Aktuelle Forschungsprojekte
Barbara Früh, Spezialistin für Bioschweinehaltung am FiBL, gab gemeinsam mit Mirjam Holinger und Anna Jenni aus dem Departement Nutztierwissenschaften einen Überblick über die laufenden und geplanten Forschungsprojekte am FiBL. Dabei spielen unter anderem der Einsatz von Stroh oder Kompost als Wühlmaterial, die Hoftötung, alternative Schweinerassen und der Zusammenhang zwischen Tierwohl und Resilienz eine wichtige Rolle. Es geht aber nicht nur um reine Forschungsarbeit, sondern auch um den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Forschung und Praxis, wie zum Beispiel in dem Projekt «Netzwerk Freilandhaltung».
Anstehende Regeländerungen
Der Preis für Bioschweine bewege sich unabhängig vom übrigen Schweinemarkt, steige seit 2020 leicht an und könne sich seit 2021 auf dem Niveau halten, informierte Jasmin Huser, Produktmanagerin Fleisch bei Bio Suisse. Die Nachfrage nach Bio-Schweinefleisch konnte 2021 nicht komplett gedeckt werden, folglich können in 2022 freie Stallplätze besetzt werden. Richtlinienänderungen für die Bioproduktion sind bereits beschlossen oder noch im Gespräch. Seit diesem Jahr gilt bereits die Pflicht zur hundertprozentigen Fütterung in Bioqualität für Biomastschweine. Ab 2023 müssen Scheuermöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Ein verbindliches Wühlareal sei derzeit noch in der Diskussion, ebenso wie die Weidepflicht für Galtsauen. In Verbindung mit ersten Fällen der Afrikanischen Schweinepest in Italien wurde diese von den Teilnehmenden kritisch hinterfragt. Es gäbe aber auch für den Schutz der Hausschweine im Freiland gute Handlungsempfehlungen, informierte Barbara Früh.
Verlängerte Säugezeit
Interessante Ergebnisse lieferte ein österreichisches Projekt zur verlängerten Säugezeit bei Ferkeln, das im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft gefördert wurde. Werner Hagmüller, Tierarzt an der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein (HBLFA), berichtete darüber. Eine verlängerte Säugezeit von bis zu 60 Tagen anstelle der vorgeschriebenen 40 Tage habe nachweislich positive Auswirkungen auf die Tiergesundheit. So führe dies zu weniger Durchfall, weniger Ausfällen und einem höheren Absatzgewicht der Ferkel, so Hagmüller.
Vor allem bei der Haltung der Muttersauen und Ferkel in Gruppensäugebuchten seien die positiven Effekte deutlich gewesen. Diese Haltungsform komme den sozialen Tieren sehr entgegen und stärke die Futteraufnahme. «Das gemeinsame Fressen ist auch für die Schweine ein soziales Event», begründet Hagmüller die positive Wirkung.
Betriebswirtschaftlich lohnend ist die verlängerte Säugezeit nur unter bestimmten Voraussetzungen: wenn dadurch Verluste ausgeglichen werden könnten, deutlich weniger Aufzuchtfutter gebraucht würde oder das Absetzgewicht entsprechend hoch sei. Trotz der begrenzten finanziellen Vorteile gaben die am Projekt beteiligten Landwirtinnen und Landwirte eine positive Rückmeldung. Sie fühlten sich mit diesem stabilen Haltungssystem zufriedener und weniger gestresst. Die verlängerte Säugezeit liesse sich zudem ohne grössere Umbauten einfach ausprobieren, bewarb Hagmüller das System.
Parasiten vorbeugen
Für ein gestärktes Wohlbefinden der Tiere und die damit verbundene krankheitsvorbeugende Wirkung sprach sich auch Christine Leeb aus. Die Tierärztin der BOKU Wien informierte zu Prävention und Behandlung von Schweineparasiten. Viele Parasiten seien vor allem für geschwächte Tiere problematisch, informierte Leeb. Deshalb könnten Massnahmen zur Stärkung des Tierwohls auch eine sehr gute präventive Wirkung gegen Parasiten zeigen.
Besonders effektiv sei ausserdem ein hoher Hygienestandard im Stall. Bereits mit einer mechanischen Reinigung könne ein Grossteil der Parasiten entfernt werden. Leeb erinnerte daran, auch die Sau selbst zu waschen, bevor sie in die gesäuberte Abferkelbucht gebracht würde.
Bei der Freilandhaltung sei die Situation etwas schwieriger, weil zum Beispiel die Eier der Spulwürmer auf der Weide bis zu fünf Jahre lang infektiös bleiben könnten. Leeb empfahl daher möglichst lange Weidepausen einzuhalten, im Minimum fünf Jahre. Kotproben könnten helfen, auch im Freiland einen Wurmbefall frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Auswahl der Zuchteber
Henning Luther, Zuchtleiter bei dem Unternehmen Suisag, hob die Bedeutung von ausgewählten Zuchtebern für die Betriebsergebnisse hervor. Die Suisag halte und prüfe Eber für den Verkauf von Sperma. Bei den sogenannten TOP Künstliche Besamung (KB) Ebern handele es sich um Eber, von denen bereits Daten von geschlachteten Mastschweinen vorlägen und ausgewertet wurden. Luther betonte die grossen Unterschiede sowohl zwischen den Rassen aber auch zwischen einzelnen KB-Ebern. Dies wirke sich zum Beispiel in der täglichen Zunahme oder im Futterverzehr aus. So könnten laut Luther die Mehrkosten für endproduktgeprüftes Sperma durch die besseren Leistungen der damit erzeugten Mastschweine mehr als ausgeglichen werden.
Anschliessend an seinen Vortrag führten FiBL und Suiag eine Meinungsumfrage unter den Teilnehmenden durch. Es ging um Fragen zu einem geplanten Bioindex für Endstufeneber, also für die Väter der Mastschweine. Die Umfrage zeigte Interesse für einen solchen Index. Knapp die Hälfte der Befragten gaben an, dass ihnen die Rasse bei der Auswahl der KB Eber sehr wichtig sei, nur 19 Prozent der Teilnehmenden war die Rasse egal. Bei den Kriterien, die in einen Bioindex einfliessen sollten, gab es sehr diverse Angaben: so wurden neben dem Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, Futterverzehr, E-Coli Resistenzen und Zunahmen auch die Fleischqualität, Exterieur und Fleischigkeit als wichtige Kriterien genannt. Für die Festlegung der genauen Kriterien eines Bioindex würde eine Begleitgruppe eingerichtet werden, schloss Luther das Thema ab.
Praxisnahe Informationen
Die Tagung war gefüllt mit praxisnahen Informationen zu verschiedenen Themen. Die Referentinnen und Referenten lieferten mit konkreten Zahlen und Fakten auch Anhaltspunkte für mögliche betriebliche Entscheidungen. Auch im Anschluss an die Tagung wurde bei einem Austausch der Interessengemeinschaft Bioschweine Schweiz (IG BSS) noch rege über die angesprochenen Themen diskutiert.
Simona Moosmann, FiBL