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Breite Allianz lanciert Initiative für gentechfreie Lebensmittel

Meldung  | 

Vor einigen Tagen haben zahlreiche Organisationen aus dem progressiven Landwirtschafts- und Ernährungssektor die Volksinitiative für gentechnikfreie Lebensmittel lanciert. Mit an Bord sind auch Bio Suisse und das FiBL.

Breite Allianz für Lebensmittelschutz: Impression von der Medienkonferenz in Bern, im Vordergrund SP-Nationalrätin Martina Munz. Foto: Adrian Krebs

Die Lebensmittelschutz-Initiative, wie sie verkürzt heisst, will Gentechnik nicht verbieten, sondern dieser ein klar definiertes rechtliches Korsett überziehen. «Wir sind technologieneutral», sagte Martin Bossard vom lancierenden Verein für gentechnikfreie Lebensmittel, «aber wir wollen mit der Initiative die rote Linie ziehen». Anlässlich der Lancierung diese Woche in Bern hat das Initiativkomitee beschrieben, wie diese Linie verlaufen soll.

Bevölkerung lehnt Gentechnik ab

Die Mehrheit der Schweizer Konsument*innen lehne Gentechnik in Lebensmitteln ab, postulierten die Initiant*innen. Gleichzeitig läuft im nächsten Jahr das 2005 installierte und viermal verlängerte Gentech-Moratorium aus. Deshalb bestehe jetzt Handlungsbedarf.

Die Ziele, welche sie verfolgen, fassten die Initiant*innen in ihrer Medienmitteilung wie folgt zusammen:

  • Wahlfreiheit für Konsument*innen
  • Umfassende Risikoprüfung im Sinne des Vorsorgeprinzips
  • Klare Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln
  • Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft
  • Förderung der Forschung für gentechnikfreie Landwirtschaft
  • Verlängerung des Moratoriums

«Konzerne wittern eine neue Cash-Cow»

In einer Reihe von Referaten erläuterten Exponent*innen des lancierenden Vereins für gentechnikfreie Lebensmittel ihre Argumente. Co-Präsident Martin Graf erklärte, «die grossen Agrar-Konzerne wittern eine neue Cash-Cow in der Gentechnik». Deshalb lobbyierten sie in Brüssel und Bern für rasche Deregulierung unter dem Vorwand der Hungerbekämpfung und Klimaresilienz der Landwirtschaft. «Das hat aber bereits in den letzten 30 Jahren nicht funktioniert», so Graf. Die Politik reagiere mit Hektik auf die Deregulierungsforderungen der Industrie, obwohl zwei Drittel der Bevölkerung dagegen seien. Der Verein wolle diesen Illusionen nun entgegentreten. Dabei können man auf eine breite Community von rund 25 000 Leuten zählen, sagte er.

«Wenn die Schleuse einmal geöffnet ist, gibt es kein zurück», befürchtet Martina Munz, Präsidentin der Allianz Gentechfrei, deshalb sei die Initiative sehr wichtig. Sie setze Leitplanken, schütze die herkömmliche Landwirtschaft und die Wahlfreiheit der Konsument*innen. Von denen wollen laut einer GFS-Umfrage aus dem Jahr 2022 70 Prozent keine Gentechnik auf dem Teller. Es brauche klare Regeln und eine Risikoprüfung bevor Produkte zugelassen werden, so Munz. Sie betonte auch, dass die Initiant*innen die Saatgut-Patentierung ablehnen: «Diese führt zu Monokulturen», sagte die SP-Nationalrätin.

«Neue Kosten für die Biobauern drohen»

Auch Vanessa Renfer, Landwirtin und Uniterre-Sekretärin betonte, dass die Landwirtschaft viel zu verlieren hätten. So etwa angepasste Sorten und das Züchter*inneprivileg, also das Recht, die eigene Ernte als Saatgut wiederverwenden zu dürfen. Bio Suisse-Präsident Urs Brändli betonte, dass sich der Biolandbau von Anfang an mit der Züchtung auseinandergesetzt hat. «Bio heisst in Kreisläufen denken, statt maximale optimale Erträge anstreben», sagte Brändli, «wir arbeiten mit, nicht gegen die Natur».

Auch neue Gentech-Methoden wie Crispr Cas funktionierten fundamental anders, so der Landwirt. Es sei zu befürchten, dass mit der Liberalisierung neue Kosten auf die Biobauern zukommen. So etwa drohe bei einer Kontamination mit GVO-Pollen eine Deklassierung der Ernte oder gar ein Labelverlust. «Wir fordern, dass die Haftung bei den Verursacher*innen liegt», sagte er mit Blick auf die grossen Konzerne. In liberalen Gesellschaften hätten diese für den Schaden aufzukommen.

«Modifikation einzelner Gene reicht nicht aus»

Skepsis herrscht auch bei Züchter*innen. «Die neue Gentechnik liefert der Wissenschaft wichtige Erkenntnisse über die Funktion einzelner Gene und deren Regulation», sagte Monika Messmer, Co-Leiterin der Gruppe Pflanzenzüchtung am FiBL in Frick. Die Pflanze besitze jedoch etwa 20 000 Gene. Deren Zusammenspiel und Wechselwirkung mit der Umwelt entscheide, wie robust und ertragsstabil eine Sorte ist. «Die Modifikation einzelner Gene wird daher nicht ausreichen, um dem Klimawandel zu trotzen und ein nachhaltiges Ernährungssystem zu erreichen», sagte Messmer.

Sie erhielt Unterstützung von Ruedi Vögele, Biolandwirt und Co-Präsident von Bio Zürich-Schaffhausen, der auch als Vertreter der Saatgutproduzenten von Sativa amtet. Biosaatgut sei schon heute robust. «Neben Ertrag steht die Fähigkeit im Vordergrund, sich gegen Umwelteinflüsse zu wehren», so Vögele. Dank Verzicht auf Kunstdünger seien die Pflanzen fähig, eine intensive Beziehung mit dem Bodenbiom einzugehen. Gentechnik gefährde die Biozüchtung, unter anderem durch Patentierung und Aushebelung des Züchter*innenprivilegs, sagte der Landwirt und ergänzte: «Die Initiative adressiert die vorhersehbaren Probleme und schützt daher die Züchtung».

«Bäuerliche Landwirtschaft unterstützen»

Das gelte nicht nur national, sondern im besonderen Mass auch international, wie Simon Degelo von Swissaid meinte. Patente schränkten die Vielfalt ein. «Schon 1300 Züchtungen sind betroffen», sagte er. Neue genomische Techniken verschlimmerten das Problem, denn: «sie werden dazu genutzt, die Grenzen zwischen herkömmlich und gentechnisch gezüchteten Pflanzen zu verwischen». Ähnliche Bestimmungen, wie sie die Initiative fordere, gebe es bereits in Frankreich und Österreich. Neue Gentechnik könne wenig dazu beitragen die Landwirtschafts- und Ernährungssysteme zukunftssicherer zu machen, warnte Degelo. «Um den Hunger zu bekämpfen müssen wir die bäuerliche Landwirtschaft schützen».

Adrian Krebs, FiBL

Weiterführende Informationen

Initiativtext (www.lebensmittelschutz.ch)
Webseite des Initiativkomitees (www.lebensmittelschutz.ch)

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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