Die Nachfrage nach Fleisch aus Freilandhaltung ist in den letzten Jahren gestiegen, da Konsumierende Wert auf Tierwohl und artgerechte Haltung legen. Mit dem Zugang zum Auslauf haben Masthähnchen die Möglichkeit, natürliche Verhaltensweisen auszuleben. Doch die Nutzung des Auslaufs schwankt stark. FiBL Mitarbeiterin Claire Bonnefous hat für ihre Dissertation am französischen Institut national de recherche pour l'agriculture (INRAE) untersucht, welche Auswirkung die unterschiedliche Nutzung von Auslaufflächen bei Hähnen hat.
Unterschiede im Nutzungsverhalten von Auslaufflächen
Während einige Hähne den Auslauf intensiv nutzen (sogenannte «High-Ranger» oder HR), bevorzugen andere eher den Stall (sogenannte «Low-Ranger» oder LR). «Dieses Verhalten ist nicht nur von den Umweltbedingungen abhängig, sondern hat auch eine individuelle Komponente und kann als Persönlichkeitsmerkmal betrachtet werden», berichtet Bonnefous von ihren Erkenntnissen aus früheren Analysen.
In ihrer Doktorarbeit, die im Rahmen des PPILOW-Projekts durchgeführt wurde, untersuchte Bonnefous vier verschiedene Rassen, die sich in ihrem Wachstumstempo unterschieden. Die mittelschnell wachsende Linie JA757 sowie die langsam wachsenden Rassen S757N, White Bresse und eine Zweinutzungsrasse.
Auswirkungen auf Wachstum und Leistung
«Die Daten zeigen, dass eine stärkere Nutzung des Auslaufs mit einer Reduzierung des Körpergewichts und der Schlachtkörpermasse verbunden ist», so Bonnefous. Dies wurde bei allen untersuchten Rassen, ausser bei der langsam wachsenden Zweinutzungsrasse, beobachtet.
Bei den Rassen JA757 und White Bresse war das Körpergewicht der HR-Hähne deutlich geringer als das der LR-Hähne. Bei der Rasse JA757 zeigte sich, dass die Hähne mit intensiver Auslaufnutzung bereits vor der ersten Nutzung des Freilands ein niedrigeres Körpergewicht hatten.
Auch das Schlachtkörpergewicht war bei den Hähnen mit hoher Auslaufnutzung geringer. Laut Bonnefous verdeutlichen diese Ergebnisse den Kompromiss zwischen dem Ausdruck des natürlichen Verhaltens im Freiland und der Wirtschaftlichkeit.
Einfluss auf die Fleischqualität
Die Auslaufnutzung kann die Fleischqualität beeinflussen, insbesondere die Farbe des Brustfleisches. Bei der Rasse JA757 und der Zweinutzungsrasse wiesen die HR-Hähne eine höhere Gelbfärbung des Brustfleisches auf. Dies führt Bonnefous auf die Aufnahme von Carotinoiden aus dem Gras zurück. Bei der Rasse JA757 war das Brustfleisch der HR-Hühner zudem dunkler und röter, was mit einem höheren pH-Wert einherging.
Stoffwechsel und Tiergesundheit
Die Studie untersuchte auch verschiedene Blutparameter, um den Einfluss der Nutzung des Auslaufs auf den Stoffwechsel und die Gesundheit der Hühner zu analysieren. Die Tiere mit hoher und niedriger Auslaufnutzung unterschieden sich in bestimmten Blutwerten, die mit Stoffwechsel und Immunantwort zusammenhängen.
HR-Hähne der Rasse JA757 wiesen beispielsweise niedrigere Werte an Antioxidantien im Blut auf. Antioxidantien sind Moleküle, die die Zellen vor Schäden durch Stoffwechselprozesse oder Umweltfaktoren wie UV-Strahlung oder Luftverschmutzung schützen. Möglicherweise verbrauchen die Hähne diese durch ihre höhere körperliche Aktivität im Freien.
Die Tierwohlindikatoren wie Beinverletzungen unterschieden sich zum Zeitpunkt der Schlachtung nicht signifikant zwischen Tieren, die den Auslauf intensiv oder wenig nutzten. Ausnahme waren die HR-Hähne der JA757 Rasse, die kürzere, dünnere, aber stabilere Schienbeinknochen aufwiesen.
Schlussfolgerung und Empfehlungen
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine intensivere Nutzung des Auslaufs mit Einbussen in der Wachstumsleistung der Hähne einhergeht. Laut Bonnefous gilt es, die Rassenwahl und die Gestaltung des Auslaufs sorgfältig zu prüfen, um die positiven Effekte der Freilandhaltung zu maximieren und gleichzeitig die wirtschaftliche Rentabilität nicht zu vernachlässigen.
Corinne Obrist, FiBL