Der Schweikhof in Wichtrach (BE) und der Bogen 17 in Wohlen bei Bern erhalten beide die Auszeichnung «InnoBio» der Fachstelle «Bern ist Bio». Der Preis existiert seit 2022 und verfolgt das Ziel, «Akteurinnen und Akteure im Berner Biomarkt finanziell zu unterstützen und beratend zur Seite zu stehen», wie die Organisation auf ihrer Webseite festhält. Es gehe bevorzugt um Projekte, die «Produzierenden, Verarbeitenden, Handel und Konsumierenden aus dem Kanton Bern einen Nutzen bringen».
Hummus und Hackbraten aus Okara
Auf dem Schweikhof ist Stefanie Gfeller die Leiterin des Betriebszweiges Gastronomie, Verarbeitung und Direktverkauf. Die Bäuerin führt mit ihrem Mann Matthias den 35 Hektaren grossen Biohof mit Ackerbau und Mutterkuh-Haltung. Unter anderem pflanzen die Gfellers Soja an. 3 Hektaren umfasst das Sojafeld, die Ernte beläuft sich auf rund 10 Tonnen. Verarbeitet wird das Speisesoja vorab in der Mühle Rytz. Daneben produziert Katrin Portmann im Nachbardorf Trimstein aus einem Teil des Sojas Tofu, der auch im Hofladen des Schweikhofs verkauft wird.
Irgendwann wurden sich Stefanie Gfeller und ihre Mitarbeiterin Priska Wyss bewusst, dass bei der Tofuproduktion eine grosse Menge Trester anfällt. Dieses Nebenprodukt wird Okara genannt. «Wenn wir eine Tonne Soja produzieren, entstehen 1.5 Tonnen Tofu und 1.5 Tonnen Okara», schildert Stefanie Gfeller. Auf die gesamte Tofuproduktion in der Schweiz hochgerechnet, ergibt sich eine horrende Menge an geniessbarem Rohstoff, der heute mehrheitlich an Tiere verfüttert oder entsorgt wird.
Dabei ist Okara reich an Nährstoffen, Proteinen, Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen. Im asiatischen Raum gehört das Nebenprodukt längst auf den täglichen Speiseplan. Das Problem sei, Okara haltbar zu machen, sagt Stefanie Gfeller: «Wir haben viel getüftelt bis wir ein Verfahren fanden, das unseren Anspruch an die Haltbarkeit erfüllt.»
Stolz auf den Erfolg
So gibt es vom Schweikhof zum Beispiel Hummus auf Okara-Basis zu kaufen, oder einen Okara-Hackbraten. Weitere Anwendungen sind denkbar, etwa Brot auf der Grundlage von Okara. Und um das Projekt breiter abzustützen, hat sich Stefanie Gfeller neben der Mühle Rytz weitere Partner gesucht. Etwa die Stiftung Transfair in Thun, wo es eine Abfüllanlage für den Hummus gibt. Die Stiftung beschäftigt auch Personen aus dem zweiten Arbeitsmarkt, etwa für das Aufkleben von Etiketten.
Angesprochen auf die Auszeichnung von «InnoBio» sagt Stefanie Gfeller: «Das hat uns schon sehr stolz gemacht. Wir waren lange an diesem Projekt dran, manche haben uns dafür etwas belächelt. Aber jetzt geniessen wir die Anerkennung und die Aufmerksamkeit, auch durch die Medien.» Und prompt erhielt ihr Projekt eine zweite Auszeichnung: Beim Agropreis 2024 des Schweizer Bauers erzielte die Landwirtin aus Wichtrach den Leser*innenpreis.
Herkömmliche Pommes verbrauchen viel Energie
Seit 12 Jahren steht in den Sommermonaten der Bogen 17 am Wohlersee. Es ist ein kleiner Gastrobetrieb, der in zwei Schiffscontainern Platz findet und den Badegästen und Ausflüglern eine saisonale Menükarte mit Zutaten aus der Region bietet.
Einer der Initianten ist Beat Baumgartner, ein Bauernsohn mit Erfahrungen auf dem elterlichen Hof, in der Gastronomie, im Design von Lebensmitteln, als Velohändler und Skilehrer. Beat Baumgartner und sein Team haben bei «InnoBio» ebenfalls einen Preis geholt. Überzeugt hat die Jury die Idee, die für jeden Badikiosk obligaten Pommes frites so herzustellen, dass die Nachhaltigkeit stimmt.
«Es ist unglaublich, wie viel Energie in die Herstellung von regulären Pommes gesteckt wird», sagt der Co-Leiter. «Die Kartoffeln werden transportiert, gewaschen, maschinell geschält und geschnitten, vorfrittiert und dann schockgefroren. Sie bleiben vielleicht monatelang im Gefrierlager und werden irgendwann mit dem Kühllaster zur Badi gefahren. Dort muss man sie erneut kühlen, bis man sie frittiert.»
Kartoffeln fermentieren wie Sauerkraut
Die Crew des Bogen 17 nahm sich vor, die Pommes zu fermentieren, um sie ohne diesen Energieaufwand haltbar zu machen und quasi vorzukochen. Dazu braucht es gewisse Bakterien und eine Salzlake. «Es ist vergleichbar mit dem Herstellen von Sauerkraut», meint Beat Baumgartner.
Wie bei vielen Innovationen ist auch bei den Pommes aus Wohlen vernetztes Denken nötig. Das beginnt ganz vorne, bei der Wahl der geeigneten (Bio-)Kartoffelsorte. Hier arbeitet Beat Baumgartner mit seinem Bruder zusammen, der den elterlichen Hof als Demeterbetrieb führt, aber auch mit anderen Produzenten. Und beim Restaurant setzt er auf gut 20 lokale Lieferanten.
Pommes-Studie mit der HAFL
Eine Machbarkeitsstudie habe gezeigt, dass das Projekt der fermentierten Pommes im kleinen Rahmen funktionieren kann, sagt der Initiant. Ob es auch im grösseren Stil umzusetzen wäre, wird eine Forschung zeigen, die derzeit an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) durchgeführt wird.
Was auch immer diese Pommes-Studien ergeben; Beat Baumgartner schmiedet bereits weitere Pläne. Neben dem Hof seines Bruders steht die Hofermühle, in der sein Grossvater bis ins hohe Alter als Müller gewirkt hatte. Heute sind die Räume ungenutzt; der Enkel könnte sich vorstellen, dort «ein grösseres Verarbeitungszentrum einzurichten».
Beat Grossrieder, FiBL