Das GVO-Verbot lässt weiter auf sich warten
Die Bevölkerung steht GVO nach wie vor ablehnend gegenüber, eine Verlängerung des Moratoriums ist wahrscheinlich, aber noch nicht im Trockenen.
Ende 2017 läuft das gegenwärtige GVO-Moratorium aus. Danach könnten in der Schweiz gentechnisch veränderte Organismen (GVO) bewilligt werden. 2013 hatte der Bundesrat einen ersten Vorschlag über eine mögliche Organisation der sogenannten Koexistenz, dem Nebeneinander von GVO- und Nicht-GVO-Kulturen, vorgestellt. Dieser Vorschlag ist auf breite Ablehnung gestossen. Derzeit erwartet man gespannt einen neuen Koexistenzvorschlag des Bundesrates. Ebenfalls ausstehend ist seitens des Bundesrates eine neue Kosten-Nutzen-Analyse für bestehende GV-Pflanzen in Bezug auf deren Anbau in der Schweiz. Diese muss er bis spätestens Ende Juni 2016 vorlegen.
GVO zu befürworten ist für Politiker derzeit nicht attraktiv
In der Charta der Schweizerischen Land- und Ernährungswirtschaft zur Qualitätsstrategie ist GVO-Freiheit explizit als Bedingung festgeschrieben. Und gerade aus Sicht des Biolandbaus scheint eine Koexistenz schwierig bis nicht durchführbar. Deshalb strebt Bio Suisse entweder eine Verlängerung des Moratoriums oder ein definitives Verbot von GVO in der Landwirtschaft an. Dieses Ziel verfolgen auch andere Organisationen. Einige davon haben sich zur «Schweizer Allianz Gentechfrei» zusammengeschlossen. Beim Schweizer Bauernverband SBV unterstützt man die Verlängerung, lehnt Gentechnologie aber nicht kategorisch ab: «Sollten in den nächsten fünf bis zehn Jahren Anwendungen verfügbar sein, die einen agronomischen und ökonomischen Vorteil für Schweizer Landwirte bieten, möchten wir eine Zulassung prüfen», sagt Christa Gerber vom SBV. Sie schätzt die Haltung in der Bevölkerung gegenüber Gentechnik aber als mehrheitlich ablehnend ein.
Eine Moratoriumsverlängerung auf Vorschlag des Bundesrats oder aus dem Parlament sei das wohl realistischste Szenario, sagt Martin Bossard, Leiter Politik bei Bio Suisse. GVO zu befürworten, ist derzeit nicht besonders populär. Neben der Forschungslobby machen sich nur einzelne FDP-Vertreter für GVO stark. Diskussionen gibt es im Vorfeld aber über die Rechtmässigkeit eines allfälligen unbefristeten Anbauverbots für GVO. Würde es die Wirtschaftsfreiheit zu stark einschränken oder bräuchte es eine Verfassungsänderung und somit eine Volksabstimmung? Wie ein noch unveröffentlichtes Gutachten der Uni Zürich, das vom Bundesamt für Umwelt Bafu in Auftrag gegeben wurde, feststellt, wäre für eine Verlängerung des Moratoriums keine Verfas sungsänderung nötig, solange Forschung mit GVO weiterhin möglich wäre.
Verbote im Einzelfall wie in der EU?
In der EU sind bereits 58 gentechnisch veränderte Organismen zur Verwendung als Lebens- und Futtermittel und die Maissorte MON810 für den Anbau zugelassen. Diesen Frühling hat die EU die Möglichkeit geschaffen, dass einzelne Mitgliedstaaten ihr Hoheitsgebiet von der Gültigkeit einzelner Zulassungen ausnehmen können. Wie das in der Praxis genau umgesetzt werden soll, ist aber noch unklar. Es ist denkbar, dass sich die Schweiz in ihrem Umgang mit GVO langfristig rechtlich an dieser Regelung der EU orientiert.
GVO ist ein Streitpunkt bei den gegenwärtigen Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein gemeinsames Freihandelsabkommen (TTIP). «Die USA werden das Abkommen als Ganzes kaum aufs Spiel setzen, nur um grossflächigen Anbau in der EU durchzusetzen», schätzt Martin Bossard. Wichtiger sei ihnen der Handel mit GVO-Futtermitteln, und dieser ist in der EU bereits etabliert. In der Schweiz deute derzeit nichts daraufhin, dass sich die Futtermittelhändler von ihrer Abmachung, freiwillig auf GVO zu verzichten, abwenden würden. Nur schon wegen der Warenflusstrennung brächte das für die meisten Beteiligten nur Nachteile. Markus Spuhler
Weitere Artikel zu diesem Thema finden Sie in der neuesten Ausgabe im Magazin Bioaktuell.
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 06.10.2015
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