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Biodiversität: Es weht ein eisiger Wind aus dem neuen Parlament

Meldung  | 

Die erste Sessionswoche brachte gleich zwei Rückschläge für die Befürworter einer intensivierten Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft: Das Obligatorium für 3,5% BFF im Acker wurde um ein Jahr vertagt und zur Biodiversitäts-Initiative gibt’s definitiv keinen Gegenvorschlag.

Die 3,5% Biodiversitätsförderflächen im Ackerbau werden erst 2025 obligatorisch. Foto: Archiv

Seit dem letzten Montag, 4. Dezember ist das neu gewählte Bundesparlament erstmals im Einsatz. Gleich in der ersten Woche in neuer Zusammensetzung debattierten die Räte zweimal zum Thema Biodiversität. Beide Ausmarchungen dürften vielerorts in der Bioszene wenig Freude ausgelöst haben.

Bio Suisse-Forderung wird als Grund herangezogen

Am Montag hat der Nationalrat eine Motion befürwortet, die auch der Ständerat im September bereits klar gutgeheissen hatte. Mit 119 zu 68 Stimmen sagte die grosse Kammer Ja zu einer Motion der St. Galler SVP-Ständerätin Esther Friedli.

Diese fordert eine «Verschiebung der Einführung der Anforderung von 3,5 Prozent Biodiversitätsförderflächen (BFF) im Ackerbau um ein Jahr», wie der Titel der Motion lautet. Sie sieht vor, das Obligatorium erst per Januar 2025 im Ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) zu verankern.

Die Mehrheit kam unter Regie des Schweizer Bauernverbands (SBV) und der grossen Mehrheit der bäuerlichen Parlamentarierinnen und Parlamentarier zustande. Interessanterweise begründete der SBV die Unterstützung für die Verschiebung nicht zuletzt mit einem Antrag von Bio Suisse im bäuerlichen Parlament, der Landwirtschaftskammer (Laka), wie Präsident Markus Ritter vergangene Woche gegenüber Radio SRF bekräftigte.

Landwirtschaftskammer unterstützt Forderung

Im April 2023 hatte Bio Suisse-Präsident Urs Brändli in der Laka tatsächlich einen Antrag gestellt, die 3,5%-Regelung um ein Jahr zu vertagen. Man habe erkannt, dass die rasche Umsetzung auch kontraproduktive Auswirkungen haben könnte, indem Bauern bestehende wertvolle BFF unter den Pflug nehmen könnten, da diese bei den 3,5% nicht angerechnet werden. Das ist denn auch tatsächlich auf diversen Betrieben passiert.

Mit seiner Forderung rannte Brändli seinerzeit im SBV-Parlament offene Türen ein. Dieses unterstützte sie klar. Von einer Verschiebung wollte der Bund allerdings nichts wissen. Deshalb rückte die Bio Suisse später von ihrem Antrag ab.

Direktzahlungen gibt’s bereits 2024

In einem kürzlich publizierten Meinungsbeitrag in der «BauernZeitung» hatte Urs Brändli gemeinsam mit IP-Suisse-Präsident Res Stalder erklärt, es sei nun zu spät für eine Vertagung. Die Mehrzahl der Betriebe habe bereits Acker-BFF ausgesät und man könne nicht während dem Spiel die Regeln ändern. Diese Argumentation verfing beim Parlament aber nicht.

Für diejenigen Landwirtinnen und Landwirte, die bereits ausgesät haben, ist die geleistete Arbeit allerdings nicht vergebene Liebesmüh. Sie erhalten bereits im kommenden Jahr die Direktzahlungen für die BFF-Flächen, es besteht einfach noch kein Obligatorium.

Geringe Chancen für die Initiative

Die zweite Hiobsbotschaft für die Anhänger der Biodiversitäts-Offensive folgte am Donnerstag. Der Ständerat lehnte einen indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitäts-Initiative auch im zweiten Anlauf ab. Das Verdikt erfolgte mit 25 zu 18 Stimmen. Damit kommt die Initiative im kommenden Jahr, vermutlich am 9. Juni, zur Abstimmung.

Die Chancen auf eine Zustimmung dürften wie üblich bei Volksbegehren relativ bescheiden sein. Vom indirekten Gegenvorschlag, der eine verschlankte Variante der Initiative gesetzlich hätte verankern wollen, hatten sich die Befürworter Hoffnung auf einen Teilerfolg in Sachen mehr Biodiversität versprochen.

SBV zufrieden, Kleinbauern sehen verpasste Chance

Die Reaktionen waren erwartungsgemäss sehr unterschiedlich. In einer Medienmitteilung zeigte sich der SBV zufrieden mit dem Verdikt. Es bestehe kein zusätzlicher Regulierungsbedarf. Eine aktuelle Rechtsgrundlage für die Förderung der Biodiversität gebe es bereits. Zudem seien eine nationale Strategie Biodiversität und ein Aktionsplan dazu bereits lanciert.  

Die Kleinbauernvereinigung dagegen sprach von einer verpassten Chance. Mit ihrem Entscheid erweise die kleine Kammer der Landwirtschaft einen Bärendienst. Denn gerade die Bäuerinnen und Bauern seien auf eine hohe Biodiversität und Vielfalt angewiesen. «Die Ablehnung ist umso unverständlicher, als dass sich die vorgesehenen Massnahmen auf die besiedelten Gebiete konzentriert hätten und die Landwirtschaft keine neuen Massnahmen hätte ergreifen müssen», so die Kleinbauernvereinigung.

Adrian Krebs, FiBL

Weiterführende Informationen

Die Motion von Esther Friedli (Webseite des Parlaments)
Der Wortlaut der Biodiversitäts-Initiative (Website der Initianten)
Die Initiative und der indirekte Gegenvorschlag in der Debatte (Website des Parlaments)
Biodiversität (Rubrik Pflanzenbau)

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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