Dieser Tage finden in Frick (22. Januar) und Lausanne (29. Januar) die heurigen Legehennentagungen des FiBL statt. Das beherrschende Thema in der Branche ist der Ausstieg aus dem Kükentöten. Ein Jahr vor diesem markanten Ereignis nimmt Adrian Schlageter, der zuständige Projektleiter von Bio Suisse Stellung zum Stand der Dinge im Projekt «Alle Küken leben» und zu den Auswirkungen auf die Märkte.
In genau einem Jahr wird mit dem Ausstieg aus dem Kükentöten eine der größten regulatorischen Änderungen in der helvetischen Geflügelgeschichte stattfinden. Sind die Schweizer Bio-Knospe-Züchter und die Branche im Allgemeinen auf diese große Veränderung vorbereitet (Infrastruktur, Neuorganisation der Werkstätten, Arbeitsbelastung, Kosten, Rentabilität)?
Adrian Schlageter: Ohne Frage hat der Entscheid der Delegiertenversammlung vom November 2021, dass ab 2026 alle männlichen Küken der Bio-Eierproduktion aufgezogen werden müssen, weitreichende Konsequenzen und fordert die gesamte Bio-Geflügelbranche stark. Ein ganzer Markt wird transformiert. Die Umstellung ist in vollem Gang. Seitens der Aufzuchtorganisationen und Eiervermarkter ist die Planung bis zu 100 Prozent anfangs 2026 in Abstimmung mit ihren Abnehmern gemacht. Ende 2024 wurden über die Hälfte aller Bio-Hähne aufgezogen und vermarktet. Die Kosten der Aufzucht werden über erhöhte Eierpreise an die Konsumierenden weitergegeben. Die Nachfrage nach Bioeiern hat 2024 trotz des Preisanstiegs leicht angezogen, der Markt ist ausgeglichen.
Noch sind aber nicht alle Fragen gelöst. Und auch sind bislang noch nicht alle Produzent*innen gleichermassen betroffen. Es wird aber alle betreffen. Sei dies, dass spätestens ab 2026 alle Junghennen mehr kosten werden, auch für Direktvermarkter. Sei dies, dass ab dann keine weisslegenden Hybride mehr ausgebrütet werden. Oder sei dies, dass zunehmend verlängerte Umtriebe gemacht werden. In der Kalkulation für den Eier-Richtpreis wird den meisten dieser neuen Umstände Rechnung getragen. Das Tierkapital ist verzinst, die Legedauer wurde erhöht, der Wert für das Risiko wurde erhöht sowie auch jener für die Arbeitskosten.
Wichtig ist, sich frühzeitig zu informieren bei der Aufzuchtorganisation im Falle der Junghennen-Aufzüchter*innen bzw. beim Eiervermarkter im Falle der Legehennen-Halter*innen. Bio Suisse stellt auf verschiedenen Kanälen Informationen zur Verfügung sowie auch Werbematerial zur Unterstützung in der Kommunikation gegenüber den Konsumierenden (siehe Weiterführende Informationen).
Ist bis zum 1.1.2026 mit einem Rückgang des Angebots zu rechnen, weil die Zahl der Zuchtbetriebe sinkt oder eine Gruppe von Produzenten das Label massiv verlässt?
Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Die Nachfrage entwickelt sich momentan gut, womit gute Voraussetzungen für die Wirtschaftlichkeit der Eierproduktion bestehen. Insofern ist eher nicht von einem Rückgang des Angebots auszugehen.
Aber: Unter den Produzent*innen gibt und gab es von Anfang an auch sehr kritische Stimmen und diese werden nicht einfach verstummen. Die Entscheidungen über die Rahmenbedingungen des Ausstiegs aus dem Kükentöten werden von Bäuerinnen und Bauern in den Gremien des Verbandes auf demokratische Weise gefällt. Der Verband Bio Suisse und die Bio-Geflügelbranche haben sich auf einen neuen Weg begeben, wo noch nicht alles von Anfang an bekannt und klar ist, wo Erfahrungen gemacht werden müssen und auch Anpassungen nötig werden. Die Akteure der Wertschöpfungskette haben in der Umsetzung innerhalb des vorgegebenen Rahmens unternehmerischen Spielraum. Dies gilt auch für die Produzent*innen, die Entscheidungen aufgrund ihrer betriebsspezifischen Voraussetzungen treffen.
Der Erfolg hängt davon ab, ob die Konsument*innen eine Neuheit auf dem Markt (Bruderhahn) akzeptieren. Werden sie mitziehen?
Niemand besitzt eine Glaskugel. Bruderhahnfleisch findet Absatz, im Detailhandel über Charcuterie. In der Direktvermarktung auch als Bruderhahn ganz oder in Teilstücken zerlegt. Letzteres braucht viel Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit, aber es gibt positive Beispiele.
Die Nachfrageentwicklung bei den Eiern ist wie gesagt derzeit gut. Und dies bei bereits erfolgtem Preisanstieg für die Aufzucht der Hähne. Damit dies so bleibt, lancierte Bio Suisse unter dem Emblem «Hahn wie Henne» im Herbst 2024 eine Kommunikationsoffensive. Zu Ostern 2025 wird eine nächste Welle folgen. Der Kommunikationsdruck wird auch über 2025 hinaus hoch gehalten.
In Europa, insbesondere in Frankreich, war der Markt für Bioeier einer der am stärksten von der Krise der Bioprodukte betroffenen Märkte und ist in den letzten zwei Jahren eingebrochen (massiver Rückgang der Bestände). Ist ein solches Phänomen auch in der Schweiz zu befürchten?
Die Schweiz ist keine Insel. Und dennoch haben wir gesehen, dass sich die Märkte hierzulande nach dem Preis-Schock wieder erholt haben. Der Bioeiermarkt ist nach dem Corona-Hoch und mit einsetzender Inflation auch in der Schweiz in Schieflage geraten. Die Probleme waren teilweise aber auch hausgemacht. Die Massnahmen zur Drosselung der Produktion, die von allen Akteuren der Bio-Eierbranche mitgetragen wurden, konnten 2024 flächendeckend aufgehoben werden. Dies ist auch aus der Anzahl geschlüpfter Bio-Legeküken abzulesen, die 2024 wieder leicht gestiegen ist.
Interview Claire Berbain, FiBL
Weiterführende Informationen
Programm der Legehennentagung (Rubrik Agenda)
Anmeldelink für die Legehennentagung (Rubrik Agenda)
Alle Küken leben (bio-suisse.ch)
Marktsituation Bioeier (Rubrik Markt)