Unkrautregulierung im Herbst: «Nöd lugg loo gwönnt!»
«Nöd lugg loo gwönnt!» pflegte Kurt Furgler, der mittlerweile verstorbene Altbundesrat und Handballtrainer bei passender Gelegenheit zu sagen. Die Lösung gilt ganz sicher auch für die Unkrautbekämpfung.
Lohnt sich Hacken und Jäten jetzt noch?
Nun ist der allergrösste Teil des Gemüses gepflanzt und gesät und die meisten Kulturen sind in einem Stadium, in dem sie von den Unkräutern nicht mehr konkurrenziert werden. Das bedeutet, dass der Zeitraum, in dem das Unkraut der Kultur einen wirtschaftlich relevanten Schaden zufügen könnte, überstanden ist. Dieser Zeitraum ist bei jedem Gemüse anders. Bei sehr konkurrenzschwachen Arten ist er länger als bei konkurrenzstarken Arten. Wenn alle Unkräuter ohne Mehraufwand bei starkem Unkrautdruck entfernt werden könnten, wäre es jetzt tatsächlich möglich, die Hände in den Schoss zu legen, beziehungsweise eine andere Arbeit anzugehen. Da bekanntlich der ideale, selbständig arbeitende und günstige Roboter für das Hacken und Jäten noch fehlt, gilt es, die Samenbildung und die Vermehrung durch Ausläufer zu verhindern.
Wenn’s blüht, ist es schon zu spät
Keimfähige Samen werden früher gebildet als gemeinhin angenommen. Josef Schlaghecken, der langjährige Berater in Rheinland-Pfalz hat das einmal genau untersucht. Bei Franzosenkraut und Kreuzkraut konnte er bereits in Blütenständen die erste Farbe zeigen keimfähiges Saatgut finden! Bei Hirtentäschchen hingegen brauchte es ausgebildete Schoten. Das heisst, das Unkraut muss aus dem Boden bevor es blüht! Selbstverständlich geht es auch deutlich früher, nämlich am einfachsten im Keimblatt- bis etwa im 4-Blattstadium. Dabei ist zu beachten, dass die berühmte 20 / 80 Prozent-Regel (mit 20 Prozent des Aufwandes 80 Prozent des Ergebnisses erzielen) bei der Verhinderung der Samenbildung nicht gilt. J. Schlaghecken hat die Problematik der Restverunkrautung bei einer Kamillenart untersucht: Auf einem Quadratmeter hat er 150 Kamillen gefunden, die je 200 Blüten aufwiesen und zirka 30‘000 Samen bilden können. Eine einzelne Kamille pro Quadratmeter, die also mehr Platz zur Verfügung hat, kann aber genau so viel Samen bilden. Daher muss auch die letzte Pflanze weg. Aber damit nicht genug: das Unkraut muss in diesem Stadium aus dem Bestand getragen werden, da im Schatten der Kultur und mit den zunehmenden kürzeren Tagen eine Nachreifung der Samen möglich ist. Bei Kulturende muss der Bestand sofort präzise geschlegelt oder gar oberflächig eingefräst werden, um beim Unkraut die Samenbildung zu verhindern.
Viel Aufwand - und der Ertrag?
Leider ist der Ertrag erst mittelfristig sichtbar! Unkrautsamen können mehrere Jahre im Boden überdauern, daher ist der Erfolg einer gewissenhaften Unkrautbekämpfung nicht sofort sichtbar. Anderseits zahlt sich «Schlendrian» sofort in Mehrarbeit aus. Daher: «Nöd lugg loo gwönnt!» auf längere Sicht! MK
Weiterührende Informationen
Unkrautregulierung im Biogemüsebau (weitere Beiträge in dieser Rubrik)
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 22.09.2015