Dabei ist der Antritt von Neuland weit weniger aufwändig und mit administrativen Aufgaben belastet als vielfach vermutet. Es hat niemand Interesse daran, einen Biobetrieb durch schikanöse Stolpersteine, der Möglichkeit der Expandierung zu berauben.
Grundsätzlich beträgt die Umstellungszeit von vormals konventionell bewirtschafteten Flächen zwei Jahre. Ausnahmen bilden dabei bewilligte, schrittweise Umstellungen für den Wein-, Obst- und Zierpflanzenanbau oder die verkürzte Umstellungszeit von bodenunabhängigen Produktionsformen wie der Pilzproduktion als Beispiel.
Auch Naturschutz oder Biodiversitätsförderflächen müssen die Umstellungszeit durchlaufen. Dieser Passus stösst regelmässig auf Unverständnis bei den Betrieben.
Zupacht oder Nutzung von nicht biologischen Flächen (LN)
Die Zupacht oder Nutzung von nicht biologischen Flächen muss für den Zeitraum von mindestens drei Jahren erfolgen. Umgekehrt muss die Pachtdauer einer Fläche, welche einer konventionellen Berufskollegin zur Bewirtschaftung verpachtet oder zur Nutzung zur Verfügung gestellt wird, mindestens sechs Jahre betragen. Beide Vorgaben schieben dem Landabtausch zwischen einem Biobetrieb und einem konventionellen Betrieb den Riegel. Dies mit der Absicht, einer Sanierung oder Aufdüngung unter Verwendung unerlaubter Hilfsmittel die Grundlage zu entziehen.
Wie können die Produkte der Neulandparzellen vermarktet werden?
Wenn die Ernteprodukte von Neuland ab dem 1. Januar plausibel belegbar, da entsprechend dokumentiert bio- oder Knospe-konform produziert wurden, wird dieses Land zur Landwirtschaftlichen Nutzfläche gezählt und besitzt den Umstellungsstatus. Die Fläche muss bis zum Stichtag der Strukturdatenerhebung angemeldet werden. Bei überwinternden Kulturen müssen die im Vorjahr vorgenommenen Kulturmassnahmen Knospe-konform erfolgt sein. Wurden unerlaubte Hilfsstoffe eingesetzt oder nicht-biologisches Vermehrungsmaterial verwendet, muss die Ernte konventionell vermarktet werden.
Parallelvermarktung von äusserlich nicht unterscheidbaren Erntegütern
Durch die Übernahme von Flächen, welche im Vorjahr nicht biologisch bewirtschaftet wurden, entsteht zwangsläufig die Ausgangslage für eine Parallelproduktion. Bei Grünland ist diese Tatsache und die damit verbundene Ausgangslage gut überschaubar. Ein Biobetrieb darf maximal 60 Prozent eigenes und 30 Prozent zugekauftes Umstellungsfutter verabreichen. Es muss keine Meldung zur Parallelproduktion an die Kontrollstelle erfolgen.
Falls die Erntegüter von Acker- oder Spezialkulturen nicht eindeutig unterscheidbar sind, gelten folgende Anforderungen, welche zwingend erfüllt werden müssen. Falls dies nicht möglich ist oder berücksichtigt wurde, muss auch die Ernte der umgestellten Vollknospe-Flächen als Umstellungs- oder nicht-biologische Ware vermarktet werden.
Bei mehrjährigen Kulturen (z.B. Obstanlagen) ist eine Parallelproduktion möglich. Eine Meldung an die Kontrollstelle ist zwingend notwendig. Der Link zum entsprechenden Meldeformular findet sich unter Weiterführende Informationen. Die Warenflüsse und deren Rückverfolgbarkeit müssen gewährleistet werden und plausibel nachvollziehbar sein.
Bei einjährigen Kulturen (z.B. Winterweizen für Mahlzwecke) muss ebenfalls zwingend eine Meldung der «Parallelproduktion» an die Kontrollstelle erfolgen. Wenn die Kulturen die obengenannten Anforderungen einer allfälligen Überwinterung erfüllen und die Ernte zeitgestaffelt erfolgt, kann zum Beispiel Brotweizen in zwei verschiedenen Stati verkauft werden (Vollknospe und Umstellungsknospe oder nicht-biologisch). Bedingung hierfür ist, dass die frühere Ernte (zum Beispiel Umstellungsbrotweizen) zum Zeitpunkt der Ernte des Vollknospenbrotweizens nicht mehr auf dem Betrieb gelagert wird. Dies verhindert eine Überkreuzung der Warenflüsse.
Wird auf der Umstellungsfläche Futterweizen angebaut, welcher nicht gleichzeitig auf den angestammten Flächen kultiviert wird, spricht man nicht von Parallelproduktion. Der Anbau von Futterweizen auf Umstellungsflächen und Mahlweizen auf Vollknospenflächen ist eine gängige und probate Vorgehensweise auf vielen Betrieben welche das Glück hatten, Fruchtfolgeflächen übernehmen zu dürfen.
Nutzung von Flächen, welche nicht als landwirtschaftliche Nutzflächen gelten
Werden Flächen genutzt, welche wie Baulandparzellen nicht zur LN gezählt werden, muss ein schriftlicher Vertrag zwischen der Eigentümerin und dem Bewirtschafter vorhanden sein. Diese Flächen müssen bei der Betriebsstrukturdatenerhebung als «Flächen ausserhalb der LN» angemeldet werden. Nebst der Tatsache, dass diese Flächen exklusiv vom Knospenbetrieb bewirtschaftet werden müssen, ist die vollumfängliche Einhaltung der Bioverordnung und von Labelrichtlinien selbstredend oberste Pflicht.
Vorgängige Abklärung bei der Kontrollstelle
Wer die Möglichkeit besitzt, seinen Betrieb mit adäquaten Flächen zu vergrössern und die Ressourcen dazu besitzt, sollte nicht zögern und die Kontrollstelle anrufen (Kontakt Bioinspecta siehe Weiterführende Informationen). Unsere Erfahrung zeigt, dass oftmals falsche Vorstellungen über anfallende Pflichten, die Vermarktungsmöglichkeiten und die Höhe der administrativen Hürden kursieren. Wer als Folge einer Wissenslücke auf einen möglichen Neulandantritt verzichtet oder zu lange mit der Entscheidung zuwartet, verpasst möglicherweise eine Chance. Die Fragestellung sollte auf die Realisierbarkeit (Arbeitsbelastung) sowie den wirtschaftlichen, und ökologischen Sinn gerichtet sein. Das Büchlein, welches die Vorteile langer Anfahrtswege aufzählt, ist schnell geschrieben und gelesen.
Andreas Müller, Bioinspecta
Weiterführende Informationen
Hotline der Bioinspecta (Mo-Fr 8-12 Uhr und 13-17 Uhr)
Meldeformular Parallelproduktion (bioinspecta.ch)
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