Jedem Boden sein Getreide
Die technologischen Qualitätsanforderungen an Brotgetreide führen dazu, dass der Stickstoffdüngung zur Sicherstellung eines genügend hohen Proteingehalts vermehrt Sorge zu tragen ist. Die Düngerzufuhr kann dadurch einen bedeutenden Anteil der Produktionskosten einnehmen - und das zuweilen für ein Resultat, das hinter den Erwartungen liegt.
Angesichts dieser Herausforderung könnte man das Problem ganz anders angehen, indem man nämlich den Boden als den wesentlichen Faktor für die pflanzliche Ernährung insgesamt betrachtet. Denn Boden enthält organischen Stickstoff in unterschiedlicher Form: stabilen organischen Stickstoff (2000 bis 3000 kg pro Hektare), labilen organischen Stickstoff (1000 bis 2000 kg pro Hektare), Stickstoff in den Ernterückständen (20 bis 100 kg pro Hektare) und Stickstoff der mikrobiellen Biomasse (100 bis 400 kg pro Hektare). Je nach Mineralisierung oder Festlegung weist der Boden auch Stickstoff in mineralischer Form auf (30 bis 300 kg pro Hektare), welcher durch die Pflanzen zugeführt wird. Letzterer ist insbesondere abhängig vom Anbausystem, wie etwa Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Gründüngung und Düngung allgemein.
Die Düngung einschränken
Solche enormen Unterschiede machen deutlich, dass Boden nicht gleich Boden ist, und dass demzufolge bezüglich Fruchtbarkeit nicht nur die Anbautechnik, sondern auch die Bodenbeschaffenheit zu berücksichtigen ist. In diesem Zusammenhang weisen Weizensortenempfehlungen ausdrücklich darauf hin, dass einige Sorten nur dann eine gute Qualität erzielen können, wenn ihnen genügend Stickstoff zugeführt wird, während für andere Sorten extensive Anbaubedingungen von Vorteil sind. Die Sortenwahl kann somit punkto Pflanzenernährung den Boden als natürliche Ressource in den Vordergrund stellen und auf die Düngung einen einschränkenden Einfluss ausüben.
Wahl der Getreideart
Dieser Ansatz lässt sich ebenfalls auf die Getreidearten übertragen. So erweisen sich Dinkel oder Roggen als wichtige Kulturen in durchlässigen Böden, bei extensiven Anbaumethoden oder in Regionen, wo sie traditionsgemäss kultiviert werden. Aus ähnlichen Gründen haben einige Produzenten alte Kulturen - wie lokale Weizensorten oder etwas in Vergessenheit geratenes Getreide wie Einkorn oder Emmer - ins moderne Bewusstsein zurückgeholt.
Emmer und Einkorn sind Spezialitäten
Emmer und Einkorn sind anspruchslose Getreidesorten, die sich auch mit wenig Stickstoff und wenig Wasser begnügen. Sie bieten eine interessante Alternative zu Brotgetreide in flachgründigen, durchlässigen Böden mit geringer Düngerzufuhr, aber auch in Regionen, die häufigen Trockenperioden ausgesetzt sind. Bei diesen führt hingegen zu viel Stickstoff eher zu Lagerung. Beide Kulturen sind hingegen weniger winterfest als Weizen oder Dinkel.
Einkorn ist der entfernteste Verwandte des Weizens - sowohl in genetischer Hinsicht als auch in Bezug auf seine Wachstumsdynamik. Es läuft langsam auf, Bestockung sowie Ährenbildung erfolgen ebenfalls später. Die Keimlinge bleiben somit den Klimaschwankungen länger ausgesetzt, was eine gute Stabilität der Bodenstruktur voraussetzt, um Erosion oder das Freilegen der Pflänzchen zu vermeiden. Sie können deshalb vom Unkraut auch leichter unterdrückt werden. Damit sind Geduld und Toleranz gefordert, den Hackstriegel nicht zu früh oder zu oft einzusetzen. In der Folge lässt sich aber das Unkraut durch die für dieses Getreide charakteristische starke Bestockung gut in Schach halten. Emmer ist unseren aktuellen Getreidesorten ähnlicher und somit eher verfügbar. Gleichwohl erweisen sich heute Dinkel oder Roggen als die besten Alternativen zum Weizen, wenn es darum geht, Getreide unter extensiven Anbaubedingungen bei eingeschränkter Bodenfruchtbarkeit zu kultivieren. RCH
Weitere Informationen zu den alten Getreidesorten
Emmer, Einkorn und Dinkel: Technische Angaben zum Anbau und zur Verwertung (211.9 KB)
Alte Sorten für Feld, Mühle und Backstube (185.7 KB) (Artikel Magazin Bioaktuell 3|2018)
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 21.03.2018