Lange her sind die heftigen Debatten zur Trinkwasser- und zur Pestizidinitiative. Die Initiativen fanden keine Unterstützung bei der Stimmbevölkerung, auch weil das Parlament bereits 2021 ein Massnahmenpaket zur Reduktion und Überwachung von Nährstofflieferungen und Anwendungsdaten von Pflanzenschutzmitteln verabschiedet hatte.
Gegenwind auch im Parlament
Mit Digiflux existiert ein Meldesystem, in dem Daten erfasst werden können wer wie viel Pflanzenschutzmittel und Nährstoffe (Dünger, Futtermittel) verkauft und einsetzt. Transparenz entsteht so über alle Sektoren, in denen Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Das Tool anwenden müssen im Übrigen nicht nur Bäuerinnen und Bauern, sondern auch andere berufliche Anwender von Pflanzenschutzmitteln, darunter Gemeinden, Golfplätze oder Gartenbauunternehmen und der Handel.
Aber das ist nun in Frage gestellt: Eine Allianz aus Produzenten von Vorleistungen wie Futter- und Pflanzenschutzmitteln sowie Lohnunternehmen findet, es gebe «nichts zu melden». Diese Allianz stemmt sich mit aller Kraft, Inseraten und einer Webseite erfolgreich gegen die Einführung von Digiflux. In der Herbstsession Mitte September wurde im Nationalrat eine entsprechende Motion von Nicolas Kolly, die Landwirtschaft und den Handel von der Meldepflicht zu befreien, bereits angenommen. Die Diskussion im Ständerat steht diese Woche an.
Parmelin: «Ein Verstoss gegen Treu und Glauben»
Sogar Bundesrat und Landwirtschaftsminister Parmelin fand in der Diskussion der Motion Kolly im Nationalrat, dass die Abschaffung von Digiflux «ein Verstoss gegen Treu und Glauben» gegenüber der Stimmbevölkerung sei. Im Vertrauen auf diese neuen Vorschriften hätten Volk und Stände die Trinkwasser-Initiative und die Initiative für ein Verbot von synthetischen Pestiziden an der Urne abgelehnt. Mit Digiflux solle der Aufwand für das Melden möglichst klein gehalten werden, betonte der Bundesrat.
Anders als in den anderen Branchen müssen in der Landwirtschaft die Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln ohnehin bereits dokumentiert werden, wenn auch nicht digital. Dass Digiflux nun ausgerechnet hier mit dem Argument bekämpft wird, es bringe zu viel Zusatzaufwand, irritiert.
Reduzieren ohne Verbote
Wird die Einführung von Digiflux im Ständerat tatsächlich gestoppt, ist das vor allem eine verpasste Chance. Digiflux würde es ermöglichen, anhand von Daten zielgerichtete Massnahmen zu finden, um Umwelteinträge von Pflanzenschutzmitteln ohne Verbote zu reduzieren. Gleichzeitig liesse sich damit die administrative Vereinfachung und Digitalisierung in der Landwirtschaft vorantreiben. Aber vor allem würde es den Vorwürfen gegen Bauern und Bäuerinnen – und dem Generalverdacht, unter welchen viele gestellt werden – endlich Daten gegenüberstellen. Und dafür würde es sich lohnen – denn Transparenz schafft eben auch Vertrauen.
Bernadette Oehen, Co Leiterin des Departements für Bildung, Beratung & Kommunikation am FiBL
Weiterführende Informationen
Weitere Informationen zu Digiflux (www.digiflux.info)