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Mina Hofstetter: eine Biobäuerin schreibt Geschichte

Meldung  | 

Mina Hofstetter ist manchen als Pionierin des biologischen Anbaus und der viehlosen Landwirtschaft ein Begriff. Ein neues Buch von Peter Moser weitet den Blick auf den Kontext ihres Wirkens, ihre internationale Vernetzung als Ökofeministin und ihre Bedeutung für die Geschichtsschreibung.

Mina Hofstetter stellte ihren Hof auf viehlose Landwirtschaft um und wirkte weit darüber hinaus als Pionierin der biologischen Landwirtschaft. Foto: Archiv für Agrargeschichte

Mina Hofstetter (1983-1967) wirkte weit über ihren Betrieb hinaus. Das belegen die vielen Briefe und Manuskripte, die der Agrarhistoriker Peter Moser in seinem im Oekom-Verlag veröffentlichten Buch «Mina Hofstetter – Eine ökofeministische Pionierin des biologischen Landbaus. Texte und Korrespondenz» versammelt. Sie zeigen die internationale Reichweite Hofstetters und ihren Wunsch, ihr «mit Herzblut errungenes, durch 30-jährigen Existenzkampf [...] erworbenes Wissen und Können» mit der Welt zu teilen.

Abneigung gegen Tierhaltung, Faszination für Pflanzen

Hofstetters Kindheit war geprägt von Leiden und Krankheit. Lichtblicke waren die landwirtschaftlichen Arbeiten bei der Grossmutter. Mit ihrem Mann Ernst übernahm Mina 1915 den Milchwirtschaftsbetrieb Hof Stuhlen in Ebmatingen am Greifensee im Kanton Zürich. Ein wirtschaftlich riskanter und herausfordernder Schritt für Mina, die vor Kühen grosse Angst hatte.

Die Arbeit mit den Tieren auf dem Hof blieb für Mina Hofstetter eine Qual. Nachdem sie als Folge einer schweren Krankheit ihre eigene Ernährung auf Rohkost umgestellt hatte, unternahm sie ab 1926 erste Schritt hin zur viehlosen Landwirtschaft; gegen den anfängliche Widerstand ihres Mannes. 1928 wurde das letzte Vieh verkauft.

Lehre auf dem Hof und in der Welt

Die Verbindung von veganer Ernährung und viehloser Landwirtschaft beflügelte Hofstetters Schaffenskraft und Kreativität. Diese schlugen sich nieder in Kursen und Lehrgängen auf Hof Stuhlen, die Mina Hofstetter ab 1929 hielt. Hof Stuhlen wurde zur «Lehrstätte für biologischen Land- und Gartenbau», die Besucher aus der ganzen Welt anzog.

Hofstetter war auch international aktiv, unter anderem im Rahmen der Women’s Organisation for World Order (WOWO) welche gleichen Lohn und gleiche Rechte für Männer und Frauen forderte. Am dritten WOWO-Kongress, der 1937 in Bratislava stattfand, hielt Mina Hofstetter das Hauptreferat. Sie übte Kritik an den bisherigen Formen der Bodenbearbeitung, schlug neue Formen der Wirtschaftsweise vor und verwob Theorie sowie praktisches Erfahrungswissen.

Eingebettet in ihre Zeit

Peter Moser lässt die gesammelten Briefe und Manuskripte unverändert, auch Passagen, die Mina Hofstetter mehrfach publiziert hatte. So wird fassbar, welche Themen für Hofstetter besonders wichtig waren und wie sich ihre Argumente entwickelten. Viele Ratschläge von Mina Hofstetter, die sich in ihren Schriften finden, sind nach wie vor hochaktuell und werden bis heute in Lehrbüchern zum Biogartenbau vermittelt.

Moser beschreibt eindrücklich Mina Hofstetters Weg von «einer ‹Übersetzerin› von fixen Weltdeutungen» zur «Aktivistin, deren Interpretationen sowohl auf ihren praktischen Alltagserfahrungen als auch auf der Lektüre von Texten und persönlichen Kontakten beruhte».

Vergessen und wiederentdeckt

Mina Hofstetters Aktivitäten gerieten nach den 1950er-Jahren in Vergessenheit. Erst in den 1990ern entdeckte und recherchierte der Agronom und FiBL Forscher Otto Schmid auf den Spuren der umtriebigen Bäuerin. Er machte Hofstetter mit einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit bekannt.

Peter Moser möchte mit seiner umfangreichen Sammlung an Texten nicht nur Mina Hofstetters Wirken in Erinnerung rufen, sondern auch ihr Eingebundensein in den damaligen Kontext aufzeigen: «Mina Hofstetters Texte machen es möglich, nicht nur die Tätigkeiten, sondern auch die Einschränkungen, Zweifel und Aspirationen einer Bäuerin im 20. Jahrhundert zu benennen, zu verstehen und zu historisieren».

Schreibende Bäuerinnen ins Zentrum stellen

Das Buch entstand im Rahmen des Forschungs- und Publikationsprojektes «Schreibende Bäuerinnen». Dieses legt den Fokus auf die vielfältigen Formen, in welchen Frauen in der Landwirtschaft Quellen produziert haben. Moser regt Historiker*innen und Geschlechterforschende an, sich mit diesen bisher vernachlässigten Akteurinnen auseinanderzusetzen. Sein Buch ist eine von drei Publikationen des Archives für Agrargeschichte, die Bäuerinnen beleuchten, die in den 1920er bis in die 1960er Jahre gelebt und gewirkt haben.

Corinne Obrist, FiBL

Weiterführende Informationen

Mina Hofstetter. Eine ökofeministische Pionierin des biologischen Landbaus. Texte und Korrespondenz
Autor: Peter Moser
Erschienen am 01.08.2024 im Oekom Verlag
Seitenzahl: 402
ISBN: 978-3-9872607-1-1

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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