für den Gipfel entwickelten ein wissenschaftliches Expertengremium und ein Rat aus Bürgerinnen und Bürgern unabhängig voneinander umfangreiche Empfehlungen zur Ausgestaltung einer nachhaltigen Ernährungspolitik. Das Expertengremium analysierte, wo der grösste Handlungsbedarf besteht und wie die Hebel angesetzt werden müssen, um gesellschaftliche Ziele zu erreichen. Die Empfehlungen des Bürger:innenrates hingegen zeigen auf, was in einer informierten Bevölkerung mehrheitsfähig ist.
Erstaunlicherweise kamen beide Prozesse zu ähnlichen Schlussfolgerungen. Beide Gremien empfehlen etwa, die Umstellung auf eine nachhaltige Produktion gezielt zu unterstützen und gleichzeitig Anreize für einen nachhaltigen Konsum zu schaffen. Zudem muss der Wandel sozial gerecht gestaltet werden, um ausreichende Einkommen in der Land- und Ernährungswirtschaft sicherzustellen und der gesamten Bevölkerung Zugang zu nachhaltig produzierten, gesunden Lebensmitteln zu ermöglichen. Nachhaltigkeit darf nicht mehr als Luxusgut positioniert werden, für welches zahlen soll, wer es sich leisten will und kann.
Jetzt ist die Politik gefragt
Hierfür muss die Politik die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, und zwar nicht nur auf Seite der Landwirtschaft. Der zuständige Bundesrat Guy Parmelin betonte in seiner Begrüssungsrede, dass sich die Empfehlungen vom Rat aus Bürgerinnen und Bürgern und vom Expertenpanel mit der zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik decken. Das ist erfreulich. Allerdings setzt der Bundesrat einen Zielhorizont von 2050. Statt die Transformation des Ernährungssystems auf die lange Bank zu schieben, gilt es jetzt, die vorliegenden Empfehlungen in den politischen Prozess aufzunehmen und mit den Akteuren entlang der Wertschöpfungskette eine zeitnahe Umsetzung auszuhandeln.
Frank Eyhorn, Geschäftsführer Biovision – Stiftung für nachhaltige Entwicklung
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Letzte Aktualisierung dieser Seite: 16.02.2023