Bis ins 19. Jahrhundert war die Landwirtschaft mühsame Handarbeit. Mit der Einführung erster Maschinen begann ein neues Zeitalter – jedoch nicht ohne Folgen für die Natur. Bald wurden erste Warnungen laut, die Bodengesundheit könne durch den Einsatz Schaden nehmen.
Rudolf Steiner und die Geburtsstunde des biodynamischen Landbaus
1924 fand der landwirtschaftliche Kurs von Rudolf Steiner im polnischen Koberwitz statt. Steiner propagierte eine Landwirtschaft, die als lebendiger Organismus verstanden wird. Pflanzen, Tiere und Boden sollten in einem Kreislauf harmonieren. Diese Ideen bildeten die Grundlage der biodynamischen Landwirtschaft.
Anbiederung ans NS-Regime und Nachkriegszeit
Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden einige biodynamische Landwirt*innen zu Kompliz*innen des Regimes. Der Garten des KZ Dachau beispielsweise wurde biodynamisch bewirtschaftet. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges galt es die kriegsgebeutelte Bevölkerung zu ernähren. Die Technik hielt Einzug – Kunstdünger, Herbizide und Pestizide kamen massenweise auf den Markt.
Wendepunkte und Gesellschaftskritik: Die 1960er und 1970er Jahre
Ende der 1960er Jahre geriet die intensive Landwirtschaft zunehmend in die Kritik. Rachel Carsons Buch Silent Spring sensibilisierte die Öffentlichkeit für die Gefahren von Pestiziden. Gleichzeitig entdeckten Aussteiger*innen und Gesellschaftskritiker*innen das Landleben neu. Mit der Gründung der internationalen Dachorganisation IFOAM im Jahr 1972 begann eine koordinierte, globale Bewegung für den ökologischen Landbau.
Wissenschaft als Basis: Die Rolle des FiBL und der DOK-Versuch
1973 wurde das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in der Schweiz gegründet. Ziel war es, dem ökologischen Landbau eine wissenschaftliche Grundlage zu geben. Die Untersuchungen des FiBL – insbesondere der DOK-Versuch – zeigten, dass Bio funktioniert.
Herausforderungen und Entwicklungen: Vom Nischenprodukt zum Massenmarkt
Bis in die 1990er Jahre blieb der ökologische Landbau eine Nische. Die Nachfrage wuchs langsam – erst durch Hofläden und kleine Bioläden, später durch den Einstieg von Supermarktketten. Mit der EU-Öko-Verordnung von 1991 erhielt Bio eine offizielle Grundlage, die Kriterien wie Tierwohl, Verzicht auf chemisch-synthetische Dünger und Pestizide sowie Bodenfruchtbarkeit definiert.
Ein Blick in die Zukunft
Heute sind zehn Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Europa ökologisch bewirtschaftet, und etwa 500.000 Betriebe arbeiten biologisch. Der ökologische Landbau steht vor neuen Herausforderungen: Klimawandel, Flächenverbrauch und gesellschaftliche Erwartungen an nachhaltige Lebensmittelproduktion. Doch die Grundprinzipien – Kreisläufe, Bodenfruchtbarkeit und Respekt vor der Natur – sind aktueller denn je.
Corinne Obrist, FiBL
Quelle: Arte «Die Bio-Revolution»
Weiterführende Informationen
Doku «Die Bio-Revolution» auf Arte (arte.tv, verfügbar bis 25.05.2025)
Geschichte des Biolandbaus (Rubrik Grundlagen)