Hans-Jakob Schärer, Co-Leiter der Gruppe Phytopathologie am FiBL, gab einen Rückblick auf die Schorfsaison 2024 und einen Ausblick auf sinnvolle Massnahmen zur Reduktion des Schorfdruckes in diesem Jahr. «Eine gute Apfelschorfstrategie ist eine ganzjährige Angelegenheit», betont Schärer.
Die Saison 2024 zeichnete sich durch einen frühen Austrieb und viele Regentage ab März aus, was zu zahlreichen Infektionen führte und die Bedingungen für die Bekämpfung von Apfelschorf erschwerten.
Gründe für eine erfolglose Schorfbekämpfung seien vor allem ein zu hoher Befall aus der Vorsaison sowie nicht gezielt platzierte oder gar fehlende Pflanzenschutzbehandlungen, erklärte Schärer. Dies unterstreiche die Wichtigkeit einer angepassten Bekämpfungsstrategie sowie regelmässiger Massnahmen über das ganze Jahr hinweg. Altbekannte Methoden wie die Förderung des Laubabbaus durch Mulchen des Laubes oder den Einsatz von Vinasse sowie die Verwendung resistenter Sorten können helfen, den Behandlungsaufwand im Frühjahr zu reduzieren.
Strategien gegen Apfelwickler bis Lentizellenfäule
Barbara Egger, Spezialistin für Pflanzenschutz-Entomologie bei Agroscope gewährte einen Einblick in die neuesten Erkenntnisse und Strategien zur Bekämpfung unterschiedlichster Schädlinge wie Wickler, Kirschessigfliege, Japankäfer und Mittelmeerfruchtfliege.
Der grossräumige Einsatz von Verwirrungstechniken mit Dispensern in Hochstammanlagen gegen den Apfel- und Pflaumenwickler wirkt unterschiedlich gut: Bei Apfelwicklern reiche die Verwirrung in Jahren mit starkem Befall nicht aus, weshalb ergänzende Massnahmen wie die Anwendung von unterstützenden Pflanzenschutzmitteln notwendig seien, erklärte Egger. Gegen den Pflaumenwickler funktioniere die Verwirrung in Hochstammanlagen besser – die Resultate aus den letzten zwei Jahren müssen aber durch ein weiteres Versuchsjahr abgestützt werden.
Eine Erhebung von Parasitoiden der Kirschessigfliege Drosophila suzukii zeigte auf, dass insbesondere die gebietsfremde Schlupfwespenart Leptopilina japonica bereits in mehreren Kantonen vorkommt. Dies gebe Hoffnung auf eine natürliche Regulation: Mittelfristig könne sich ein Gleichgewicht einstellen, so Egger.
Die Lentizellenfäule, hauptsächlich verursacht durch den Pilz Neofabraea alba (früher Goleosporium album genannt), sei weiterhin eine der wichtigsten Ursachen für Nachernteverluste, berichtete Clémence Boutry, Obstbau-Wissenschaftlerin am FiBL. Eine der momentan effektivsten Methoden zur Eindämmung der Fäulnis im Lager sei das Heisswasserbad, welches jedoch mit hohen Kosten verbunden ist. Die Lagerung in Mini-CA-Lagern («Mat Tiempo Boxen») konnte den Lentizellenbefall deutlich reduzieren, was speziell für die Direktvermarktung interessant sein könnte. Verschiedene Pflanzenschutzstrategien im Sommer konnten hingegen den Neofabraea-Ausfall im Lager gegenüber der ab Mitte Juni unbehandelten Kontrolle nicht signifikant reduzieren.
Marktsituation und Sortenwahl
Sabine Haller von Bio Suisse gab einen Überblick über die aktuelle Marktsituation. Die Anbaufläche für Biokernobst nehme weiterhin stetig zu, wobei die Lagerbestände von Biotafeläpfeln nach der Ernte 2024 einen neuen Höchststand erreicht haben, bilanziert Haller. Somit ist die ganze Branche nun gefordert, dass die Bestände gut abgebaut werden können. Auch Biotafelbirnen verzeichnen Maximalbestände, hier gelingt der Verkauf jedoch ohne grössere Schwierigkeiten.
Während die Steinobstflächen in den letzten Jahren insgesamt wuchsen, gab es 2024 einen leichten Rückgang, was jedoch besonders bei den Kirschen aufgrund von Vermarktungsherausforderungen durchaus positiv bewertet werden könne, meinte Haller. Der Markt zeige bei Biokirschen somit aber eher geringes Potenzial für Umstellbetriebe. Bei Biozwetschgen bestehe Potenzial für späte Sorten.
Die Beerenproduktion verlief gemäss Haller grundsätzlich positiv: Produktionspotenzial zeige sich bei Bioerdbeeren besonders bei Früh- oder Spätsorten. Neu gilt eine Ausnahmebewilligungspflicht für die Knospe-Vermarktung von Import-Cassis und -Johannisbeeren.
In der Prüfung robuster Apfelsorten überzeuge «Bonita» insbesondere mit gesundem Wuchs, homogener Fruchtgrösse und regelmässigem Ertrag, berichtete Michael Friedli, Leiter der Gruppe Obstbau am FiBL. Eher negativ bewertet wurde die Anfälligkeit auf Lentizellenfäulnis im Lager, die teilweise ungenügende Ausfärbung zum Zeitpunkt der Ernte und der Geschmack, welcher nicht immer überzeugend ist.
Neue Applikationstechnik «dropsight»
David Szalatnay, Bereichsleiter für Spezialkulturen am Strickhof, stellte die neue südafrikanische Technologie «dropsight» vor, mit der die Verteilung von Pflanzenschutzmitteln auf Bäumen mithilfe von Fluoreszenz sichtbar gemacht wird. Präzise Applikationstechnik bedeute mehr als nur Abdriftminderung, so Szalatnay – entscheidend sei, wie viel Wirkstoff sich tatsächlich auf dem Zielgewebe anlagert. Wichtige Faktoren dabei seien weniger die Tropfengrösse, sondern eher Fahrgeschwindigkeit, Luftvolumen und Strömungswinkel.
Die neue «dropsight»-Technik könne laut Szalatnay insbesondere Betrieben mit intensivem Pflanzenschutzmitteleinsatz helfen, mögliche Defizite in der Applikationstechnik zu erkennen und auszugleichen. Da der eingesetzte Tracer-Stoff für die Visualisierung des Belags nicht in der Betriebsmittelliste aufgeführt ist, muss die Eignung für den Biolandbau noch geprüft werden.
In diesem Zusammenhang machte Thierry Suard, Berater für Bioobstbau und Moderator der Tagung, auf das Toolkit von Agridea aufmerksam, das die jährlich empfohlene Überprüfung der eigenen Pflanzenschutzpraxis mittels Checklisten, Erklärvideos und Bildern erleichtern soll.
Sophie Schürmann, FiBL
Weiterführende Informationen
Obstbau (Rubrik Pflanzenbau)
Merkblatt zu robusten Apfelsorten (FiBL Shop)
AgriSolar Forschung (FiBL)
Verbreitungskarte Japankäfer (Agroscope)
Toolkit (AGRIDEA)
Web-App (AGRIDEA)