Regenwürmer (Lumbricidae) sind – mit Ausnahme der Polarregion und Wüsten – weltweit in fast allen Böden zu finden. Von insgesamt über 3000 Arten besiedeln in der Schweiz rund 40 unsere Böden. Die besonderen Bodentiere, deren gesamter Körper eigentlich aus einem einzigen «Muskelschlauch» besteht, sind blind und taub, verfügen dafür aber über einen ausgeprägten Tastsinn, welcher es ihnen erlaubt, sich im dunklen Erdreich zurechtzufinden. Am wohlsten ist es ihnen, wenn es schön feucht und nicht zu warm ist, daher sind sie besonders im Frühling und im Herbst aktiv.
Zu den Leibspeisen der Regenwürmer gehört einerseits abgestorbenes Pflanzenmaterial, welches sie nachts in ihre unterirdischen Gänge transportieren, dort von Mikroorganismen vorverdauen lassen und es schliesslich mit mineralischen Bodenanteilen vermischen und als Nahrung verspeisen. Andererseits weiden sie, ebenso im Schutz der nächtlichen Dunkelheit, den Algenrasen ab, welcher sich tagsüber auf der Bodenoberfläche bildet.
Baumeister fruchtbarer Böden
Regenwürmer gehören zu den Multitalenten unter den Bodenorganismen: «Es gibt kaum ein Tier, das so viele vielfältige, wertvolle Funktionen im Ökosystem erfüllt wie der Regenwurm», sagt Lukas Pfiffner, Agrarökologe am FiBL.
Durch ihre Grabtätigkeit durchmischen, lockern und belüften sie den Boden und fördern damit das Wurzelwachstum. Ebenso verbessern die Gänge den Wasserabfluss und die -speicherung im Boden. Zusammen mit anderen Bodenorganismen sind Regenwürmer die Wertstoffaufbereiter in der Natur. Im Grünland zersetzen sie jährlich bis zu sechs Tonnen abgestorbenes organisches Material pro Hektare und tragen zum Nährstoffkreislauf bei.
Und ihre Hinterlassenschaften – die Regenwurmlosungen – sind Gold wert für den Boden: Sie enthalten fünfmal mehr Stickstoff, siebenmal mehr Phosphor und elfmal mehr Kalium als die umgebende Erde. Zuletzt tragen Regenwürmer durch ihre Aktivitäten auch zur Regulierung und Abbau von Krankheitserregern und Schädlingen im Falllaub bei.
Regenwürmer unter Druck
Durch intensive Anbausysteme geraten Regenwurmpopulationen jedoch vermehrt unter Druck: «Wir sehen, dass durch verschiedene Praktiken die Sterblichkeit erhöht wird und die Regenwurmdichte in diversen Agroökosystemen abnimmt», stellt Lukas Pfiffner fest. Insbesondere in intensiv konventionell bewirtschafteten Äckern sind immer weniger Regenwürmer zu finden.
Gründe dafür gibt es viele: In den Monokulturen konventionell bewirtschafteter Äcker und Felder ist das Nahrungsangebot knapp, und der Einsatz von problematischen chemisch-synthetischen Pestiziden und Mineraldüngern schadet der gesamten Bodenfauna.
Ein weiteres Problem stellt die intensive Bodenbearbeitung dar. Nicht nur, weil das Pflügen etlichen Würmern den Tod bringt, sondern auch, weil der Boden durch die schweren Landmaschinen in der Tiefe derart verdichtet wird, dass ihnen schlicht die Luft ausgeht.
Förderung durch bodenschonende Bewirtschaftung
Anders sieht es im Biolandbau aus: «Auf Bioackerflächen hat es 50 bis 90 Prozent mehr Regenwürmer als auf vergleichbaren konventionellen Feldern.» Eine bodenschonende Bewirtschaftung mit dem Verzicht auf den Einsatz von Pestiziden, wie sie im Biolandbau üblich ist, trägt massgeblich zu gesunden und stabilen Regenwurmpopulationen bei.
Ebenso ist beispielsweise eine ganzjährige Vegetation mit Gründüngung oder Zwischenfrüchten sinnvoll, damit die Regenwürmer ein kontinuierliches Nahrungsangebot haben und im Winter vor Frost geschützt sind. Durch diese Schlüsselmassnahmen kann sichergestellt werden, dass der Regenwurm ungestört seinen zahlreichen Aufgaben nachkommen und ausreichend grosse Populationen aufbauen kann. Im Bioboden sind also wortwörtlich die Würmer drin, und das nicht nur am Tag des Regenwurms.
Sophie Schürmann, FiBL
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag zum Tag des Regenwurms in der «Bioterra» Zeitschrift (Jan./Feb. 2025).
Weiterführende Informationen
Merkblatt zur Bedeutung und Förderung von Regenwürmern in der Landwirtschaft (FiBL Shop)
Dossier Regenwurm (Rubrik Boden)