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Biokartoffeln unter Wetterdruck: Mit robusten Sorten zum Erfolg

Meldung  | 

Die diesjährige Kartoffelsaison war schwierig. Die Prognosen sagen, dass es dieses Jahr 50 Prozent weniger Bio-Kartoffelertrag geben wird. Der anhaltende Regen im Frühjahr begünstigte die Verbreitung von Pilzkrankheiten wie der Kraut- und Knollenfäule. Vor allem robuste Sorten erwiesen sich im Biolandbau als essenziell für eine erfolgreiche Kartoffelernte.

Gruppenbild im Sortenversuch: Hans-Jakob Schärer vom FiBL, Andreas Bisig von Bio Suisse, Andreas Rüsch von Rathgeb Bio und Tobias Gelencsér vom FiBL. Foto: Saskia Minneboo, FiBL

Der Andelfinger Landwirt Heinz Höneisen von Thurlandbio präsentierte die beiden Sorten Queen Anne und Vitabella im Vergleich. Foto: Saskia Minneboo, FiBL

Deutliche Unterschiede in einem schwierigen Jahr: Die Sorten Vitabella und Queen Anne im Vergleich. Gegraben wurden je drei Stauden. Foto: Saskia Minneboo, FiBL

An einem Medienanlass des FiBL hatten die Journalist*innen nicht nur die Gelegenheit, die Herausforderungen im Bio-Kartoffelanbau zu verstehen, sondern auch die innovativen Lösungsansätze der On-Farm-Forschung kennenzulernen – eine Zusammenarbeit zwischen dem FiBL und experimentierfreudigen Landwirt*innen.

Schmerzlicher Kartoffelverlust

Der erfahrene Bio-Kartoffelbauer Heinz Höneisen von Thurlandbio in Andelfingen empfindet es als schmerzlich – auch finanziell –, seine Kartoffelkulturen schutzlos der Kraut- und Knollenfäule ausgeliefert zu sehen. Die Pflanzen bedeuten ihm viel, es steckt jede Menge Herzblut in seiner Arbeit. Trotz des schlechten Kartoffeljahres stehen auf seinen Feldern gesunde Pflanzen. Er weiss, dass alte Sorten den Pilzkrankheiten oft nicht standhalten.

Deshalb sucht der Produzent aus dem Zürcher Weinland jedes Jahr nach neuen, robusteren Züchtungen. «Man kann beim Anbau alles richtig machen, aber wenn die Sorte nicht stimmt, war alles umsonst», erklärt Höneisen. Eindrucksvoll präsentiert er den Ertrags-Unterschied zwischen der krautfäulenanfälligen Sorte «Queen Anne» und der robusten Sorte «Vitabella», welche dieses Jahr mit vergleichsweise grossen Knollen etwa 60% mehr Ertrag einbringen wird.

Kartoffel ist nicht gleich Kartoffel

Auf den Feldern des Familienunternehmens Rathgeb Bio in Unterstammheim werden jedes Jahr zwischen 20 und 30 verschiedene Kartoffelsorten angebaut. Die Anforderungen der unterschiedlichen Marktsegmente an die Kartoffeln sind vielfältig. Kartoffeln für den Frischkonsum werden in festkochend (grüne Verpackung), vorwiegend festkochend (rote Verpackung) und mehligkochend (blaue Verpackung) unterteilt. Zusätzlich gibt es spezielle Sorten für Raclette (braune Verpackung) und Patatli (kleine Kartoffeln, meist in Schalen).

Für die Pommes-Frites-Produktion werden hellgelbe grosse Knollen benötigt, die beim Frittieren keine Braunverfärbung zeigen, zudem müssen sie einen Mindest-Stärkegehalt aufweisen. Auch die Produzent*innen selbst stellen Ansprüche: Sie benötigen robuste Sorten mit einer guten Lagerfähigkeit.

Wer verschiedene Sorten anbaut, minimiert das Risiko eines Totalausfalles. «Die eierlegende Wollmilchsau wird es unter der Kartoffel nie geben», gibt Andreas Rüsch, Leiter Anbau von Rathgeb Bio, zu bedenken. Er wünscht sich von der Branche mehr Flexibilität bezüglich Form und Farbe der Knollen. Jedes Jahr führt er in Zusammenarbeit mit dem FiBL und der Agroscope Sortenversuche durch. Rund 50 Sorten werden auf Kleinparzellen getestet, daneben weitere in grossflächigen Sortenversuchen. Aufgrund der hohen Ansprüche an die Kartoffelsorten, werden nur wenige weitergeführt.

On-Farm-Forschung und Pflanzenschutz

Um Wissenschaft vom Papier aufs Feld zu bringen, testet das FiBL seit mehr als 40 Jahren, in enger Zusammenarbeit mit experimentierfreudigen Landwirt*innen, neue Anbaumethoden – zum Beispiel im Kartoffelanbau. Neben Praktiken zur Biodiversitätsförderung, wird generell die Kupferreduktion angestrebt.

Kupfer ist bislang der einzige zugelassene Wirkstoff im Biolandbau zur Bekämpfung von Phytophtera infestans, der Erreger der Kraut- und Knollenfäule. Da Kupfer keine Resistenz aufbaut, wird es auch häufig in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt. Als Kontaktfungizid verliert es jedoch seine Wirkung, sobald es vom Regen abgewaschen wird – ein Problem in niederschlagsreichen Jahren wie diesem. Um erneute Wirkung zu erzielen, muss nachgespritzt werden. Das Schwermetall Kupfer kann sich im Boden anreichern, es ist also keine langfristige Lösung.

Kupferalternativen im Biolandbau

Eine vielversprechende Alternative ist der sogenannte Streifenanbau. Dabei werden Kartoffeln zusammen mit anderen Kulturen wie Karotten, Randen oder Hafer in breiten Streifen angebaut, was wie eine Barriere wirkt und deshalb die Ausbreitung des Pilzes eindämmen kann. Diese Methode fördert nicht nur die Biodiversität, sondern verschönert auch das Landschaftsbild – und wird dank GPS-gesteuerter Traktoren immer leichter umsetzbar, erklärte Tobias Gelencsér, Co-Leiter der Gruppe Anbautechnik Ackerbau am FiBL.

Darüber hinaus warte ein vielversprechender Resistenzinduktor, der die Immunabwehr der Pflanzen stärkt, auf seine Zulassung durch den Bund, fuhr Gelencsér fort. Die wichtigste Massnahme zur Reduktion des Kupfereinsatzes bleibt jedoch die Wahl robuster Sorten. Dies erfordert eine gründliche Analyse der gesamten Wertschöpfungskette, insbesondere des Absatzmarktes. Von der Kreuzung einer neuen Kartoffelsorte bis zur Vermarktung, können 10 bis 20 Jahre vergehen.  

Im Biolandbau wird generell ein ganzheitlicher Pflanzenschutz verfolgt: Eine Kombination aus präventiven Massnahmen wie der Förderung von Biodiversität, einer konsequenten Feldhygiene und dem gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, erklärt Hans-Jakob Schärer, Co-Leiter des Departements Nutzpflanzenwissenschaften und Phytopathologe am FiBL.

Wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt

Laut Prognosen von Bio-Suisse müssen dieses Jahr Knospen-Kartoffeln aus dem Ausland importiert werden. Dies werde nur genehmigt, falls die Nachfrage das Angebot übersteige, erläuterte Andreas Bisig, Abteilungsleiter Märkte von Bio-Suisse. Allerdings hatten die Nachbarsländer mit denselben schlechten Bedingungen zu kämpfen.

In der Schweiz wird jeder vierte Franken des Kartoffelumsatzes für Bio-Kartoffeln ausgegeben, die Anbauflächen konnten in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert werden.  Dieses Jahr wird die Ernte aber laut aktuellen Berechnungen 50 Prozent kleiner ausfallen. Auch der hohe Richtpreis von Fr. 104.15 / 100kg kann die Schweizer Bio-Kartoffelproduzenten nicht entschädigen. Mittlerweilen sind zehn robuste Sorten in der Schweiz für den Anbau zugelassen. Es fehlt aber noch an ausreichend Pflanzgut und Absatzkanälen.

Saskia Minneboo, FiBL

Weiterführende Informationen

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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