Angefangen vor vierzig Jahren mit Weizenzüchtung, hat sich die GZPK bis heute in einem schwierigen Marktumfeld behauptet und sich weiterentwickelt. Was lässt Sie schon so lange standhalten?
Das habe ich Gründer Peter Kunz auch immer gefragt, wie er das ausgehalten hat (lacht). Ich glaube, dass es eine grosse Portion Idealismus braucht, um so etwas zu tun. Die Menschen, die hier tätig sind, wollen für die Biozüchtung arbeiten, für ein nachhaltigeres Ernährungssystem in der Schweiz und eine Landwirtschaft, die uns erlaubt, dass wir als Gesellschaft eine erstrebenswerte Zukunft haben. Es bringt für uns ein hohes Mass an Freiheit, dass wir keine Gewinne machen oder Shareholder befriedigen müssen. Das unterscheidet uns wohl von der Konzernwelt. Die Kehrseite der Medaille ist, dass uns damit auch oft die Gelder und die Basisfinanzierung fehlen.
Inwiefern ist das FiBL der GZPK ein echter Partner in diesen Bemühungen?
Schon als ich 2015 hier angefangen habe, habe ich das FiBL immer als brückenschlagende Organisation zwischen Wissenschaft und Praxis wahrgenommen. Für die Organisation und Finanzierung war die gemeinsame Projektarbeit mit dem FiBL in den letzten zehn Jahren wichtig. Dabei hat sich eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe entwickelt. Die GZPK führt nun auch eigenständig grosse Projekte, bei denen das FiBL unsere Partnerin ist, statt andersherum.
Wie sieht so eine Zusammenarbeit aus?
Ein aktuelles gemeinsames Projekt ist beispielsweise ZESELE mit Thomas Oberhänsli vom FiBL, das meine Kollegin Christine Scheiner begleitet. Die Abkürzung ZESELE steht für «Züchtung für die Etablierung Schweizer Erbsen in Landwirtschaft und Ernährung». Das FiBL untersucht für uns, welche Genotypen der Erbse anfällig für die Brennfleckenkrankheit oder für von Blattläusen übertragene Nanoviren sind. Faszinierend, wie das FiBL hierfür eine ganze Lauskolonie unter isolierten Umweltbedingungen hält. Das könnten wir bei uns nicht machen. Die Projektzusammenarbeit ist für uns sehr profitabel, weil das FiBL eine bessere Ausstattung und Infrastruktur hat, um Versuche wissenschaftlich auszuarbeiten und die Methodik zu entwickeln, etwa um über die sogenannte künstliche Inokulation zu testen, wie anfällig Pflanzen sind. Aber das Wichtigste an der Zusammenarbeit ist, dass wir gemeinsam schauen, wie wir die wissenschaftliche Grundlage am FiBL in die praktische Umsetzung bringen. Wir stellen in den Projekten dafür den Zuchtgarten bereit.
Was sind in Ihren Augen die grössten gemeinsamen Erfolge?
In meiner Zeit bei der GZPK hat die Beachtung für die Biozüchtung zugenommen – zumindest in der Schweiz. Wir wünschen uns natürlich alle noch mehr Sensibilisierung. Ich glaube, ein Erfolgsfaktor dafür war die Zusammenarbeit und der Zusammenhalt der verschiedenen Partnerinnen und Partner aus dem Netzwerk, von der Biozüchtung über die Bio Suisse bis zu den Landwirtinnen und Landwirten. Bei allem, was wir tun, können wir uns sicher sein, dass wir vom FiBL und besonders von Monika Messmer, Leiterin der Gruppe Pflanzenzüchtung, mitgedacht werden, wenn wir mal nicht vor Ort oder bei einem Projekt weniger stark eingebunden sind. Und so tun wir es auch andersherum.
Was bedeuten die jüngsten Dynamiken um neue Züchtungsmethoden und die neue Gentechnik für die Zukunft der biodynamischen Züchtung allgemein und die GZPK im Speziellen?
Für uns ist das eine riesige Herausforderung; nicht unbedingt die Technik als solche, sondern wie der Umgang damit geregelt wird. Der Genpool als Basis unserer Arbeit muss nachvollziehbar bleiben. Momentan ist aber noch unklar, ob mittels neuer Gentechniken bearbeitete Sorten deklariert werden müssen. Pflanzen wachsen im Zusammenspiel mit einer komplexen Umwelt, weshalb wir die Auswirkungen der Technologie nicht absehen können.
Was ist Ihre Vision für die zukünftige Zusammenarbeit mit dem FiBL?
Dass sie so weiterläuft, wie sie heute schon funktioniert. Gerade in der Zusammenarbeit mit Monika Messmer und dem FiBL-Team. So wie wir heute aufgestellt sind, uns gegenseitig die Bälle zuspielen können, schöpfen wir unser Potenzial voll aus. Schon heute funktioniert das Zusammenspiel unkompliziert. Ein schneller Griff zum Hörer, mehr braucht es nicht, um neue Ideen anzustossen. So soll es weitergehen.
Welche Wünsche haben Sie an das FiBL?
Ich wünsche dem FiBL, dass es im Wachstum, das unweigerlich zu Veränderungen führt, weiterhin auf so viele Menschen mit Leidenschaft bauen kann wie wir sie hier auch haben. Gerade ab einer bestimmten Grösse braucht es Menschen mit Visionen, Weitblick und Durchhaltewillen. Und dass das lodernde Feuer für den Biolandbau nicht erlischt. Ich bin überzeugt, dass wir Lösungen haben für die gemeinsamen Herausforderungen. Wir selbst haben übrigens nächstes Jahr das 40-jährige Bestehen der GZPK und feiern das am 22. Juni 2024 mit einem Tag der offenen Zuchtgärten. Ich freue mich auch schon auf die FiBL-Glückwünsche!
Interview: Sabine Reinecke, FiBL
Dies ist eine gekürzte Version eines Interviews, das in der Ausgabe 7/23 des Magazins Bioaktuell erschienen ist. Dieses ist als PDF verfügbar.
Weiterführende Informationen
Interview zum 50-Jahre-Jubiläum aus dem Magazin Bioaktuell 7/23 (Website orgprints.org)
50 Jahre FiBL (FiBL Jubiläumsseite)