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Bioschweinetagung 2023: Bund gewährt Aufschub bei der Fütterung

Meldung  | 

In der Bioschweinebranche tut man sich bekanntlich schwer mit der 2022 in Kraft gesetzten Vorschrift für 100 Prozent Biofütterung. Nun gibt es ähnlich wie bei den Wiederkäuern einen Aufschub. Das BLW hatte ein Einsehen mit den Produzentinnen und Produzenten und vertagt die Umsetzung um fünf Jahre, allerdings erst ab 2025.

 

Ab 2025 dürfen sie vorübergehend wieder 5 % konventionelles Futter fressen. Foto: FiBL, Barbara Früh

Er brachte gute Neuigkeiten in einer schwierigen Phase: Der Leiter der Produktgruppe Fleisch bei Bio Suisse, Luca Müller. Foto: FiBL, Adrian Krebs

An der Schweinetagung des FiBL vom 7. Dezember in Frick hatte Bio Suisse-Vertreter Luca Müller gute Nachrichten zu verkünden. Am kürzlich abgehaltenen dritten Runden Tisch der Bioschweinebranche erklärten die Vertreter des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW), dass die Schweinehalter und die Futtermühlen in Sachen Fütterung mehr Zeit erhalten, um die komplexen Anforderungen von 100 Prozent Biofütterung umzusetzen.

Anpassung an EU-Recht
Diese Anfang 2022 in Kraft gesetzte Richtlinien-Anpassung geht auf eine Anpassung der EU-Verordnung zurück, die von der Schweiz im Rahmen der Äquivalenzabkommen übernommen werden muss. Die neue Anforderung sorgt seit Monaten für Unruhe in der Branche, da die Grenzwerte für die  Gehalte an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) aufgrund der eingeschränkten Fütterungsmöglichkeiten von einigen Betrieben nicht eingehalten werden konnten, was zu schmerzhaften Abzügen führte. Gleichzeitig hat sich auch die Mastleistung verschlechtert.

Diese Wahrnehmung der Marktbeobachtung bestätigte auch eine Umfrage des FiBL, an der 58 Bioschweinehaltende teilgenommen haben. Hier beklagten zahlreiche Teilnehmende, dass die PUFA-Werte stark angestiegen sind. Mirjam Holinger vom FiBL kündigte an, dass demnächst im Auftrag von Coop, Bell und Bio Suisse eine weitere Umfrage lanciert werde.

Ab 2025 wieder fünf Prozent konventionelles Kartoffelprotein
Hauptgrund für die Probleme ist, dass das bisher eingesetzte Kartoffelprotein aus konventioneller Produktion nicht mehr zugelassen ist. Bis Ende 2022 war noch eine Ausnahmebewilligung für fünf Prozent nicht-biologische Eiweissfütterung in Kraft. Gleichzeitig ist Biokartoffelprotein weder im Inland noch im Ausland in ausreichender Menge verfügbar. Mit der Ausnahmeregelung ab 2025 soll es nun vorübergehend wieder möglich sein, fünf Prozent konventionelles Kartoffelprotein einzusetzen.

«Das verschafft uns Luft, um Lösungsansätze zu prüfen», sagte Luca Müller, der bei Bio Suisse die Produktgruppe Fleisch leitet. Damit brauche es keine Feuerwehrübung mehr, wie sie aktuell gefordert sei. Allerdings warnte er davor, nun zurückzulehnen: «Wir müssen am Ball bleiben», so Müller, «die Lösungen müssen 2028/2029 vorliegen und bis 2030 implementiert sein». Es brauche nun eine sogenannte Roadmap, neudeutsch für Zeitplan, welcher den Prozess begleite und die Richtung anzeige.

Entgegenkommen des BLW
Die Ausnahmebewilligung – laut einigen Stimmen an der Schweinetagung ein massives Entgegenkommen des BLW – tritt allerdings erst 2025 in Kraft. Es brauche Sofortmassnahmen für 2024, sagte Müller. Die Betriebe mit Problemen wolle man eng begleiten. Eine Rückkehr zur 95 Prozent Biofütterung per 2024 dürfte allerdings laut Auskunft von Bio Suisse nicht zu bewerkstelligen sein.

Müller hofft, dass Enzyme und organische Säuren als Futterzusätze zur Entlastung beitragen werden. Laut Müller sollen die organischen Säuren bereits ab 1. März 2024 zugelassen werden, auch das war einer der Positivpunkte aus den Diskussionen am Runden Tisch.

Stimmung der Kundschaft ist verhalten
In punkto Marktsituation zeigte sich Müller moderat zufrieden. Die Preise und Mengen seien derzeit mehr oder weniger stabil. Für 2023 geht er von einem Rückgang der geschlachteten Schweine um sechs Prozent auf 44 000 Stück aus. Die Stimmung der Konsumentinnen und Konsumenten sei aber verhalten, es zeichne sich eine gewisse Sättigung ab. «Coop und Migros geben Signale, dass die aktuellen Kontingente ab 2025 gekürzt werden sollen», sagte Luca Müller in Frick.

Weitere interessante Infos aus der Schweinetagung:

  • Das FiBL führt auf zwölf Betrieben eine Untersuchung zu Antibiotika-Resistenzen in Schweinegülle durch, die Ergebnisse liegen noch nicht vor.
  • In Österreich hat man bereits zehn Jahre Erfahrung mit der 100 Prozent Biofütterung. Hier werden die PUFA-Werte gar nicht gemessen, wie Sonja Wlcek von Bioschwein Austria in Frick erläuterte. «Die heilige Kuh auf Abnehmerseite ist bei uns der Magerfleischanteil», sagte sie.
  • Der ehemalige Agroscope-Fütterungsspezialist Peter Stoll erklärte, in der Schweizer Genetik gebe es ein erhebliches Potenzial an Tieren, die mit weniger verdaulichen Aminosäuren auskommen. «Es ist möglich, genügsame Tiere zu selektionieren», sagte Stoll.
  • Ökonom Mathias Binswanger, der sich als Aufklärer im Margendschungel bewährt hat, sprach von einem Widerspruch in der Agrarpolitik: «Zum einen sollen die Bauern immer ökologischer und tierfreundlicher werden, zum anderen immer produktiver, das widerspricht sich natürlich», so Binswanger. Er empfahl den Landwirten und Landwirtinnen qualitatives Wachstum, also Erhöhung der Wertschöpfung pro Einheit. Als erfolgreiches Beispiel erwähnte er die Weinbranche.
  • Bernadette Oehen vom FiBL erklärte, dass die Biokundschaft eine höhere Zahlungsbereitschaft habe und dass der Handel darum wisse. «Sie nützen das aus», sagte sie. Dabei sei die Nachfrage aber durchaus preiselastisch: «Eine zehnprozentige Preissenkung beim Biofleisch erhöht den Absatz um 30 Prozent», so Oehen.
  • Ueli Diem aus Siegershausen im Thurgau, Mitglied der Bio Suisse-Fachgruppe Fleisch stellte seinen Betrieb vor. Er mästet seit 2011 Bioschweine (580 Mastplätze), daneben hält er Mutterkühe und Burenziegen. Wichtig auch: «Ich brauche vier bis sechs Katzen, sonst spazieren mir die Mäuse im Schweinestall über die Stiefel», so Diem. Daneben betreibt er Ackerbau und schneidet im Nebenerwerb Klauen.

Adrian Krebs, FiBL

Weiterführende Informationen

Merkblatt Artgerechte Fütterung von Mastschweinen (kostenloser Download im FiBL-Shop)
Bioschweine (Rubrik Tierhaltung)

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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