Das Versuchsprojekt «BioDiVerger» wurde 2013 auf der Domaine de Marcelin VD ins Leben gerufen. Es steht unter der Leitung des FiBL Westschweiz, wird vom Team der Ferme bio des Sapins (Colombier-sur-Morges, VD) geleitet und von der Generaldirektion für Landwirtschaft und Weinbau des Kantons Waadt und BioVaud unterstützt.
Was war der Hintergrund für die Entstehung des BioDiVerger?
Flore Araldi: Jean-Luc Tschabold vom FiBL, Pascal Mayor vom Kanton Waadt und Théo Grossenbacher von der Ferme des Sapins haben festgestellt, dass der Bio-Obstbau genauso wenig diversifiziert ist wie der konventionelle Obstbau. Da er monospezifisch oder sogar sortenrein ist, ist er nicht besonders darauf ausgelegt, die Biodiversität zu fördern.
Damals waren sie also von der Idee beseelt, ein neues Modell für Obstgärten zu schaffen, das vielfältig und mit geringem Input arbeitet und in dem sich die Arten und Kulturen in einem ausgewogenen Verhältnis vermischen. So wurden Gemüsebeete und ein Agroforst-Obstgarten mit Elementen der Agroforstwirtschaft und der Permakultur angelegt, um auf der gleichen Fläche Obst und Gemüse zu ernten.
Welche Grundsätze galten für das Projekt des BioDiVerger?
Flore Araldi: Ein 4400 Quadratmeter grosser Obst- und Gemüsegarten nach dem Vorbild der Agroforstwirtschaft wurde so konzipiert, dass er mechanisiert und rationell bewirtschaftet werden kann. Parallel dazu wurden 900 Quadratmeter für einen „Obstgarten mit Lebensmitteln“ angelegt, der sich stärker an der Permakultur orientiert.
Robin Sonnard: Wir haben Kern- und Steinobstbäume verwendet, die auf M7-Unterlagen gepfropft sind, die kräftiger sind und eine bessere Resistenz gegen Schädlinge und Wettereinflüsse aufweisen. Darüber hinaus wurden Kupfer, Insektizide und Bodenbearbeitung, wenn nicht ganz abgeschafft, so doch drastisch reduziert.
Welche Erkenntnisse haben Sie als Forschende aus dem zehnjährigen Experiment gewonnen?
Flore Araldi: Zunächst einmal, dass ein solches Projekt schnell rentabel ist, zumindest in einem Teil des Obstgartens. Die Vielfalt der Kulturen ist gleichbedeutend mit der Vielfalt der Einkommen, was die Rentabilität der Investition beschleunigt. Der Agroforst-Teil des BioDiVerger war bereits im vierten Jahr rentabel!
Robin Sonnard: Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis ist die Selbstregulierung der Insekten, die eindeutig durch das hohe Mass an funktionaler Biodiversität erreicht wird. Blühstreifen, Hecken, Rückzugsgebiete, Gemüsebeete, aber auch die Arten- und Sortenvielfalt im Obstbau sorgen für ein Gleichgewicht innerhalb der Insektenpopulation. Der Landwirt hat z. B. seit mehreren Jahren keine systematischen Behandlungen gegen Blattläuse mehr durchgeführt. Es gibt zwar immer noch Herde, die sich aber auf natürliche Weise regulieren und nicht explodieren.
Wo liegen die Grenzen des Projekts?
Robin Sonnard: Der ursprünglich festgelegte Rahmen war etwas zu restriktiv. So mussten wir unsere Vorgehensweise in Bezug auf Kupferbehandlungen (insbesondere zur Bekämpfung von Schorf) und Bewässerung überdenken.
Wir haben auch aus unseren Fehlern gelernt: Der BioDiVerger wurde auf einer ehemaligen Wiese angelegt, deren Boden nicht ausreichend vorbereitet worden war. Das Ergebnis war, dass Wühlmäuse großen Schaden anrichteten und wir den unterirdischen Schutz der Bäume und die Bodenbearbeitung überdenken mussten.
Flore Araldi: Auch wenn die durchschnittliche jährliche Arbeitszeit um 2 Prozent niedriger ist als in einem Standard-Bio-Obstgarten, bleibt ein solches Projekt extrem zeitaufwendig und erfordert Präsenz und Reaktionsfähigkeit. Außerdem wäre der BioDiVerger nicht so erfolgreich gewesen, wenn es nicht den Landwirt Theo Grossenbacher gegeben hätte, der die treibende Kraft hinter dem Projekt war.
Hat das Projekt Nachahmer gefunden, sei es unter den Obstbauern oder den Forschern?
Flore Araldi: Auf jeden Fall hat es Tausende von Besuchern - Schüler, Erzeuger, internationale Besucher, politische Entscheidungsträger, Journalisten usw. - empfangen. - und diente vielen Landwirten als Vorbild und Inspirationsquelle. Vor allem wurde bewiesen, dass es auch anders geht.
Viele Forscher und Studenten haben hier ihre Studien durchgeführt, sei es zum Bodenleben, zu Nützlingen oder zur Biodiversität.
Robin Sonnard: Es ist ein Projekt, das unsere Überlegungen als Wissenschaftler insgesamt befruchtet hat. So haben die zahlreichen Versuche zur Aussaat von Blühstreifen, die in Bio-Obstgärten noch sehr wenig verbreitet sind, dazu geführt, dass wir dieses Jahr ein neues Forschungsprojekt zu Blühstreifen und zur Optimierung der Bodenbedeckung in den Zwischen- und Unterreihen gestartet haben!
Wie sieht die Zukunft des BioDiverger aus?
Flore Araldi: Das Abenteuer geht weiter! Wir streben jetzt 20 Jahre an, das ist die Lebensdauer eines Standard-Obstgartens. Wir führen jetzt routinemäßig eine technisch-wirtschaftliche und phytosanitäre Überwachung durch.
In den letzten Jahren gab es in der Romandie eine Welle von Neugründungen von Obst- und Gemüsegärten. Daher werden wir ab diesem Jahr ein Projekt zur Diagnose dieses neuen Trends starten, indem wir Erfahrungen sammeln und die verschiedenen implementierten Systeme beschreiben. Ziel ist es, ein Datenblatt mit Empfehlungen zu erstellen, das interessierte Produzenten bei der Einführung unterstützen soll. In einem zweiten Schritt wird ein Forschungsprojekt die Parameter auflisten, anhand derer die verschiedenen Systeme verglichen und bewertet werden können.
Interview Claire Berbain, FiBL
Weiterführende Informationen
BioDiVerger in der Projektdatenbank des FiBL (www.fibl.org)
Permakultur (Rubrik Pflanzenbau)
Das Forum arbo bio romand (Rubrik Agenda)